Ungarns "Herrscher"

Verfassungsgericht jetzt auch fest in Orbans Hand

Ausland
28.06.2011 15:32
Die Partei von Ungarns Regierungschef Viktor Orban (Bild) bringt den Staat immer mehr unter ihre Kontrolle: Fidesz beschloss am Montag im Parlament mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit, die Zahl der Verfassungsrichter von elf auf 15 aufzustocken. Da ein Richterposten vakant war, wurden gleich fünf neue Richter gewählt - allesamt Fidesz-Kandidaten.

Um die Position der neuen Richter abzusichern, wurde ihr Mandat von neun auf zwölf Jahre verlängert. Das bisherige fragile Gleichgewicht im Verfassungsgericht ist durch das Übergewicht der Wahl der Kandidaten der Partei von Ministerpräsident Orban gekippt worden.

Die oppositionellen Sozialisten hatten zuvor erklärt, die Wahl der fünf Kandidaten nicht zu unterstützen. Die rechtsradikale Jobbik-Partei lehnte vier der fünf Kandidaten wegen "Parteigebundenheit" ab. Die oppositionellen Grünen LMP blieben der Abstimmung fern. LMP-Fraktionschef Andras Schiffer kritisierte, bereits der Nominierungsprozess der neuen Verfassungsrichter sei unter "Missachtung der parlamentarischen Rechtsregeln" erfolgt. Der zuständige Parlamentsausschuss habe lediglich zehn Minuten beraten, wobei "die Eignung der Richter nicht einmal erwähnt wurde", so Schiffer.

Der Chefposten bleibt zunächst unverändert. Verfassungsgerichts-Präsident ist weiterhin Peter Paczolay. Ursprünglich hatte es geheißen, dass der Kanzleiminister der ersten Orban-Regierung (1998-2002), Istvan Stumpf, den Vorsitz des Verfassungsgerichts übernehmen soll. Die Sozialisten erklärten am Dienstag, die Wahl von Paczolay zu unterstützen, die voraussichtlich am 4. Juli erfolgen soll.

Kritik wegen autoritärer Herrschaftsform
Fidesz sieht sich nun vermehrt Kritik ausgesetzt, eine autoritäre Herrschaftsform anzustreben. Wegen drakonischer Strafen im neuen Mediengesetz musste bereits die EU-Kommission einschreiten, außerdem peitschte die ungarische Regierungspartei eine neue Verfassung im Schnellverfahren durchs Parlament. Internationale Politiker sind wegen seiner umstrittenen Regierungsführung auf Distanz zum ungarischen Premier Orban gegangen, der noch bis Donnerstag den EU-Ratsvorsitz innehat.

EU-Ratsvorsitz: Orban zieht positives Fazit
Apropos Ratsvorsitz: Viktor Orban hat am Dienstag nach sechs Monaten Amtszeit ein positives Fazit gezogen. "Wir haben keine perfekte Arbeit geleistet, aber wir konnten große Erfolge verbuchen", sagte der ungarische Regierungschef bei einem Europa-Forum der Konrad-Adenauer-Stiftung in Hannover.

Angesichts der Schuldenkrise seien die Vorschläge für eine bessere Abstimmung der nationalen Wirtschaftspolitiken zentral für die gesamte EU gewesen. Seit der Ratsübernahme im Jänner habe man die Grundlagen für eine europäische Wirtschaftsregierung gelegt, sagte Orban - obwohl sein Land kein Mitglied der Eurozone ist: "Wir müssen dafür sorgen, dass wir nur so viele Kredite aufnehmen, wie wir auch tilgen können. Es darf keinen fiskalischen Alkoholismus mehr geben." Entscheidend sei auch die Vorbereitung Kroatiens auf den EU-Beitritt gewesen. Ungarn übergibt die Ratsführung Anfang Juli an Polen.

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