Verfassungsreform

Proporz wird im Burgenland abgeschafft

Österreich
16.09.2014 13:25
Im Burgenland haben sich SPÖ und ÖVP auf eine Reform der Landesverfassung geeinigt. Ein zentraler Punkt des Pakets, den die Parteichefs und Klubobleute beider Parteien am Dienstag in Güssing präsentierten, ist die Abschaffung des Proporzes bei der Bildung der Landesregierung. Was man heute präsentieren könne, sei "die modernste Verfassung aller Bundesländer", erklärte Landeshauptmann Hans Niessl.

Die Reform soll Anfang 2015 in Kraft treten. Bei der Verfassungsreform sei "viel mehr herausgekommen, als wir ursprünglich angestrebt haben", so Niessl. Künftig soll daher nun die stimmenstärkste Partei zu Gesprächen über die Regierungsbildung einladen.

Der aus 36 Abgeordneten bestehende Landtag wird aber vorerst nicht verkleinert. Die Zahl der Regierungsmitglieder - der Rahmen reicht von fünf bis sieben - soll künftig der Landtag festlegen. Bei der übernächsten Landtagswahl werde es dann "definitiv" fünf Regierungsmitglieder geben, erläuterte Niessl.

Minderheiten sollen U-Ausschuss einsetzen können
Einig sei man sich auch über die Abschaffung der Vorzugsstimmenhürde: Bisher werden 15 Prozent der Parteistimmen benötigt, um in den Landtag einziehen zu können. Pro Bezirk könne künftig ein Mandatar, der die meisten Vorzugsstimmen erhalte, in den Landtag gewählt werden, so der Landeshauptmann. Auch ein zweiter Wahltag neun Tage vor dem eigentlichen Wahltermin soll ermöglicht werden.

Zudem soll die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses nach der Verfassungsänderung von 25 Prozent der Abgeordneten beantragt werden können. Den Vorsitz werde ein Richter führen, erklärte Niessl. Weiters erhält der Landes-Rechnungshof die Kompetenz zur Prüfung der Gemeinden. Pro Jahr soll er künftig die Finanzen von zehn Kommunen durchleuchten können.

"Haben großen Brocken in der Legislaturperiode gehoben"
Die Verfassungsreform sei die größte seit dem Jahr 1981, sagte Niessl. Aus seiner Sicht gebe es "keinen Sieger bei den Parteien." Sieger seien "die Demokratie und die Burgenländer." "Mit dieser Verfassungsreform haben wir einen großen Brocken in dieser Legislaturperiode gehoben", so Landeshauptmannstellvertreter Franz Steindl. Das Paket sei bereits einstimmig im ÖVP-Landesparteivorstand abgesegnet worden und werde auch von den Bürgermeistern getragen.

SPÖ-Klubobmann Christian Illedits sprach von einem "politischen Meilenstein für das 21. Jahrhundert." Auch Anregungen der Opposition seien aufgenommen worden. Als Beispiel nannte er die Möglichkeit der Karenz für Abgeordnete, wie dies von den Grünen vorgeschlagen worden war. Insgesamt sei es "ein guter Konsens, der hier ausverhandelt werden konnte." Die Möglichkeit zur Einsetzung eines U-Ausschusses durch die Minderheit beinhalte auch eine große Verantwortung für die Opposition, so ÖVP-Klubobmann Rudolf Strommer.

Nun würden die Endformulierungen für die nötigen Gesetzesbeschlüsse getätigt, dann gehe die Reform in die Begutachtung. Im November soll sie in den Landtag einlaufen und im Dezember beschlossen werden, skizzierte Illedits den Fahrplan.

"Mauschlerei ist kein Vertrauensbeweis"
Grünen-Landessprecherin Regina Petrik erklärte, geeinigt hätten sich nur SPÖ und ÖVP, "von einer All-Parteien-Einigung kann nicht die Rede sein". Von der heutigen Präsentation habe sie, wie die anderen Oppositionsparteien auch, aus den Medien erfahren. Die letzte Gesprächsrunde ist laut der Grünen-Landessprecherin "konstruktiv verlaufen". Über die Kritik der Grünen zeigten sich Niessl und Steindl verwundert: Petrik sei "bei praktisch allen Gesprächen dabei" gewesen.

FPÖ-Landesparteiobmann Johann Tschürtz erklärte, er könne nicht verstehen, dass man kurz vor dem Ziel nicht noch einmal die drittstärkste Partei im Landtag - mit Klubstatus - informiert bzw. das Gespräch mit ihr sucht. "Es ist sehr schwer, dem tief greifendem Reformpaket zuzustimmen, da sich die Vertrauenswürdigkeit durch diese zwei kuscheligen Parteien nicht als hervorragend dargestellt hat", so Tschürtz: "Die Mauschlerei von SPÖ und ÖVP ist kein Vertrauensbeweis."

Anders als die Grünen und die Freiheitlichen reagierte die Liste Burgenland (LBL). Der einzige Landtagsabgeordnete, Manfred Kölly, "begrüßt die Bereitschaft von SPÖ und ÖVP, sich nun endlich der Abschaffung des Proporzes widmen zu wollen", teilte er mit. Die NEOS, die nicht im burgenländischen Landtag vertreten sind, begrüßten wie auch Kölly den "bereits mehr als überfälligen Schritt".

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