"Faule Keks"

Prozess gegen Ex-Kommunalkredit-Bosse gestartet

Österreich
01.10.2014 15:02
Im Wiener Straflandesgericht hat am Mittwoch der Strafprozess gegen vier ehemalige Manager der Kommunalkredit begonnen. Auf der Anklagebank sitzen die beiden Ex-Vorstände Reinhard Platzer und Leopold Fischer sowie zwei frühere Prokuristen, der ehemalige Treasury-Leiter und sein Stellvertreter. Die Anklage lautet auf Untreue und Bilanzfälschung, die Strafdrohung liegt bei bis zu zehn Jahren Haft.

Die Kommunalkredit war u.a. Gemeindefinanzierer. Die Bank wurde im Herbst 2008 notverstaatlicht, die Republik Österreich musste einen Schaden in Höhe von rund zwei Milliarden Euro tragen. Die Anklage wird von Staatsanwältin Beatrix Winkler vertreten. Vorsitzende des Schöffensenats ist Richterin Nicole Rumpl. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft hat fünf Jahre lang ermittelt.

"Faule Keks" umgepackt
Laut Anklägerin versuchten die Ex-Manager, die Verluste der Kommunalkredit zu verschleiern, in den dazu durchgeführten Transaktionen hätten sie die Bank geschädigt. Teilweise wurden faule Assets umgepackt, um sie dann höher bewerten zu können, aber "faule Keks verfaulen auch in der anderen Lade weiter", meinte die Anklägerin zum Auftakt. Die Bilanzschönung habe die Bank Geld gekostet. Außerdem sei der Aufsichtsrat falsch informiert worden.

"Die Papiere mussten raus aus der Bilanz, wie der Sündenbock in der Bibel, der mit den Sünden beladen aus der Stadt vertrieben wurde", zog die Anklägerin von der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft einen biblischen Vergleich. Alle vier Angeklagten hätten sich des Verbrechens der Untreue und die beiden ehemaligen Vorstände auch des Verbrechens der Bilanzfälschung schuldig gemacht, so die Staatsanwältin.

"Sie setzen auf Rot, obwohl Schwarz auch kommen kann"
Die angeklagten Vorstände hätten ihre Stellung nicht zum Schaden der Bank ausnutzen dürfen, dazu würde auch ein bedingter Vorsatz reichen, also wenn ein Schaden für ernsthaft möglich gehalten wird und man sich mit dem möglichen Schaden abfindet. Das sei wie beim Roulette. "Sie setzen auf Rot, obwohl Schwarz auch kommen kann", erläuterte die Anklägerin. Bei Bilanzfälschung müsse dagegen kein Schaden eintreten, es müsse nur die Bilanz falsch sein. Deshalb sei dieser Tatbestand auch geringer bestraft.

Die Risikosituation der Kommunalkredit habe sich 2008 so dargestellt, dass einer Milliarde Euro Eigenmittel Kundenforderungen von rund 14 Milliarden Euro, Finanzanlagen von rund elf Milliarden Euro und ein CDS-Portfolio (Kreditausfallsversicherungen) von rund 12,5 Milliarden Euro gegenübergestanden seien.

Buchhaltung laut Staatsanwaltschaft geschönt
Bereits 2007 habe es in der Bilanz bereits einen zu geringen Ausweis der Bewertungsverluste gegeben und somit eine überhöhte Darstellung des Gewinnes. In der Folge sei das Portfolio "umgepackt" worden, die Buchhaltung sei geschönt worden. Der damalige Vorstand hätte dem Aufsichtsrat auch melden müssen, wenn die Liquidität gefährdet ist, so die Staatsanwältin weiter.

Im Mittelpunkt der Anklage steht das Sonderkonstrukt der frisch gegründeten Cora KG, bei der die Kommunalkredit Gesellschafterin war und in die jene Papiere verschoben wurden, die eigentlich abgewertet hätten müssen, in Summe 125 Millionen Euro. "Alle Risiken hätten in die Cora ausgebucht werden sollen. Das einzige, was wirklich ausgelagert wurde, waren die Chancen", so die Staatsanwältin. Die Kommunalkredit hätte von Gewinnen der Cora nichts gesehen.

Platzer hatte nur "Wohl des Unternehmens" im Blick
Der Anwalt des Hauptangeklagten, Ex-Kommunalkredit-Vorstand Platzer, verteidigte dagegen die Handlungen seines Mandanten. Platzer habe nur das "Wohl des Unternehmens" im Blick gehabt und den Auftrag des Aufsichtsrats, die Volatilitäten zu reduzieren, durchgeführt, so der Verteidiger. "Es ging um die Sicherung des Ratings und damit um die Refinanzierungsfähigkeit der Bank", argumentierte Platzers Verteidiger Mario Schmieder. Der damalige Kommunalkredit-Vorstandschef habe sich also im Auftrag des Aufsichtsrats um den Erhalt der Kommunalkredit gekümmert.

Das von Platzer gewählte Konzept, die Gesellschaft "Cora", in die "volatile Assets" ausgelagert wurden, damit sie in der Bank-Bilanz nicht mehr aufscheinen und diese belasten könnten, sei "für sich genommen strafrechtlich unbedenklich", betonte Schmieder. Platzers Verteidiger argumentierte, dass der Anklage die wirtschaftliche Gesamtbetrachtung fehle. Die Auslagerung von faulen Krediten bzw. Assets hält der Anwalt für rechtlich völlig unbedenklich: "Es mag auf den ersten Blick anrüchig erscheinen, Vermögenswerte in eine Zweckgesellschaft auszulagern, doch dieser Eindruck täuscht, das ist sozusagen State of the Art." Schmieder hält das Strafrecht in der Causa Kommunalkredit überhaupt nicht für das geeignete Mittel.

Cora war "keine Müllhalde"
Der Anwalt des mitangeklagten zweiten früheren Vorstands der Kommunalkredit, Fischer, schlug in dieselbe Kerbe. Es gehe im Strafprozess nur um die Transaktionen rund um das Vehikel Cora, das aber laut Anwalt "keine Müllhalde" war. Auch er argumentierte, dass der angeklagte Ex-Vorstand nur das Rating der Kommunalkredit sichern habe wollen. Der Anwalt des früheren Leiters des Treasury der Kommunalkredit verwies darauf, dass sein Mandant nur Dienstnehmer gewesen sei und im Auftrag der Vorstände gehandelt habe. Es sei daher keine "Viererbande" am Werk gewesen.

Platzer legt Vermögen jetzt nicht offen
Platzer legte zu Beginn der Hauptverhandlung seine finanziellen Verhältnisse nicht offen. Auf Nachfrage von Richterin Rumpl sagte er, er werde dies später schriftlich dem Gericht mitteilen. Als seinen derzeitigen Beruf nannte er "Geschäftsführer". Die übrigen drei Angeklagten machten dagegen Angaben über ihr Vermögen und allfällige Schulden. Fischer bezeichnete sich selbst als "Unternehmensberater".

Schaden durch "rechtswidrige Handlungen"
Dem Strafverfahren schlossen sich die Kommunalkredit Austria AG und die KA Finanz als Privatbeteiligte an. Sie sehen sich geschädigt und haben Platzer und Fischer auf Schadenersatz geklagt. "Der Schaden ist großteils aufgrund der rechtswidrigen Handlungen der Angeklagten verursacht worden, ein Teil davon ist strafrechtlich relevant, der Großteil zivilrechtlich", hieß es.

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