Schauspieler krank

Weiterer EHEC-Verdachtsfall in Oberösterreich

Österreich
28.05.2011 20:32
Österreich hat seinen dritten EHEC-Verdachtsfall. Nachdem bereits am Freitag bekannt wurde, dass zwei Deutsche, die sich auf einer Radtour durch die Alpenrepublik befanden, wegen einer Infektion mit dem lebensgefährlichen Keim in ein oberösterreichisches Spital eingeliefert werden mussten, wurde am Samstag ein weiterer Verdachtsfall bestätigt. Ein deutscher Schauspieler, der in Linz arbeitet, liege mit den Symptomen einer EHEC-Erkrankung im Linzer AKh. Bestätigt ist eine Infektion des Mannes aber noch nicht.

Wie die Sprecherin des Krankenhauses, Astrid Petritz, am Samstag bestätigte, sei der Schauspieler vor einigen Tagen bei seiner Mutter in Deutschland zu Besuch gewesen und habe dort auch eine Gurke gegessen. Als er wieder nach Oberösterreich zurückkehrte, trat plötzlich schwerer Durchfall auf. Der Schauspieler musste stationär im Krankenhaus aufgenommen werden. Es sei derzeit aber lediglich ein Verdachtsfall, ob es sich tatsächlich um den EHEC-Keim handle, sei noch nicht bestätigt.

Erkrankter hat Spital schon verlassen
Die beiden bereits nachgewiesen an EHEC erkrankten deutschen Urlauber befinden sich am Weg der Besserung. Einer der beiden konnte das Krankenhaus bereits am Vormittag wieder verlassen und machte sich sogleich auf den Weg nach Hause, berichtete Thomas Kvicala, Sprecher von Gesundheitsminister Alois Stöger. Eine Erstuntersuchung in einem Labor in Linz erbrachte bereits am Freitag die Gewissheit, dass die Männer an EHEC erkrankt sind. Am Samstag hat auch das Referenzlabor in Graz bestätigt, dass es sich um die Durchfallerkrankung EHEC handelt. Am Montag soll feststehen, um welchen Serotyp es geht.

Die beiden Männer waren etwa zwei Wochen lang von Norddeutschland her mit dem Fahrrad unterwegs gewesen. Vor drei bis vier Tagen seien dann die Symptome aufgetreten, sagte Pamela Rendi-Wagner, Leiterin der Sektion für öffentliche Gesundheit im Gesundheitsministerium, am Freitag. Wie sie weiter erklärte, dauere die Inkubationszeit bis zu zehn Tage, daher könne man derzeit auch noch nicht sagen, wo sich die beiden Deutschen angesteckt hätten. Die beiden Männer stammen aus Schleswig-Holstein.

Bereits zehn Todesopfer in Deutschland
In Deutschland, wo mittlerweile in allen Bundesländern Verdachtsfälle aufgetreten sind, starben bereits zehn Menschen an dem Keim. Weitere sind schwer erkrankt. Binnen einer Woche wurden in Deutschland rund 1.000 bestätigte Fälle und Verdachtsfälle registriert. Mehrere Infizierte sind so schwer erkrankt, dass weitere Todesfälle nicht auszuschließen sind. Von einer EHEC-Epidemie wollte man beim Robert-Koch-Institut in Berlin trotzdem noch nicht sprechen. Der Ausbruch sei noch zu regional und dauere nicht lange genug an, sagte eine Sprecherin.

Der gefährliche EHEC-Keim kann das Hämolytisch-Urämische Syndrom auslösen. HUS ist eine schwere Verlaufsform der durch EHEC ausgelösten blutigen Durchfälle, bei der giftige Stoffwechselprodukte des Bakteriums zu Nierenschäden führen können. Im schlimmsten Fall kann eine Erkrankung zum Tod führen.

EHEC-Keim breitet sich in Europa aus
Inzwischen breitet sich der EHEC-Keim auch in anderen europäischen Ländern aus. In Dänemark und Schweden sind bis Freitag über 30 Krankheitsfälle nachgewiesen worden, wie die Gesundheitsbehörden in Kopenhagen und Stockholm mitteilten. Auch in Großbritannien und den Niederlanden wurden erste Krankheitsfälle festgestellt. Laut offiziellen Angaben sollen die Betroffenen zuvor in Deutschland auf Reisen gewesen sein.

Wie die EU-Kommission am Freitagabend mitteilte, sei zudem eine Lieferung spanischer Gurken aus Deutschland nach Dänemark gegangen. Kopenhagen habe das Gemüse bereits vom Markt genommen. Schweden wiederum warnte seine Bürger schon vor Reisen nach Deutschland und rief zu besonderer Vorsicht auf.

Spanische Gurken als Quelle für den Erreger?
Auf der Suche nach einer Quelle für den Erreger waren Experten am Donnerstag fündig geworden: Gurken aus Spanien sollen zumindest für einen Teil der Infektionen verantwortlich sein. Neben Gurken ist RKI-Experte Burger zufolge jedoch auch bei rohen Tomaten und Salat weiter Vorsicht geboten: "Vor dem Verzehr dieser Gemüsesorten in roher Form wird gewarnt." (Tipps, wie du dich vor einer Ansteckung schützen kannst, findest du in der Infobox.)

Ganz Europa blickt nun verächtlich auf Spanien, doch das möchte sich dort niemand gefalllen lassen. Politiker warnten deshalb davor, spanische Agrarprodukte global unter Verdacht zu stellen. "Wir dürfen uns nicht auf dem Gebiet von Spekulationen bewegen", sagte der Staatssekretär im Madrider Agrarministerium, Josep Puxeu. Man habe bei der EU eine Beschwerde gegen die deutschen Berichte eingelegt, Berlin habe gegen EU-Regeln verstoßen. Die Behörden hätten zuerst die Presse unterrichtet und nicht - wie vorgeschrieben - die Instanzen der EU. Dadurch drohten der spanischen Landwirtschaft große Verluste.

Es stehe keineswegs fest, ob die Gurken bei der Herstellung in Spanien mit dem Erreger befallen worden seien. Vielmehr sei es durchaus möglich, dass es auf dem Transport oder bei der Verarbeitung in Deutschland zu einer Kontaminierung gekommen sei. "Wir dürfen ein Problem, das punktuell an einer Stelle aufgetreten ist, nicht verallgemeinern und nicht einen ganzen Exportsektor, ein ganzes Land oder mehrere Länder an den Pranger stellen."

Produktion in spanischen Gurken-Betrieben geht weiter
Die spanischen Gesundheitsbehörden leiteten Untersuchungen ein, um herauszufinden, wo die Erreger ihren Ursprung hatten. Dazu setzten sie sich mit zwei Agrarbetrieben in der südspanischen Region Andalusien in Verbindung, aus denen die kontaminierten Gurken stammen könnten. Eine Mitteilung der EU-Kommission am Freitagabend,wonach diese Betriebe in Almeria und Malaga vorsichtshalber vorläufig geschlossen worden seien, wurde allerdings aus Spanien dementiert. Es seien lediglich eine bestimmte Anzahl Gurken sichergestellt, sowie Boden-, Wasser und Produktproben genommen worden.

Die Produktion in den beiden Betrieben sei in keiner Weise gestoppt worden, teilte das Gesundheitsministerium der Region Andalusien in der Nacht auf Samstag in Sevilla mit. Einer der Landwirte in Spanien setzte sich gegen die Vorwürfe zur Wehr. Die bei ihm beanstandete Gurke gehöre zu einer Lieferung, die auf dem Hamburger Großmarkt auf den Boden gefallen sei. Möglicherweise sei sie dabei verunreinigt worden, hieß es bei Frunet Bio in Algarrobo in Malaga.

In einer Reaktion sagte Hans Joachim Conrad, Vorstandschef der Verwaltungsgenossenschaft des Hamburger Großmarktes, am Freitag: "Wir treiben hier keine Kuhherden durch die Hallen." Auch der Vorsitzende des Bundesverbands der Lebensmittelkontrolleure in Köln, Martin Müller, hielt dies für unwahrscheinlich: "So was kann passieren, aber da müsste eine ganze Lkw-Ladung auf den Boden gefallen sein. Ein, zwei Fälle - ok. Aber wie viele Gurken müssen da hingefallen sein, damit dieser Fall eintreten kann?" Denkbar wäre Müller zufolge, dass die Gurken gewaschen wurden, bevor sie verpackt oder auf die Reise geschickt wurden - und dabei mit den Bakterien in Kontakt kamen.

Lidl: EHEC-verseuchte Gurken nicht im Verkauf
Die heimische Lebensmittelkette Lidl hat unterdessen ausgeschlossen, EHEC-verseuchte Gurken im Sortiment gehabt zu haben. Wie das Unternehmen am Freitagnachmittag in einer Aussendung mitteilte, haben die internen Kontrollen ergeben, dass die von den Behörden als Infektionsquelle genannte Charge (Lot no. L1803 TD-TF) nicht an Lidl Austria geliefert wurde. Daher seien die möglicherweise mit EHEC-Bakterien belasteten Salatgurken bei Lidl Österreich nicht im Verkauf gewesen.

Lidl Austria hatte am Dienstag und Mittwoch mitgeteilt, in Vorarlberg und Tirol vereinzelt spanische Salatgurken in den Verkauf gebracht zu haben. Die Produkte wurden am Donnerstag sofort nach Bekanntwerden der Verdachtsfälle in Deutschland umgehend aus dem Handel genommen. 18 Filialen in Tirol und Vorarlberg von österreichweit 197 Filialen hatten teilweise spanische Salatgurken im Verkauf.

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