Hypo-U-Ausschuss

Schüssel zu Lugar: “Für Sie Herr Doktor”

Österreich
07.10.2015 15:59
Besonders selbstbewusst und teilweise belehrend ist der Auftritt von ÖVP-Altkanzler Wolfgang Schüssel bei seiner Erstbefragung durch Verfahrensrichter Walter Pilgermair im parlamentarischen Hypo-Untersuchungsausschuss am Mittwoch gestartet. Der Ex-Politiker wies Pilgermair mehrfach darauf hin, er müsse konkreter oder anders fragen. Auch Robert Lugar vom Team Stronach erhielt eine Rüge, weil er bei der Anrede Schüssels Doktortitel vergaß. "Für Sie Herr Doktor", stellte Schüssel klar. Nach Schüssel sagte am Nachmittag auch noch Ex-Hypo-Investor und -Chef Tilo Berlin vor dem U-Ausschuss aus.

Gleich zu Beginn der Befragung spielte der Altkanzler einen medial häufig beleuchteten Spaziergang im Jahr 2006 mit ehemaligen FMA-Vorständen, bei dem Schüssel die Warnung erhalten haben soll, die Hypo sei "wie ein Sportflugzeug im Nebel" unterwegs, herunter. Er habe sich bei Kurt Pribil und Heinrich Traumüller im Lichte der BAWAG-Krise und Berichten der "Financial Times" lediglich über den Zustand der heimischen Bankenlandschaft erkundigt. Traumüller und Pribil hätten ihm gesagt, sie hätten "alles unter Kontrolle", es gebe "Probleme mit einzelnen Banken und ein Amtsenthebungsverfahren gegen Hypo-Vorstände". "Mehr war nicht", so Schüssel zu Pilgermair.

"Keine präzisen Infos" über Probleme der Hypo
Befragt zu den persönlichen Informationen, die er, Schüssel, zur Hypo gehabt habe, strich der Altkanzler die Einführung der weisungsfreien und unabhängigen Finanzmarktaufsicht hervor. Die FMA unterliege strikter Verschwiegenheit gegenüber Außenstehenden. Auch kritische Prüfberichte der Notenbank seien vertraulich. "Wenn sie die Vertraulichkeit brechen, dann sind sie dran", so Schüssel. Im Ministerrat sei die Hypo nie Thema gewesen. Er habe keine präzisen Infos über den Stand von Geschäftsproblemen der Skandalbank gehabt, so Schüssel zu Pilgermair.

Einen Ministerratsbeschluss, der die Entscheidung des Kärntner Landtages zu den Landeshaftungen ohne Beschränkungen 2004 gebilligt hatte, verteidigte Schüssel. Die zuständigen Ressorts hätten keine Einwendungen gehabt, also sei der Beschluss in der Bundesregierung einstimmig erfolgt.

Schüssel zu Lugar: "Für Sie Herr Doktor"
Auch im weiteren Verlauf der Befragung konnten die Parlamentarier dem Politprofi nur wenig brisante Aussagen entlocken. Etwas genervt zeigte sich Schüssel von den "Unterstellungen" des Team-Stronach-Vertreters Robert Lugar. Das Wortgefecht gipfelte schließlich darin, dass Schüssel Lugar, der die Anrede "Doktor" vergaß, rügte: "Für Sie Herr Doktor!" Grüne, NEOS und Team Stronach brachten Schüssel - mit Blick auf die Aufsichtsbehörden, von denen die FMA in Schüssels Amtszeit gegründet worden war - dazu, zu sagen: "Ich will das nicht heiligsprechen. Es sind auch absolute Fehler passiert." Der Ex-Kanzler fügte aber auch an: "Erstverantwortlich sind Wirtschaftsprüfer und Aufsichtsrat."

Die Regierungsparteien SPÖ und ÖVP hatten wenige Fragen an Schüssel - und wenn, dann eher allgemeine. Schüssels Partei, die ÖVP, sprach im Vorfeld in Bezug auf seine Ladung von einer "Show". Für manche Beobachter auffallend zurückhaltend gab sich auch die FPÖ.

Tilo Berlin: Aussagen unter "Erinnerungsvorbehalt"
Tilo Berlin hielt gleich zu Beginn seiner Befragung, die mit 30 Minuten Verspätung um 14.45 Uhr begonnen hatte, fest, dass er alles, was er zu Protokoll gebe, unter den "Erinnerungsvorbehalt" stelle - dies mit Blick auf frühere Aussagen. Er habe von der Hypo-Bad-Bank Heta auch "viele Klagen am Hals". "Freunde sind das leider nicht zurzeit", so Berlin.

Vom Verfahrensrichter zu den Kontakten zur Aufsicht befragt, sagte Berlin, dass man sich einmal vorgestellt habe, nach dem Anteilserwerb. Einmal sei er von FMA-Vorstand Traumüller am Telefon in recht rauem Ton wegen "unserer Investorenliste" angerufen worden, weil sich in der Liste einige Veränderungen ergeben hätten. Nach dem Einstieg der BayernLB, eingefädelt von Berlin & Co, sei Berlin mit BayernLB-Chef Schmidt unverzüglich zu FMA und Nationalbank gegangen, um sich vorzustellen. Der Einstieg der Bayern sei jedenfalls positiv aufgenommen worden, sagte Berlin am Mittwoch. "Nicht mitgegeben wurden die zahlreichen Bedenken, die im Ausschuss hier genannt wurden - etwa von dem Sportflugzeug im Nebel", sagte Berlin.

Der Kaufpreis der Bayern Mitte 2007 sei einer gewesen, den sein Unternehmen Berlin & Co gerade noch als attraktiv gewertet habe. Die Münchner bezahlten für 50 Prozent und eine Aktie an der Kärntner Hypo-Bank 1,625 Milliarden Euro. Berlin bewertete die ganze Hypo mit 3,5 bis vier Milliarden Euro.

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