"Das Chaos droht"

Griechenland-Premier legt Sorgenbeichte ab

Ausland
05.10.2012 09:10
Der griechische Premier Antonis Samaras hat mit drastischen Worten vor den Folgen einer weiteren Verschlechterung der wirtschaftlichen und sozialen Lage seines Landes gewarnt. "Die griechische Demokratie steht vor ihrer vielleicht größten Herausforderung", sagte Samaras dem deutschen "Handelsblatt" vom Freitag. Die Gesellschaft "als Ganzes" sei stark bedroht durch Populisten der extremen Linken und vor allem "durch etwas, das es in unserem Land noch nie zuvor gegeben hat - den Aufstieg einer rechtsextremistischen, man könnte sagen, faschistischen Neonazi-Partei".

Seit der Wahl vom 17. Juni ist die rechtsextremistische Partei Chryssi Avgi (Goldene Morgenröte) mit 18 Abgeordneten im Parlament vertreten. Laut Samaras ist sie in Umfragen bereits die "drittstärkste politische Kraft in Griechenland, Tendenz wachsend". Der Premier sagte, wenn seine Regierung scheitere, "wartet auf uns das Chaos". Der Zusammenhalt der griechischen Gesellschaft sei durch "steigende Arbeitslosigkeit gefährdet, so wie es gegen Ende der Weimarer Republik in Deutschland war". "Ich führe den Kampf meines Lebens."

Sein Land sei aber zu Opfern bereit, erklärte der Regierungschef. Binnen fünf Jahren hätten die Griechen mehr als ein Drittel ihres Lebensstandards verloren. Seine Politik bedeute nochmals einen tiefen Einschnitt - dies sei aber "der letzte", danach müsse es "Licht am Ende des Tunnels" geben. Sein Land sei an "der Grenze dessen, was wir unserer Bevölkerung zumuten können".

Lob für Merkel, Kritik an Rösler
Samaras lobte vor diesem Hintergrund die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel. Sie habe den "richtigen Ton gefunden, als sie jüngst sagte, dass ihr das Herz blutet", wenn sie die Schicksale der von Armut Betroffenen sehe. Samaras sagte, es wäre "sehr wichtig", wenn Merkel Griechenland besuchte. Sein Land wisse es "sehr zu schätzen", dass Deutschland und Europa "in dieser schwierigen Zeit helfen".

Kritisch hingegen äußerte sich Samaras über den deutschen Wirtschaftsminister Philipp Rösler. Dieser "ist offensichtlich nicht unser bester Verbündeter". Rösler hatte im Juli gesagt, das Szenario eines Austritts Griechenlands aus der Euro-Zone habe "längst seinen Schrecken verloren".

"Ende November ist die Kasse leer"
Indes forderte Samaras einmal mehr die rasche Auszahlung der nächsten Hilfstranche der internationalen Partner. Auf die Frage, bis wann Griechenland ohne die Rate noch durchhalte, meinte er: "Bis Ende November. Dann ist die Kasse leer." Zugleich verlangte er erneut mehr Zeit für Athen bei der Sanierung: "Was wir brauchen, ist mehr Zeit für die Haushaltskonsolidierung - aber nicht unbedingt mehr Hilfskredite."

Helfen könnte derzeit etwa die "Europäische Zentralbank, die ja griechische Staatsanleihen hält, mit niedrigeren Zinsen für diese Papiere". Oder die Notenbank könne einer Laufzeitverlängerung zustimmen, wenn diese Bonds fällig werden. Vorstellen könne sich der Regierungschef auch eine direkte Rekapitalisierung der griechischen Banken direkt über den Euro-Rettungsschirm ESM. Samaras: "Der Austritt aus dem Euro ist keine Option für Griechenland - er wäre eine Katastrophe."

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