Kaltblütiger Mord

Wiener Anwalt Erich Rebasso “erwürgt oder erdrosselt”

Österreich
17.08.2012 14:10
Tragische Wende im Fall Rebasso: Nachdem am Donnerstag in einem Waldstück in Niederösterreich ein verscharrter Leichnam entdeckt worden war, ist seit Freitag durch eine DNA-Analyse erwiesen, dass es sich dabei um den seit Wochen vermissten Wiener Wirtschaftsanwalt Erich Rebasso handelt. Laut Gerichtsmedizin ist der 48-Jährige "erwürgt oder erdrosselt" worden. Was am 27. Juli als vermeintlicher Entführungsfall begann, war somit ein kaltblütiger Mord - denn Rebasso starb wohl noch in jener Tiefgarage, in der er auf seine Mörder getroffen war.

Seit Donnerstag früh ging es in der Causa Schlag auf Schlag: Ein Jagdaufseher war morgens im Wald stutzig geworden, als er bei Königstetten im Bezirk Tulln rund 50 Meter neben einem Weg auf verdächtig lockeres Erdreich stieß. Der Waidmann rief die Polizei. Beamte fingen daraufhin zu graben an und machten den schrecklichen Fund. Am Freitag herrschte dann auch über die Identität des Toten endgültig Gewissheit: Erich Rebasso.

"Möglicherweise noch in Garage ermordet"
Laut DNA-Analyse dürfte sein Todeszeitpunkt schon "geraume Zeit" zurückliegen. Genau sei das vorerst nicht zu ermitteln, hieß es seitens der Polizei. Man könne jedoch davon ausgehen, dass der 48-Jährige am 27. Juli ermordet worden sei. "Möglicherweise sogar noch in der Garage selbst", so die Ermittler am Freitagnachmittag. Daraufhin sei der Leichnam im Wald verscharrt worden.

Auf Aufnahmen der Überwachungskamera der Wiener Innenstadtgarage ist zu sehen, wie zwei Männer - einer am Steuer von Rebassos Mercedes-Geländewagen, einer an jenem eines Mietautos - aus der Garage fahren. Der Mercedes wurde vier Tage später auf dem Parkplatz eines Einkaufszentrums gefunden, der Mietwagen wurde retourniert. In beiden Fahrzeugen fand man Blutspuren des Anwalts.

Zwei Männer in russischer U-Haft
Die Ermittlungen hatten sich nach dem Verschwinden des 48-Jährigen rasch nach Russland verlagert. Fahndern des Landes- und Bundeskriminalamtes gelang es schließlich am Dienstag, gemeinsam mit russischen Sondereinheiten zwei Verdächtige im Alter von 31 und 35 Jahren in Moskau zu stellen. Die beiden stammen laut Polizei aus "einem Dorf weit außerhalb der russischen Hauptstadt". Über sie wurde am Freitag Untersuchungshaft verhängt.

Eine Auslieferung der Männer sei laut österreichischem Justizministerium ausgeschlossen. Die russische Verfassung verbiete die Auslieferung eigener Staatsangehöriger generell.

Dritter Verdächtiger wieder entlassen
Die beiden Verdächtigen sind bereits viele Stunden lang in Moskau verhört worden und befinden sich derzeit im dortigen "gerichtlichen Gefangenenhaus". Obwohl die russischen Behörden wohl von Beginn an mit eher strengen Methoden vorgingen, schwieg das mutmaßliche Täterduo vorerst eisern und stritt alles ab. "Nach dem Fund der Leiche können die Ermittler die Verhöre nun ganz anders ansetzen", erklärte der Sprecher der Wiener Polizei, Roman Hahslinger.

Wie sich am Freitag herausstellte, war bei der Verhaftung des Duos auch ein dritter Verdächtiger (31) gefasst worden. Der - wie die beiden anderen mehrfach vorbestrafte - Russe befindet sich aber mittlerweile aus Mangel an Beweisen wieder auf freiem Fuß.

"Sie sahen in ihm den Verantwortlichen"
Theorien über die genauen Hintergründe des tragischen Falles gehen nach wie vor auseinander. Die beiden Tatverdächtigen könnten allerdings zu rund 30 Personen gehören - oder mit ihnen in Verbindung stehen -, die vor fünf Jahren in die Falle internationaler Anlagebetrüger getappt waren. Diese hatten damals den Briefkopf von Rebassos Kanzlei verwendet, um ihre Opfer zu täuschen. Der Anwalt erstattete Selbstanzeige, das Verfahren wurde eingestellt. Die "Krone" hat am Donnerstag mit Michael Rebasso, dem Bruder des Opfers, darüber gesprochen.

"Krone": Herr Rebasso, glauben Sie, die Entführung könnte mit dem damaligen Betrugsfall zu tun haben?
Michael Rebasso: Ja, das war das Erste, das mir einfiel. Zumindest war der Familie, allen Freunden und Bekannten klar, dass Mafia-Spekulationen Unsinn sind. Nach der Entführung habe ich auf der Suche nach Verdächtigen und Motiven die Akten meines Bruders durchforstet.

"Krone": Und Ihr Ergebnis?
Rebasso: Noch bis Anfang des Jahres hat Erich Schreiben der Betrugsopfer erhalten. Sie sahen in ihm den Verantwortlichen - und forderten immer wieder, er sollte seine Schulden begleichen. Sie drohten, Klage einzureichen.

"Krone": Wie hat Ihr Bruder darauf reagiert?
Rebasso: Erich hat jedes Schreiben beantwortet, hat versucht, klarzumachen, dass er nichts damit zu tun hat, das Geld nicht hat und auch nicht zahlen wird - im Gegenzug bot er sogar seine Hilfe bei der Suche nach den Tätern an. Das hat diese Leute allerdings nicht interessiert. Sie wollten ihm einfach nicht glauben.

"Krone": Wurde nur mit rechtlichen Schritten gedroht?
Rebasso: Nein, in russischen Internetforen hat die Sache dann schon anders ausgesehen. Es gab Gewaltandrohungen. Erich hat uns davon aber nie etwas erzählt. Darauf bin ich erst nach der Entführung gestoßen.

"Krone": Wie haben Sie und Ihre Familie die Festnahmen in Moskau empfunden?
Rebasso: Es war ein Hoffnungsschimmer. Dass die Täter schweigen, ist aber nur eine weitere Folter.

Kurz nach dem Gespräch erreichte Michael Rebasso die Nachricht, dass sein Bruder tot gefunden wurde.

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