Fährunglück

Leichen offenbaren verzweifelte Fluchtversuche

Ausland
24.04.2014 11:12
Mehr als eine Woche nach dem Fährunglück in Südkorea sind Taucher immer noch dabei, Leichen zu bergen. Die Arbeit sei die schwerste, die sie je gemacht hätten, erzählen Taucher, vor allem, da es sich bei einem Großteil der Toten um Jugendliche handelt. Viele Leichen hätten gebrochene Finger - Anzeichen für verzweifelte Versuche, den Wassermassen zu entkommen. Einer der nun gefundenen Toten ist jener Schüler, der als Erster einen Notruf abgesetzt hatte. Neuigkeiten gibt es zudem zur Unglücksursache: Möglicherweise war ein Ruder defekt.

Das Wasser in der gesunkenen "Sewol" ist trüb und düster. Selbst für Taucher, die für gefährliche Einsätze ausgebildet wurden, sei es "schwer, tapfer zu bleiben, wenn wir im dunklen Wasser auf Körper treffen", erklärte Hwang Dae-sik, einer der Taucher, gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters. "Das ist der zermürbendste und herzzerreißendste Job meiner Karriere."

Besonders betroffen sind die Taucher, von denen viele selbst Kinder haben, da es sich bei der Mehrzahl der Toten um Schüler einer Mittelschule handelt - sie machten 323 der 476 Personen an Bord aus. Viele dieser Leichen hätten gebrochene Finger, berichteten südkoreanische Medien - die Teenager hätten wohl in ihren letzten Minuten verzweifelt versucht, an Böden und Wänden Halt zu finden, um aus der sinkenden Fähre zu entkommen.

Leiche des ersten Notrufers gefunden
Die Schüler aus der Stadt Ansan und ein Dutzend ihrer Lehrer waren auf dem Weg zu einem Ausflug auf die Urlaubsinsel Jeju, als die Fähre sank. Nur 75 der Jugendlichen überlebten das Unglück. Einer der nun geborgenen Toten ist jener Bursch, der als Erster - drei Minuten vor der Besatzung - völlig verängstigt einen Notruf abgesetzt hatte. Der Bursch sei von seinen Eltern identifiziert worden, berichtete die Nachrichtenagentur Yonhap am Donnerstag.

Der Anruf des Schülers heizte den Ärger über die späte Reaktion von Kapitän und Besatzung weiter an. Die "Sewol" war vor einer Woche auf dem Weg zur Insel Jeju mit 476 Menschen an Bord gekentert und später gesunken. 174 Insassen wurden gerettet, darunter der 69-jährige Kapitän und zwei Drittel seiner Besatzung. Die Zahl der bestätigten Todesopfer stieg am Donnerstag auf 169, 133 gelten noch als vermisst.

Hätten mehr Kinder gerettet werden können?
Nach Angaben von Gerichtsmedizinern wollen einige Eltern der getöteten Schüler eine Obduktion verlangen, um die genaue Todesursache festzustellen. Sie glauben, dass ihre Kinder möglicherweise zunächst in Lufteinschlüssen überlebt haben und nicht gestorben wären, hätten die Bergungsarbeiten nicht so lange gedauert. Bis die Taucher zu den ersten Leichen vordrangen, vergingen vier Tage.

Die Umstände des Unglücks sind noch nicht aufgeklärt. Sieben Crewmitglieder wurden verhaftet, darunter Kapitän Lee Joon Seok. Sie sollen die Evakuierung verzögert und die Passagiere im Stich gelassen haben, weil sie frühzeitig das Schiff verließen. Vier weitere Besatzungsmitglieder sind festgenommen, aber bisher noch nicht angeklagt. Sie wurden am Donnerstag im Fernsehen gezeigt. Einer von ihnen, der leitende Maschinist der "Sewol", sagte aus, er habe vor dem Unglück keine technischen Probleme festgestellt.

Defekte Ruderanlage als mögliche Ursache
Der südkoreanische Fernsehsender Arirang berichtete jedoch, es habe zwei Wochen vor dem Unglück ein technisches Problem an der Ruderanlage gegeben. Ein Steuerungssystem habe gemeldet, dass es keinen Strom erhalte. Doch obwohl eine Reparatur beauftragt worden sei, sei der Defekt nicht behoben worden. Trotzdem sei die Fähre weiterhin gefahren.

Die Ermittler untersuchen dem Bericht nach nun, ob diese Probleme zu einer abrupten Kursänderung führten, die Ladung verrutschen ließ und die "Sewol" so in Schieflage brachte. Laut Nachrichtenagentur AP soll die dritte Offizierin, die zum Unglückszeitpunkt am Steuer war, ausgesagt haben, das Lenkgetriebe habe bei einer Kursänderung um fünf Grad zu stark eingeschlagen, was der Steuermann nicht habe korrigieren können.

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