Blutiges Martyrium

“Höllental-Mord”: Prozess wurde auf den 24. Mai vertagt

Niederösterreich
10.05.2011 18:51
Im Prozess um den sogenannten Höllental-Mord sind am Dienstag in Wien ein 53-Jähriger als Auftraggeber und ein als Schläger beauftragter 27-Jähriger wegen erpresserischer Entführung und Mordes vor Gericht gestanden. Am 4. Mai 2010 hatten sie einen 57-jähriger Musiker entführt und - mit dem Ziel, Geld von seiner Mutter zu erpressen - so lange geschlagen, bis er starb. Einem 44-Jährigen wird "nur" die Beteiligung an der Entführung zur Last gelegt. Urteile gab es noch keine, der Prozess wird am 24. Mai fortgesetzt.

Der 53-jährige mutmaßliche Initiator des Entführungsplans und der 27-Jährige - ein Hobbyboxer mit Kampfsporterfahrung - wiesen zu Beginn des Prozesses den Vorwurf des Mordes zurück. Der erpresserischen Entführung bekannten sie sich - wie der 44-jährige Drittangeklagte - schuldig.

Aus der Sicht von Staatsanwältin Birgit Kirchler hat der Erstangeklagte - von Richter Helmut Neumaur als "Kopf" des Verbrechens definiert - das Opfer kaltblütig getötet, aus Rache, weil er aus einem zurückliegenden Drogengeschäft noch eine Rechnung mit ihm offen hatte. Der Todeskampf habe eine halbe Stunde gedauert. "Das war kein Unfall, das war vorsätzlicher Mord." Die beiden anderen Männer - der damals 26-jährige Hobbyboxer und der 44-Jährige - hätten als Schläger und Chauffeur fungiert.

So sollte der Schläger das Opfer nach der Entführung an einer Tankstelle in Wien-Donaustadt bei einer "Befragung" im Haus des Chauffeurs in Mannswörth (Bezirk Wien-Umgebung) durch Gewalt zum Reden bringen, da der Hauptverdächtige "unbedingt ein paar Antworten" brauchte. Der 44-Jährige war bei dieser Gewalttat nicht dabei - er hatte bei der Entführung des 57-Jährigen noch als Fahrer fungiert, begab sich dann aber zu einem Freund - und soll vom "Boss" erst später zurückbeordert worden sein, um die Leiche zu "entsorgen".

"Pech gehabt, lasst ihn verschwinden"
Laut Anklage soll auch der 53-Jährige, nachdem der Hobbyboxer das Opfer bearbeitet hatte, den Musiker mit dem Knie, Fäusten und Ellbogen attackiert haben. Letztlich tödlich war ein Angriff gegen den Hals, der einen Bruch von Zungenbein und Kiefer verursachte - das Opfer erstickte. Als es regungslos im Seil hing, meinte der Erstangeklagte: "Pech gehabt, lasst ihn verschwinden, haut's ihn halt in die Donau."

Also wickelten die beiden Männer das Opfer in eine Decke, die sie mit einem Nylonseil verschnürten. Danach transportierten sie die Leiche im Kofferraum ihres Fiat ins Höllental nahe Reichenau an der Rax. Die persönlichen Gegenstände des Getöteten warfen sie während der Fahrt weg.

Uneinigkeit darüber, wer Schuld an Tötung hatte
Nach Darstellung der Verteidiger war es nicht der Tatplan, dass das Opfer sterben sollte. Vielmehr wollte man mit der Entführung von der Mutter des 57-Jährigen Lösegeld erpressen. Nicht einer Meinung waren die Rechtsanwälte darüber, wer für den Tod verantwortlich war: Während Wolfgang Blaschitz, Verteidiger des Erstbeschuldigten, von einem "Alleingang" des Boxers sprach, erklärte dessen Anwalt Thomas Nirk, dass das Opfer nach den "grenzwertigen" Schlägen noch gelebt habe. Außerdem habe der 27-Jährige Lohn kassieren wollen, während er mit einer Leiche nur "Brösel" gehabt hätte.

Boxer: "Auftraggeber will sich abputzen"
Der 57-jährige "Kopf" des Trios sagte vor Gericht, ihm hätte es gereicht, die Geisel "zu haben", um deren Mutter zu erpressen. Die Fesselung sei die alleinige Aktion des Boxers gewesen, und auch dessen "unnötige" Gewaltanwendung habe ihn überrascht, meinte der 53-Jährige weiter. Er stritt ab, selbst zugeschlagen zu haben. Und es sei nicht ausgemacht gewesen, dass der 27-Jährige, der quasi die Nerven verloren habe, zuschlug. "Es hat ihm auch keiner gesagt, dass er mit einem Hammer hinhauen soll." Der Auftraggeber wolle sich offensichtlich "abputzen", warf der Boxer, der zuvor seine "Wirkungstreffer" ungeschönt beschrieben hatte, ein.

Die Frage, warum er dann nicht "Aufhören" befohlen hatte, beantwortete der Erstangeklagte nur ausweichend. "Das Ganze" habe vielleicht zehn Minuten gedauert. "Und Sie haben einfach zugeschaut, wie ein Mann stirbt?", lässt der beisitzende Richter im Raum stehen. Auf seine Frage, was mit seinem Geld sei, habe der 57-Jährige nicht geantwortet, meinte der "Kopf". Bei den drei letzten Schlägen habe er sich abgewandt.

Nach dem Tod des Misshandelten habe man sich das Geld aus der Börse des Opfers geteilt und er selbst den Tatort verlassen, so der 53-Jährige. Die Worte "Haut's ihn in die Donau" würden nicht von ihm stammen.

Opfer war langem Marytrium ausgesetzt
Ausführlich beschrieb dann Gerichtsmediziner Daniele Risser die zahlreichen Verletzungen des Opfers von Serienrippenbrüchen bis hin zum Bruch des Zungenbeins und Unterkiefers, die letztlich zum Erstickungstod des 57-Jährigen führten. "Der Mann war über einen längeren Zeitraum einem Martyrium ausgesetzt", so Rissers schreckliches Resümee. Mit auf den Rücken gefesselten, durch das über eine Reckstange gespannte Seil nach oben gezogenen Armen in leicht gebückter, "tödlicher" Position wurde 57-Jährige fixiert, beschrieb Risser die "perfide" Situation des Opfers: Jedes Mal, wenn er aufgrund der Schläge einknickte, schnürte ihm das zweimal um den Hals geschlungene Seil die Luft ab.

"Irgendwann ließen dann die Kräfte nach, er sackte zusammen, fiel in die Schlinge und kam vom Erdrosselungs- in den Erhängungsvorgang", so Risser. Dazu die die Atemöffnungen verschließende Mütze und der Socken im Mund: "Hier war Todesangst angesagt." Jeder Schlag, egal von wem, habe dazu beigetragen, dass der Mann immer weniger atmen konnte. Die Behauptungen der Beschuldigten, der lebensbedrohliche Zustand des Opfers sei nicht erkennbar gewesen, sei nicht nachvollziehbar.

Hauptverdächtiger hatte noch Rechnung mit Opfer offen
Das Motiv für den brutalen Mord dürfte in einer Drogengeschicht zu finden sein. Der Erstbeschuldigte kannte den 57-Jährigen seit den 1980er-Jahren und ließ sich von ihm im Jahr 2007 für einen Drogentransport anwerben. Gemeinsam mit einem weiteren Mann und dessen Freundin sollte er für 10.000 Euro Entlohnung fünf Kilogramm Kokain in Spanien abholen. Der Komplize wurde laut Anklage an der spanisch-französischen Grenze festgenommen, während er selbst zurückgeflogen war. Seinen Bekannten und das versprochene Geld sah er nie - und fühlte sich bei dem ganzen Geschäft "gelinkt".

Dem 27-Jährigen wurden laut Anklage als "Lohn" übrigens 26.000 Euro und ein Auto versprochen, dem 44-Jährigen "ein Haufen Kokain" und 1.000 Euro.

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