Konkreter Verdacht

Ordinariat zeigt deutschen Bischof Walter Mixa an

Ausland
07.05.2010 13:13
Die bayerische Diözese Augsburg hat Bischof Walter Mixa wegen Verdachts des sexuellen Missbrauchs angezeigt. Die Staatsanwaltschaft Ingolstadt bestätigte am Freitag Vorermittlungen gegen Mixa. Nach einem Bericht der "Augsburger Allgemeinen" soll er in seiner Zeit als Eichstätter Bischof vor 2005 einen Burschen missbraucht haben. Mixa wies die Vorwürfe zurück.

Das Bistum Augsburg bestätigte, es habe Hinweise "in Übereinstimmung mit den Leitlinien der Deutschen Bischofskonferenz den zuständigen Stellen zur Kenntnis gebracht und angezeigt". Es gehe um den Verdacht des sexuellen Missbrauchs, sagte die Pressesprecherin. Nähere Angaben machte sie nicht.

Das mutmaßliche Opfer sei damals noch minderjährig gewesen, berichtete die "Augsburger Allgemeine". Der Hinweis stamme nicht von dem jungen Mann selbst, sondern aus seinem Umfeld. Die Missbrauchsbeauftragen des Bistums Augsburg hätten die Staatsanwaltschaft unterrichtet.

Mixa weist jede Schuld von sich
Mixas Anwalt Gerhard Decker sagte der "Augsburger Allgemeinen": "Mein Mandant weist die jetzt gegen ihn erhobenen Vorwürfe mit aller Entschiedenheit zurück und wird nach Kräften mit der Staatsanwaltschaft Ingolstadt zusammenarbeiten, um den Fall restlos aufzuklären."

Nach den neuen Richtlinien der Bischofskonferenz soll ausnahmslos jeder Verdachtsfall der Justiz angezeigt werden, außer die Opfer selbst wollten das ausdrücklich nicht. Die obersten Laienvertreter der Bistümer Augsburg und Eichstätt äußerten sich überrascht und "schockiert", warnten aber vor einer Vorverurteilung. Der Augsburger Diözesanratsvorsitzende Helmut Mangold sagte: "Ich hoffe, dass der Staatsanwalt Schuld oder Unschuld zügig feststellt." Sollten sich die Anschuldigungen bestätigen, wäre das der "Super-Gau" für das Bistum, sagte Mangold.

Die bayerische Justizministerin Beate Merk sagte: "Es handelt sich um einen Hinweis, der von der Kirche direkt an die Generalstaatsanwaltschaft weitergeleitet wurde." Der Ingolstädter Oberstaatsanwalt Helmut Walter sagte: "Bei der Staatsanwaltschaft Ingolstadt werden Vorermittlungen in Richtung Dr. Mixa geführt." Aus ermittlungstaktischen Gründen könnten derzeit keine weiteren Auskünfte erteilt werden. Die Deutsche Bischofskonferenz wollte den Fall nicht kommentieren.

Misshandlungen erst geleugnet, dann zugegeben
Der noch amtierende Augsburger Bischof, der auch deutscher Militärbischof ist, hatte dem Papst am 22. April seinen Rücktritt angeboten. Der Schritt erfolgte nach tagelangen Diskussionen um Misshandlungen von Heimkindern, die Mixa zunächst geleugnet und dann eingestanden hatte.

Auch finanzielle Unregelmäßigkeiten werden dem Geistlichen vorgeworfen: Ein Sonderermittler hatte Ende April die Öffentlichkeit informiert, dass in Mixas Verantwortung große Geldbeträge aus dem Vermögen einer Waisenhausstiftung für zweifelhafte Antiquitäten, Wein, Teppiche, Einrichtungsgegenstände und ein kaum benutztes Solarium für ein Kinderheim gezahlt worden sind. Mixa hatte erklärt, er habe es mit der "finanziellen Zuordnung" für diese Gegenstände nicht so genau genommen und später eine Rechtsanwaltskanzlei zur Prüfung der Vorgänge eingesetzt.

Nach Prügel-Geständnis zurückgetreten
Der 1941 geborene Bischof hat im April eingestanden, Heimkinder in seiner früheren Zeit als Stadtpfarrer geschlagen zu haben, nachdem er zunächst jede Gewalt gegenüber Kindern "reinen Herzens" bestritten hatte. Als in ganz Deutschland Rufe nach einem Rücktritt Mixas laut wurden, forderte ihn der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, öffentlich zu einem Amtsverzicht auf. Es handelte sich dabei um einen bisher einmaligen Fall in der jüngeren Geschichte des Katholizismus in Deutschland. Noch am selben Tag hatte Mixa dann dem Vatikan in Rom sein Rücktrittsgesuch zugestellt.

Mit seinem Rücktritt wolle er dafür Sorge tragen, "weiteren Schaden von der Kirche abzuwenden und einen Neuanfang zu ermöglichen", hatte Mixa in einem Brief an Papst Benedikt XIV. geschrieben. In fast 40 Jahren als Priester und 14 Jahren als Bischof "ging es mir immer darum, Zeuge des Evangeliums zu sein und als Seelsorger den mir anvertrauten Menschen zu dienen. Meiner eigenen Schwächen war und bin ich mir dabei wohl bewusst".

"Alle, zu denen ich ungerecht gewesen sein mag, und alle, denen ich Kummer bereitet habe, bitte ich noch einmal um Verzeihung", erklärte er. "Ich tue diesen Schritt in unerschütterlichem Vertrauen auf die Gnade Gottes und hoffe zuversichtlich, dass der Vater im Himmel die Kirche von Augsburg in eine gute Zukunft führen wird."

Medien: Vatikan nimmt Rücktritt an
Papst Benedikt XVI. nimmt Medienberichten zufolge Mixas Rücktritt an. Dies werde der Vatikan am Samstag bekanntgeben, wie die Tageszeitung "Die Welt" unter Berufung auf römische Kirchenkreise berichtet. Ausdrücklich bestritten werde allerdings ein Zusammenhang mit den neuen Vorwürfen sexuellen Missbrauchs gegen Mixa, schreibt das Blatt. Auch das "heute-journal" des ZDF erfuhr aus Kirchenkreisen, dass eine Annahme des Rücktrittsgesuchs bevorstehe.

Dem "Welt"-Bericht zufolge will bereits an diesem Samstagnachmittag das Domkapitel in Augsburg zusammentreten und einen Diözesan-Administrator wählen. Dieser soll bis zum Amtsantritt eines neuen Bischofs die Diözese leiten.

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