47 Mio. $ Belohnung

So macht Privatermittler Jagd auf MH17-Drahtzieher

Ausland
24.11.2014 21:11
In der Frage, wer für den Absturz von Flug MH17 in der Ostukraine verantwortlich ist, herrscht weiter Unklarheit: Die zuletzt auch vom deutschen Bundesnachrichtendienst geäußerte Theorie, wonach die Maschine der Malaysia Airlines von prorussischen Separatisten mit einer Rakete vom Himmel geholt wurde, hat ein deutscher Privatermittler jetzt einen "Schmarrn" genannt. Er will belegen, dass die Aufklärungsarbeit von staatlicher Seite behindert wurde. Um Informanten zu belohnen, stehen ihm mittlerweile beachtliche 47 Millionen Dollar zur Verfügung - von einem anonymen Auftraggeber.

Weil die offiziellen Untersuchungen zur Absturzursache kaum vorankommen, hatte ein anonymer Auftraggeber bereits vor zwei Monaten auf die Drahtzieher des Abschusses ein Rekord-Kopfgeld von 30 Millionen Dollar (24 Millionen Euro) ausgesetzt. Jetzt wurde die Millionensumme nochmals aufgestockt - dem Privatermittler Josef Resch stehen weitere 17 Millionen Dollar (13,7 Millionen Euro) zur Verfügung, um Informanten zu belohnen, die belegen können, wie die Aufklärungsarbeit von staatlichen Stellen behindert werde, berichtete das Wirtschaftsmagazin "Capital".

"Wir suchen einen zweiten Edward Snowden"
"Wir suchen einen zweiten Edward Snowden", sagt Resch gegenüber dem Magazin. Es gehe schließlich um den Tod von 298 unschuldigen Menschen. "Wenn ein Staat diese Tat deckt, halte ich es nicht für verwerflich, das offenzulegen", so der Privatermittler weiter. Doch es gehe dabei nicht nur um Geheimdienste, nennt Resch etwa Twitter-Meldungen von einem Carlos kurz nach dem Absturz als Beispiel. Dieser habe dem Ermittler zufolge angeblich bei der Flugüberwachung in Kiew gearbeitet.

Carlos "twitterte, dass die Ukraine den Abschuss zu verantworten habe, dass ukrainisches Militär plötzlich im Tower auftauchte". Am nächsten Tag sei der Twitter-Account gelöscht worden, so Resch. Ein Account, der demnach sehr lange betrieben worden war - was sich in Onlinearchiven feststellen ließe. "Die Ukraine sagte, ein Carlos habe nie in dem Tower gearbeitet. Also alles nur ein Fake? Oder gab es Carlos wirklich?"

Die frischen 17 Millionen Dollar - oder Teile davon - sollen jedenfalls laut Resch auch für Hinweise verwendet werden, die Licht in dieses Dunkel bringen. "Wenn jemand belegen kann, dass es diesen Carlos gab, dass er bei der Flugsicherung gearbeitet hat, was mit ihm geschehen ist, dann ist das für uns eine wertvolle Information, die wir belohnen."

"Jeder Verschwörungstheoretiker dieser Erde meldete sich"
Seit Mitte September die ersten 30 Millionen Dollar Belohnung ausgesetzt wurden, habe er jedenfalls mehr als 1.000 E-Mails, Hunderte Anrufe und Dutzende Briefe erhalten. "Ich glaube, jeder Verschwörungstheoretiker dieser Erde hat sich bei mir gemeldet", scherzt Resch. Aber es seien auch Informanten dabei, denen er Beachtung schenke, wie er zugleich betont.

"Wir sind jetzt in einer Phase, in der wir Gespräche führen. Von Angesicht zu Angesicht. Einem solchen Gespräch gehen Wochen der Anbahnung voraus. Meist über Mittelsmänner", erklärt der Ermittler die langwierige Arbeit. Er und sein Team seien mittlerweile "ein gutes Stück weitergekommen", ein eindeutiges Ergebnis könne er aber auch nach zwei Monaten noch nicht präsentieren. "Fest steht, wir haben sehr gute Fälschungen erhalten. Denn mal waren angeblich für den Abschuss die Ukrainer, mal die Russen und mal die Separatisten verantwortlich. Es gibt also ein großes Interesse, uns aufwendige Fälschungen als echt zu verkaufen."

Privatermittler nennt BND-Theorie "Schmarrn"
Zweifel hegt der Privatermittler unterdessen an den Aussagen des Bundesnachrichtendienstes: Er bezeichnete die Theorie der Behörde - die sich auf Satellitenbilder der USA stützen soll, die den Abschuss durch Separatisten durch eine Boden-Luft-Rakete einwandfrei belegen würden - als "Schmarrn". Gegenüber dem Nachrichtenmagazin "Stern" sagte Resch zudem, dass es Hinweise gebe, dass "die BND-Theorie stinkt".

Wie unter anderem das Nachrichtenmagazin "Spiegel" berichtet hatte, habe BND-Präsident Gerhard Schindler im Parlamentarischen Kontrollgremium des Bundestags erklärt, die Aufständischen hätten das für den Abschuss verwendete Luftabwehrsystem "Buk" auf einem ukrainischen Stützpunkt erbeutet. Die Separatisten hatten sich im Juni - also vor dem Absturz von MH17 - zwar gebrüstet, ein "Buk"-System erbeutet zu haben. Allerdings erklärten sie nach dem Abschuss der Boeing 777-200, die Anlage sei nicht funktionstüchtig gewesen. Das hatten auch Ermittler in Kiew bestätigt.

Die Aussagen des BND-Chef sollten gezielt an die Öffentlichkeit gelangen, ist Resch nun überzeugt. "Da kriegt der BND also anscheinend streng geheime Informationen exklusiv. Und was macht der BND-Chef damit? Er stellt sich vor Politiker und erzählt davon, obwohl jeder weiß, dass schon oft Informationen aus dem Kontrollgremium an die Öffentlichkeit durchsickerten", so der Privatermittler. Auch die internationale Ermittlergruppe unter der Führung der Niederlande kenne demnach keine entsprechenden Satellitenbilder und schließe derzeit noch kein Szenario aus.

"Ich glaube nur nicht an die Beweisführung"
Gefragt, ob seiner Ansicht nach also nicht die Separatisten für den Abschuss verantwortlich sind, erklärt der Ermittler allerdings: "Das habe ich nicht gesagt. Ich glaube nur nicht an die Beweisführung. Da wird falsch gespielt." Der "absolute GAU" wäre seinen Worten zufolge, "wenn herauskäme, es waren die Ukrainer. Keine Absicht, aber ein Versehen. Aber es wurde vertuscht." Wäre dann die uneingeschränkte Unterstützung des Westens für die Regierung in Kiew noch tragbar, fragt sich der Ermittler und antwortet gleich selbst: "Wohl kaum."

Oder was wäre, wenn den Russen eine direkte Beteiligung nachgewiesen werden könnte, spielt Resch weitere Szenarien durch. "Oder wenn es die Separatisten waren? Dann ist es eine ominöse Gruppe ohne Staatsapparat, der in Regress genommen werden könnte. Das wäre für alle Parteien die einfachste Lösung."

Bis heute keine eindeutigen Ergebnisse
Flug MH17 war am 17. Juli über der Ostukraine auf dem Weg von Amsterdam nach Kuala Lumpur abgeschossen worden. Alle 298 Menschen an Bord kamen dabei ums Leben. Die internationale Ermittlergruppe konnte bis heute keine eindeutigen Erkenntnisse über die Umstände des Absturzes liefern.

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