"Schwerer Schlag"

Putins “schwarze Liste”: EU-Politik empört sich

Ausland
30.05.2015 21:16
Die russische Liste mit Einreiseverboten für Dutzende europäische Politiker verschärft die Spannungen zwischen der EU und Russland. Die Europäische Union verurteilte die "schwarze Liste" mit 89 Namen am Samstag als willkürlich, intransparent und ungerechtfertigt. Moskau habe das Dokument nach monatelangem Zögern zwar nun übermittelt, aber Rechtsgrundlage und Kriterien blieben unklar. Die Liste gilt als Reaktion auf Einreiseverbote in die EU für russische Abgeordnete und Unternehmer wegen der Ukraine-Krise.

EU-Parlamentspräsident Martin Schulz reagierte "bestürzt". Die Verbotsliste beschädige das gegenseitige Vertrauen und behindere einen konstruktiven Dialog in der Ukraine-Krise. Er forderte die russischen Behörden auf, ihre Entscheidungen transparent zu machen. Am Montag werde er das Gespräch mit dem russischen Botschafter suchen und sich gegebenenfalls Maßnahmen vorbehalten.

Es gebe außer den von der russischen Regierung übergebenen Namen keinerlei Informationen über die rechtliche Basis, die Kriterien oder den Prozess der Auswahl, teilte auch eine Sprecherin der EU-Außenbeauftragten Federica Mogherini am Samstag in Brüssel mit. Man sei in engen Kontakt zu den betroffenen Mitgliedstaaten. Österreichische Politiker dürften sich nicht auf der russischen Liste befinden.

Steinmeier: "Nicht besonders klug"
Deutschlands Außenminister Frank-Walter Steinmeier nannte die Einreiseverbote "nicht besonders klug". Sie seien auch kein Beitrag zu den Bemühungen, "einen hartnäckigen gefährlichen Konflikt in der Mitte Europas zu entschärfen", sagte er im ukrainischen Dnipropetrowsk. Auf der Liste der Russen stehen auch acht Deutsche.

Betroffen sind unter anderem der Außenpolitiker Karl-Georg Wellmann, den Russland kürzlich abwies, der Unionsfraktionsvize im Bundestag, Michael Fuchs, sowie die Grünen-Politiker Rebecca Harms und Daniel Cohn-Bendit. Das Verbot gilt auch für den künftigen Europa-Berater von Bundeskanzlerin Angela Merkel, Uwe Corsepius. Der ehemalige britische Außenminister Malcolm Rifkind, der frühere belgische Premierminister Guy Verhofstadt, der ehemalige EU-Erweiterungskommissar Stefan Füle (Tschechien) sowie Tschechiens Ex-Außenminister Karel Schwarzenberg stehen ebenfalls auf dem Index.

"Große Empörung" auch in den Niederlanden
Die niederländische Regierung bestellte den russischen Botschafter ein. Außenminister Bert Koenders habe in dem Gespräch wegen Einreiseverboten gegen drei niederländische Abgeordnete große Empörung zum Ausdruck gebracht, teilte ein Sprecher mit. Solche Verbote müssten transparent, inhaltlich begründet und auch rechtlich anfechtbar sein, sagte der Minister. Bereits am Freitag hatte Ministerpräsident Mark Rutte das Einreiseverbot verurteilt.

Seitens der Grünen hieß es in einer Aussendung der Vizepräsidentin im Europaparlament und österreichischen Delegationsleiterin: "Die EU und EU-Mitgliedsstaaten haben keinen Völkerrechtsbruch begangen und fremdes Staatsgebiet annektiert." Offenbar empfinde Russlands Präsident Wladimir Putin "ehrliche Kritik an seinem autoritären Kurs von seinen europäischen Partner als Bedrohung seiner Macht und als Ehrenbeleidigung".

Lunacek: "Zielt auf Politiker ab, die sich für Frieden einsetzen"
Lunacek kommentierte weiter: "Diese Liste zielt gerade auf Politiker, wie die Vorsitzende der Grünen/EFA-Fraktion im Europäischen Parlament, Rebecca Harms, die finnische grüne EU-Abgeordnete Heidi Hautala und unseren ehemaligen Fraktionschef Daniel Cohn-Bendit, die sich für eine friedliche Zukunft der Ukraine einsetzen und sich auch in Russland für Menschenrechte, Demokratie und eine Stärkung der Zivilgesellschaft engagieren."

Mit dieser Liste erweise Putin den bereits angespannten Beziehungen zwischen der EU und Russland einen "Bärendienst", so Lunacek. "Wir Grüne fordern jetzt eine Debatte im Europäischen Parlament um die Konsequenzen aus dieser Liste. Die bisherigen Sanktionen gegen einzelne russische Persönlichkeiten sind begründet. Die EU sollte aber nicht zusätzlich mit einer weiteren Gegenliste reagieren. Die EU-Abgeordneten müssen jetzt klären, ob und wie ein Dialog gerade mit dem russischen Parlament unter diesen Bedingungen sinnvoll ist."

Russland: "Nächste politische Show"
Russland wies westliche Kritik am Samstagabend zurück. Die Maßnahme sei einzig eine Antwort auf die "Sanktionskampagne", die einige EU-Staaten unter Führung Deutschlands gegen Russland ausgelöst hätten. Die Führung in Moskau sei zudem über diplomatische Kanäle gebeten worden, die Listen zu übergeben. Dies habe Russland "in vertraulicher Form" getan. Dass die Veröffentlichung für Aufregung sorge, gehe auf das Konto der entsprechenden Länder, sagte ein Diplomat. "Eins ist unklar: Haben die europäischen Kollegen die Listen benötigt, um den Betroffenen Unannehmlichkeiten zu ersparen - oder um die nächste politische Show zu veranstalten?"

Eine ähnliche Liste existiere für die USA, sagte der Mann. Washington hatte in der Ukraine-Krise wie Brüssel Sanktionen gegen Russland erlassen. "Man muss aber bemerken, dass sich unsere amerikanischen Partner in diesem Fall konstruktiver benehmen."

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