Nach Referendum

Wie es nun mit Griechenland und der EU weitergeht

Ausland
06.07.2015 12:03
Für den griechischen Premier Alexis Tsipras ist das deutliche Nein der Griechen zu den Forderungen der internationalen Geldgeber beim Referendum am Sonntag ein großer Sieg - für seine Regierung und für Griechenland selbst. Denn, so sagte er im Vorfeld: Von einem solchen Ergebnis werde die Botschaft ausgehen, dass die Griechen nicht nur in Europa bleiben, sondern in Würde dort leben wollen. Er sei sich sicher, "dass wir einen neuen Weg öffnen werden für alle Völker Europas". Davon sind aber nicht alle überzeugt.

Ob "Oxi" (Nein) oder "Nai" (Ja) – die Griechen hatten am Sonntag in den Augen vieler lediglich die Wahl zwischen Pest und Cholera. Mit dem nunmehrigen Nein könnten die Probleme sogar schlimmer denn je werden:Die griechische Opposition und die europäischen Gläubiger hatten im Vorfeld gewarnt, ein Nein werde alles noch schwieriger machen und könne ein Ausscheiden Griechenlands aus dem Euro und sogar aus der Europäischen Union nach sich ziehen.

"Nun Verhandlungen als gleiche Partner"
Unmittelbar nach Bekanntwerden des Ergebnisses des Referendums hat die griechische Regierung jedenfalls neue Verhandlungen mit den Geldgebern angekündigt. Man wolle nun substanzielle Gespräche mit den internationalen Partnern beginnen, erklärte Regierungssprecher Gabriel Sakellaridis. "Das Mandat des Volkes ist klar. Ein neuer Versuch beginnt seitens Athens für eine für beide Seiten günstige Einigung, als gleiche Partner und nicht als eine Schuldenkolonie", sagte Sakellaridis. Regierungschef Tsipras werde sich "sehr schnell bewegen, um den Auftrag des Volkes in die Tat umzusetzen. Nun starten wir Verhandlungen", hieß es.

Ob Tsipras, der seit Monaten mit den Gläubigern um die Auflagen für weitere Milliardenhilfen ringt, durch das Nein der Griechen tatsächlich eine bessere Position gegenüber der EU hat - weil diese seiner Meinung nach nun gar nicht anders könne, als Griechenland nicht fallen zu lassen -, wird sich zeigen. Wahrscheinlicher ist eher, dass ihm seine Taktik auf den Kopf fällt.

Für Montag zeichnen sich in Europa jedenfalls zahlreiche Krisentreffen ab:

  • Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel reist nach Paris, um mit Präsident Francois Hollande über den Ausgang des Referendums zu beraten.
  • Die Finanzstaatssekretäre der Euroländer wollen in Brüssel zu einer weiteren Krisensitzung zusammenkommen. Dabei sollen die Konsequenzen des griechischen Referendums beraten werden.
  • Auch die Räte der Europäischen Zentralbank beraten in einer Telefonkonferenz. Es geht nach Angaben aus Notenbankkreisen vor allem um das Thema Notkredite für griechische Banken. Die griechischen Banken werden seit Wochen nur noch durch die ELA-Nothilfen der Zentralbank am Leben gehalten. Seit einer Woche sind diese Hilfen gedeckelt. Die ELA-Kredite ("Emergency Liquidity Assistance") werden gegen Sicherheiten von der griechischen Zentralbank vergeben. Freigeben muss diese Summen der EZB-Rat.

Trotz aller Beratungen: Die anderen Euroländer hatten bereits im Vorfeld klargemacht, dass sie am Prinzip, Hilfe nur im Gegenzug für Strukturreformen zu leisten, nicht rütteln werden. Auch einen bedingungslosen Schuldenerlass lehnen sie ab. Ohne schnelle Einigung ist eine umfassende Staatspleite aber kaum noch zu verhindern. Schon Ende Juni konnte die Regierung in Athen einen Milliardenkredit an den IWF nicht zurückzahlen. In zwei Paketen wurden seit 2010 fast 240 Milliarden Euro nach Athen überwiesen.

Schuldenschnitt für Deutschland kein Thema
Das deutsche Finanzministerium lehnt einen Schuldenschnitt für Griechenland ab. Dies sei kein Thema, erklärte ein Sprecher am Montag. Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel sieht nach der klaren Absage der Griechen an ein Reform- und Sparprogramm vorerst keine Basis für Verhandlungen über ein neues Rettungspaket für Athen.

"Angesichts der gestrigen Entscheidung der griechischen Bürger gibt es zurzeit nicht die Voraussetzungen, um in Verhandlungen über ein neues Hilfsprogramm einzutreten", erklärte Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag in Berlin.

"Wir diskutieren nicht über eine Parallelwährung"
Griechenland könnte also in Bälde offiziell für bankrott erklärt werden. Um Löhne und Pensionen auszahlen zu können, müsste Athen dann eine Art von Inlandswährung einführen. Ob das Land dann noch in der Eurozone bleiben könnte, müsste geklärt werden. Ein Rauswurf ist nicht möglich, und bisher haben sowohl die griechische Regierung als auch die Mehrheit der Bevölkerung stets kundgetan, den Euro beibehalten zu wollen.

Von einer landesinternen Währung sei keine Rede, betonte am Sonntag auch der Chefunterhändler der Regierung, Euclid Tsakalotos: "Wir diskutieren nicht über eine Parallelwährung." Er glaube auch nicht, dass die EU sich von Griechenland trenne, sagte Tsakalotos. Die Regierung in Athen sei bereit, sich so schnell wie möglich mit den Vertretern der Eurozone und des Internationalen Währungsfonds zusammenzusetzen.

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