Schwerer Abschied

Krebskranke (29) will ihren Tod verschieben

Ausland
31.10.2014 08:28
Vor ihrem Tod wollte Brittany Maynard noch den Grand Canyon sehen. Vergangene Woche stand die 29-Jährige dann vor der Schlucht mit ihren schroffen, orangeroten Felswänden. Voraussichtlich Anfang November will die todkranke Frau ihrem Leben ein Ende setzen, wobei sie mittlerweile über eine Verschiebung nachdenkt. Ihre öffentlichen Suizidpläne haben in den USA eine Debatte über Sterbehilfe ausgelöst.

Ein Foto auf ihrer Website zeigt, wie die junge Frau in knallgelbem Hemd ihren Ehemann Dan vor der erhabenen Kulisse küsst. "Ich habe diese Kampagne nicht gestartet, weil ich Aufmerksamkeit wollte", schreibt Maynard auf ihrer Internetseite. "Ich habe das getan, weil ich eine Welt sehen möchte, in der jeder Zugang zu einem würdevollen Tod hat." Unterstützt wird die junge Frau von der Organisation "Compassion and Choices", die sich für das Recht auf Sterbehilfe in den Vereinigten Staaten einsetzt.

Von der Familienplanung zur Suizidplanung
Maynard plante die Gründung einer Familie, als sie im vergangenen Jahr plötzlich schwere Kopfschmerzen bekam. Nach einem Neujahrsausflug mit ihrem Mann erhielt sie die niederschmetternde Diagnose: Krebs, Gehirntumor. Zunächst gingen die Ärzte von einer Lebenserwartung von bis zu zehn Jahren aus. Doch im Frühjahr änderte sich die Prognose dramatisch: Der Tumor sei sehr aggressiv, bereits in einem halben Jahr könne sie tot sein.

Die Ärzte bereiteten Maynard auf qualvolle letzte Monate vor. Also entschloss sich die 29-Jährige, selbst über ihr Ende zu bestimmen. "Ich glaube, meine Familie hat etwas gebraucht um zu verstehen, dass dies sinnvoll ist", sagte sie dem Fernsehsender CBS.

Die Kalifornierin musste ihren Heimatstaat verlassen und zog nach Oregon, in einen von fünf Bundesstaaten der USA, wo Sterbehilfe legal ist. In Oregon erlaubt der "Death with Dignity Act" (Gesetz für ein würdevolles Sterben), dass Ärzte unheilbar kranken Patienten nach ausgiebiger Prüfung eine tödliche Medikamentendosis verschreiben dürfen. Seit Inkrafttreten des Gesetzes im Jahr 1997 sind in dem Westküstenstaat mehr als 750 Menschen auf diese Weise aus dem Leben geschieden.

Debatte über Sterbehilfe in den USA entbrannt
Maynards Gang an die Öffentlichkeit fand großen Widerhall in den US-Medien, das "People"-Magazin hob sie sogar auf die Titelseite. Kritik kam vor allem aus dem Lager der religiösen Rechten. Die Entscheidung über Leben und Tod liege allein in den Händen Gottes, ist in erzkonservativen Internetforen zu lesen. Der evangelikale Prediger Pat Robertson prangerte eine "Kultur des Todes" an.

Immer wieder meldete sich der Palliativmediziner Ira Byock zu Wort, der vor einem Dammbruch bei der Legalisierung von Sterbehilfe warnte. Maynards Schmerzen könnten auch durch die Pflege in einem Hospiz gelindert werden, sagte er im Fernsehsender PBS. Zugleich warf er "Compassion and Choices" vor, das Schicksal der jungen Frau für eine PR-Kampagne zu missbrauchen.

Maynard wies dies zurück und antwortete auf ihrer Website, dass sie aus freien Stücken handle. "Ich glaube, das ist ein Gesundheitsrecht und eine Entscheidung, die allen todkranken Amerikanern offen stehen sollte", schrieb sie. Ihre Anhänger bat sie, "Compassion and Choices" bei den Bemühungen in anderen Bundesstaaten zu unterstützen.

Wunschliste vor dem Tod abgearbeitet, Sterbetag rückt näher
In den vergangenen Monaten reiste Maynard an ausgewählte Orte in den USA und im Ausland, die sie vor ihrem Tod besuchen wollte. Der Grand Canyon war das letzte Ziel auf ihrer Liste. Als Todesdatum hatte die 29-Jährige zunächst den 1. November genannt. Allerdings könnte Maynard noch etwas länger warten.

"Ich fühle mich noch gut genug", sagte sie in einem am Donnerstag veröffentlichten neuen Video. "Jetzt scheint nicht der richtige Zeitpunkt zu sein. Aber er wird kommen, denn ich spüre, wie ich zunehmend krank werde." Ein Sprecher von "Compassion and Choices" sagte, dass Maynard "Anfang November" ihr Leben beenden wolle. Wann genau sie diesen Schritt wagen wird, entscheidet sie selbst. Maynard hofft allerdings, dass sie nicht zu lange wartet...

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