Ukraine-Krise

Moskaus UN-Botschafter verspottet Konvoi-Kritiker

Ausland
23.08.2014 10:41
Russlands UN-Botschafter mokiert sich über Stimmen aus Kiew, die hinter dem Hilfskonvoi für die ostukrainischen Rebellengebiete einen verdeckten Militäreinsatz vermuten. Die rund 300 Lkws lieferten Stromgeneratoren, Zucker, Teepackungen und Babynahrung, sagte Witali Tschurkin am Freitag vor einer Dringlichkeitssitzung des UN-Sicherheitsrats zum Ukraine-Konflikt. Auf die Frage, ob der Konvoi auch die prorussischen Milizen unterstützen solle, antwortete Tschurkin spöttisch: "Mit Babynahrung?"

"Die USA haben nicht das Monopol für humanitäre Hilfe", sagte der Diplomat weiter. "Wenn Sie versuchen, unseren Humanismus infrage zu stellen, würde ich das nicht schätzen." Obwohl sich das Rote Kreuz aus Sicherheitsgründen geweigert hatte, den Konvoi in die Rebellenhochburg Lugansk zu begleiten, äußerte Tschurkin die Hoffnung, dass Mitarbeiter der Organisation zumindest bei der Verteilung der Hilfsgüter behilflich sein könnten.

Am Freitagvormittag hatte Moskau den seit Tagen an der Grenze festsitzenden Hilfskonvoi ohne das Einverständnis Kiews und des Roten Kreuzes in die Ukraine starten lassen. Nach Angaben der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) passierten Dutzende Lkw ohne vorherige Kontrolle der Ladung die Grenze. Laut dem russischen Staatsfernsehen erreichten im Laufe des Tages alle Lastwagen die ostukrainische Stadt Lugansk. Mittlerweile haben die weißen Lkws die Ukraine wieder verlassen. Die Fahrzeugkolonne passierte am Samstag früh den Grenzübergang, wie ein Journalist der Nachrichtenagentur Reuters beobachtete.

Nach dem Vordringen der Lastwagen beklagte Kiew eine Verletzung der ukrainischen Souveränität und einen "Verstoß gegen das internationale Recht". "Weder die ukrainische Seite noch das Rote Kreuz wissen, was sich in den Lastwagen befindet", erklärte das Außenministerium in Kiew. Der Chef des ukrainischen Inlandsgeheimdiensts SBU, Valentin Nalywajtschenko, äußerte die Meinung, dass es sich "um Militärfahrzeuge unter dem zynischen Deckmantel des Roten Kreuzes" handelt. Dennoch werde die ukrainische Luftwaffe den Konvoi nicht bombardieren.

UN-Sitzung ohne konkretes Ergebnis
Unterdessen zeichnet sich weiterhin eine Lösung im Konflikt zwischen Kiew und den prorussischen Separatisten ab. Die vom UN-Sicherheitsrat anberaumte Dringlichkeitssitzung zum Ukraine-Konflikt ist in der Nacht zum Samstag ohne konkrete Ergebnisse zu Ende gegangen. Der britische UN-Botschafter und amtierende Ratsvorsitzende, Lyall Grant, sagte nach der hinter verschlossenen Türen abgehaltenen Sitzung, es gebe eine "weit verbreitete Sorge" über das, "was viele als illegale und einseitige Aktion der Russischen Föderation bezeichnen". Diese könne zu einer Eskalation führen.

Den Antrag zur Dringlichkeitssitzung hatte der baltische Staat Litauen gestellt, dessen Regierung Moskaus Haltung mit besonderem Argwohn verfolgt. Zuvor war der litauische Honorarkonsul in der von den Rebellen besetzten Stadt Lugansk getötet worden (Bericht siehe Infobox). Die seit drei Wochen von der ukrainischen Armee und paramilitärischen Verbänden belagerte Großstadt wurde am Freitag mit Artillerie beschossen. Bewohner klagen über Engpässe bei Lebensmitteln, Wasser, Medikamenten, über Strom- und Treibstoffmangel sowie über ausgefallene Telefon- und Internetverbindungen.

Putin: Verzögerung des Hilfskonvois "inakzeptabel"
Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel telefonierte in getrennten Gesprächen mit den Präsidenten der Ukraine und Russlands, Petro Poroschenko und Wladimir Putin. Nach Kreml-Angaben verteidigte Putin in dem Telefonat mit Merkel das russische Vorgehen. Der Hilfskonvoi sei von der Regierung in Kiew aufgehalten worden, und jede weitere Verzögerung wäre "inakzeptabel" gewesen, hieß es.

In einem weiteren Telefonat zur Lage in der Ukraine äußerten Merkel und US-Präsident Barack Obama "Unverständnis" über die Haltung der russischen Regierung in der Frage des umstrittenen Hilfskonvois. Wie Merkels Regierungssprecher Steffen Seibert weiter mitteilte, kritisierten beide Moskaus Entscheidung, den Hilfskonvoi ohne Zustimmung der Regierung in Kiew und ohne Begleitung durch das Internationale Komitee vom Roten Kreuz über die ukrainische Grenze in Richtung Lugansk auf den Weg zu bringen. Damit trage die russische Regierung die "Verantwortung für eine Verschärfung der Situation".

Merkel reist nach Kiew
Merkel reist am Samstag erstmals seit Beginn der Ukraine-Krise nach Kiew. In der ukrainischen Hauptstadt trifft sie unter anderen mit Poroschenko und Regierungschef Arseni Jazenjuk zusammen. Seibert bezeichnete Merkels Besuch als "Zeichen der Unterstützung in schwierigen Zeiten".

Der OSZE-Vorsitzende Didier Burkhalter bedauert, dass sich die Ukraine und Russland "nicht in Treu und Glauben" über die Bedingungen für den Hilfskonvoi geeinigt haben. Er rief alle Seiten dazu auf, eine weitere Eskalation zu verhindern und forderte rechtmäßige humanitäre Hilfe. Burkhalter betonte, Hilfslieferungen dürften nur nach humanitären Grundsätzen und unter Respektierung der ukrainischen Souveränität erfolgen.

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