Zur Ehe gezwungen

Wahrheit muss ans Licht: Türkin erzählt ihre Geschichte

Steiermark
21.11.2009 17:13
Ayse Z. ist heute 31 Jahre alt und lebt glücklich mit einem Steirer zusammen. Für die "Steirerkrone" blickt sie auf ihre Kindheit und Jugend zurück, in der sie in einem Albtraum gefangen gewesen war.

Ayse war elf, als sie mit ihren Eltern aus der Türkei in die Steiermark kam. Die Eltern wollten ihr den Besuch der Hauptschule verbieten. Erst als die Behörde einschritt, durfte sie in die Schule. Nach dem Unterricht musste sie den Haushalt der Eltern erledigen, dazu monatelang als Schwarzarbeiterin in einer südsteirischen Fabrik schuften - und den Lohn zu Hause abliefern.

Das änderte sich auch nicht, als sie später eine Lehrstelle in einer steirischen Bezirkshauptstadt fand: "Der Chef war dort nett zu mir, viel netter als irgendjemand zuvor. Ich bin aufgewachsen mit dem Bewusstsein, dass Mädchen nichts wert sind, dass sie nur dienen können."

Von zu Hause fortgelaufen
Weil sie den Eltern als Lehrling zu wenig verdiente und durch den Kontakt mit österreichischen Jugendlichen in der Berufsschule "verdorben" werden könnte, musste sie die Lehre abbrechen. Ayse - die von den Eltern regelmäßig geschlagen wurde, etwa als sie der Vater mit einer Hose statt einem Rock erwischte - lief von zu Hause fort: "Ich bat die Polizei um Hilfe und bin in einer Jugendherberge untergekommen."

Urlaub in der Türkei versprochen
Die Eltern fanden sie. Weil Drohungen nichts nutzten, spielte man ihr Reue und Liebe vor. Ayse wollte Vater und Mutter glauben und ging zurück nach Hause. "Mein Vater hat sich um mich bemüht, war zum ersten Mal lieb zu mir. Es hieß, ich könnte einen Urlaub in der Türkei machen, sogar allein!" Eine teuflische Falle! Die damals 16-Jährige wurde in der Türkei im Haus ihrer Tante eingesperrt und mit ihrem Cousin zwangsverheiratet. Wieder zurück nach Österreich durfte sie erst, als sie im fünften Monat schwanger war - und das nur mit ihrem Mann. "Ich wurde vergewaltigt, von meinem Mann geschlagen. Niemand hat mir geholfen."

70 Prozent türkischer Ehen in Österreich arrangiert
Wie Ayse Z. ergeht es vielen türkischen Mädchen. Caritas-Expertin Elif Kahraman weiß, dass etwa 70 Prozent aller türkischen Ehen auch bei uns in Österreich arrangiert sind, dass oft nicht nur psychische, sondern auch massive physische Gewalt im Spiel ist. Nur mit viel Mut - ihr Mann setzte ihr schon das Messer an den Hals - konnte sich Ayse emanzipieren und in ein glückliches Leben finden. Diesen Mut haben nicht alle türkischen Mädchen. Ayse will ihnen ein Vorbild sein und auch die Politik aufrütteln!

von Gerald Richter, "Steirerkrone"

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