Nach EU-Gipfel

Juncker: Athen muss jetzt “Nägel mit Köpfen” machen

Ausland
31.01.2012 13:06
Jean-Claude Juncker, der Chef der Euro-Gruppe, hat Griechenland nach dem EU-Gipfel zu einer strikten Umsetzung seiner Sparpolitik aufgefordert. Das hoch verschuldete Land müsse nun endlich "Nägel mit Köpfen" machen, sagte Juncker. Er sei aber zuversichtlich, dass bis zum Ende der Woche ein positives Ergebnis in puncto Schuldenschnitt erreicht werde. Wortwörtlich sagte er: "Wenn ich nicht zuversichtlich wäre, hätten Sie schon vor Monaten über meinen Selbstmord berichten können."

Nach dem EU-Gipfel in Brüssel war in der Nacht auf Dienstag noch in kleiner Runde über die Lage Griechenlands beraten worden. Nach Angaben von Diplomaten nahmen an der Sitzung neben Juncker und dem griechischen Regierungschef Lucas Papademos auch EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy und EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso teil. Die Europäische Zentralbank wurde durch den Deutschen Jörg Asmussen vertreten.

Juncker und Papademos zuversichtlich
Papademos habe die Runde über die Gespräche der griechischen Regierung mit der sogenannten Troika informiert, sagte Juncker am Dienstag. Die Troika setzt sich aus Experten von EU, EZB und IWF zusammen, die in Griechenland die Umsetzung der vereinbarten Spar- und Reformmaßnahmen prüfen. Von dem Ergebnis und den Verhandlungen der griechischen Regierung mit ihren privaten Gläubigern über einen Schuldenschnitt hängt auch die Größe des zweiten Hilfspakets für das Land ab.

Juncker sagte, er erwarte, dass in den Verhandlungen noch ein gutes Ergebnis bis zum Ende der Woche erreicht werde. "Wenn ich nicht zuversichtlich wäre, hätten Sie schon vor Monaten über meinen Selbstmord berichten können." Papademos zeigte sich ebenso wie Juncker zuversichtlich, die Verhandlungen in Kürze unter Dach und Fach zu bringen: "Wir haben bedeutende Fortschritte erzielt." Auch die Gespräche mit der Troika über das zweite Hilfspaket sollten bis Ende der Woche abgeschlossen sein, die Hauptknackpunkte seien weiterreichende Einsparungen und Reformen des Arbeitsmarktes.

Kein Haushaltskommissar für Griechenland
Einen von Deutschland vorgeschlagenen "Sparkommissar" für Athen erachtet Juncker nicht für nötig. Auf die Frage, ob die deutsche Forderung nach einem von der Euro-Gruppe eingesetzten Haushaltskommissars vom Tisch sei, antwortete der Juncker schlicht: "Ja." Der Vorstoß der deutschen Regierung sieht vor, Athen die Hoheit über die Budgetpolitik zu entziehen und einem EU-Vertreter zu übertragen. Zudem soll Athen Einnahmen zunächst zur Schuldentilgung verwenden, bevor andere Ausgaben getätigt werden.

Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel hatte die Forderung nach einem Haushaltskommissar auf dem Gipfel nicht ausdrücklich wiederholt, sehr wohl aber die Forderung nach einer strengeren Überwachung des Landes während des zweiten Hilfsprogramms verteidigt.

Ambivalentes Verhältnis Tschechiens zum Fiskalpakt
Bei dem EU-Gipfel in Brüssel einigten sich die Staats- und Regierungschefs auf eine strengere Haushaltsdisziplin (siehe Infobox). Nur Großbritannien will sich nicht an dem Fiskalpakt beteiligen, ebenso wie - vorerst noch - Tschechien. Der tschechische Premier Petr Necas erklärte aber bereits, einen späteren Beitritt seines Landes zum Pakt nicht auszuschließen. Sollte Tschechien den Euro übernehmen wollen, müsste es eben seine Haltung ändern, so Necas. "Bedingung für den Beitritt in die Euro-Zone ist die Verabschiedung und Ratifizierung dieses Vertrags."

Gleichzeitig verteidigte er aber auch sein Nein beim Gipfel. Necas sieht nämlich Schwierigkeiten für eine eventuelle Ratifizierung des Vertrags in seinem Land. Denn dafür sei auch die Unterschrift des Präsidenten Vaclav Klaus nötig - und dieser hat sich wiederholt strikt gegen den Pakt ausgesprochen und erklärt, es wäre "evident unvernünftig", einen derartigen Vertrag zu unterzeichnen.

Auch deshalb würden in Tschechien sehr widersprüchliche Meinungen zum Pakt vorherrschen, sagte Necas am Dienstag der tschechischen Nachrichtenagentur CTK. "Die tschechische Regierung weiß und rechnet damit, dass der Premierminister keinen Vertrag unterzeichnet, wenn es keinen Konsens über den Ratifizierungsprozess gibt." Und ohne breiten Konsens sei der Pakt kaum akzeptabel.

"Vertrag bringt uns nichts Neues oder Nutzbringendes"
Außerdem kritisierte Necas, dass der Pakt einen Machttransfer von den einzelnen EU-Staaten zur Union bedeute. "Der Text des Vertrages bringt der Tschechischen Republik nichts Neues oder Nutzbringendes." Ebenso wie Polen fordert Tschechien darüber hinaus, dass auch Nicht-Euro-Länder an allen Euro-Gipfeln teilnehmen können. Wenn man wolle, das Tschechien einen Beitrag leiste und Geld zahle, müsse das Land auch als vollwertiger Partner bei den Verhandlungen anerkannt werden, sagte der Premier.

Für einen Beitritt Tschechiens zur Euro-Zone gibt es kein festgelegtes Datum. Sowohl die Regierung als auch die Bevölkerung sind eher zurückhaltend, Tschechien werde die Euro-Kriterien nicht vor 2015 erfüllen, erklärte kürzlich Außenminister Karel Schwarzenberg.

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