Noch kein Kassasturz

Budgetloch: Fehlen 30 bis 40 Milliarden Euro?

Österreich
08.11.2013 23:02
Die Debatte um das Budgetloch hat sich am Freitag weiter aufgeheizt: Auch wenn der erwartete Kassasturz der Koalition auf sich warten lässt - Sparbedarf gibt es mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit. Nur wie hoch dieser tatsächlich ausfallen wird, bleibt derzeit offen. Während die Chefverhandler von SPÖ und ÖVP nach einem Treffen mit Experten keine Zahlen nennen wollten, sprach Vorarlbergs VP-Landeschef Markus Wallner von Schätzungen, wonach im Budget bis 2018 gar 30 bis 40 Milliarden Euro fehlen könnten.

Weder SP-Finanzstaatssekretär Andreas Schieder noch Oberösterreichs VP-Landeschef Josef Pühringer wollten nach der zweieinhalbstündigen Verhandlungsrunde, zu der auch die Chefs der beiden Wirtschaftsforschungsinstitute Wifo und IHS, der Statistik Austria und der Nationalbank beigezogen wurden, konkret beziffern, wie viel Geld im Budget bis 2018 fehlen könnte. Es gebe unterschiedlichste Bandbreiten und es wäre unseriös, derzeit eine konkrete Zahl zu nennen, meinte Schieder. Laut Pühringer gab es am Freitag nur einen Zwischenbericht, der Endbericht soll erst kommende Woche vorliegen.

Fehlen sechs bis acht Milliarden Euro jährlich?
Der Vorarlberger VP-Verhandler Wallner wartete hingegen mit neuen alarmierenden Zahlen auf. Er berichtete von vorläufigen Schätzungen, wonach jährlich bis zu sechs bis acht Milliarden Euro im Staatshaushalt fehlen könnten - ergibt bis zum Ende der Legislaturperiode eine Lücke von insgesamt 30 bis 40 Milliarden Euro. WIFO-Chef Karl Aiginger bestätigte gegenüber der "Krone" diese Zahl. Und er warnt: Die Lücke im Budget könnte sogar noch wachsen – vor allem, wenn die Regierung geplante Zukunftsinvestitionen, etwa mehr Geld für Bildung, tätige und wenn es eine Steuerentlastungsreform gebe.

Den größten Brocken des fehlenden Betrags machen, so Aiginger, Steuern, die niedriger als geplant ausgefallen sind, aus. Etwa zehn Milliarden gehen auf das Konto der Pensionen, der Rest entfällt auf die Bankenhilfe. Von einem Sparpaket will der WIFO-Chef nicht sprechen, sondern von einem "Reformpaket". Laut Aiginger werde sich eine Nettoentlastung erst 2017/2018 ausgehen. Dennoch sei es möglich, den Faktor Arbeit zu reduzieren – doch der Betrag müsse durch Erhöhungen bei anderen Steuern, etwa Tabak- oder Grundsteuer, wieder hereingebracht werden.

"Es ist nicht nur ein bewältigbares Problem, es ist ein Problem, dem sich die nächste Regierung mit gutem Gewissen stellen kann", stellte Schieder wiederum Spekulationen über ein "riesiges Budgetloch" in Abrede. Ob der aktuelle Budgetpfad 1:1 eingehalten werden könne oder ob es Korrekturmaßnahmen brauche, werde vor allem von der Kärntner Hypo Alpe Adria abhängen, so der Finanzstaatssekretär.

Schieder und Pühringer leugnen Trickserei bei Budgetzahlen
Dass die Regierung beim letzten Finanzrahmen im Frühjahr die aktuellen Wirtschaftsprognosen nicht berücksichtigt hat, verteidigte Schieder. Er verwies darauf, dass der tatsächliche Budgetvollzug bisher immer besser gewesen sei als die mittelfristige Planung. Das werde auch heuer - trotz des zwischenzeitlich erfolgten Konjunktureinbruchs - der Fall sein. Den Vorwurf der Opposition, die Budgetlage im Wahlkampf verschleiert zu haben, wies der Finanzstaatssekretär zurück: "Man ist wie jedes Jahr bei der Erstellung des Finanzrahmens vorgegangen."

Pühringer verwies zudem darauf, dass es neben dem Konjunktureinbruch auch noch zusätzliche, im Frühjahr nicht absehbargewesene Probleme bei den Pensionen gebe, weil das Antrittsalter nicht wie erwartet ansteigt. Auch für die Probleme der Hypo Alpe Adria sei die Regierung nicht verantwortlich. "Niemand wird bewusst tricksen, ich schließe das aus."

Die Experten gaben hingegen nach der Sitzung keine Stellungnahme ab. Weshalb am Freitag kein Endbericht erfolgte, blieb vorerst unklar. Laut SP-Verhandler Christoph Matznetter gibt es aber unter anderem noch Unklarheiten bezüglich der aktuellen – pessimistischen - Einschätzung der EU-Kommission über die österreichische Budgetentwicklung.

Sparpaket: Spindelegger will auf Endbericht warten
Keine konkrete Festlegung auf ein Sparpaket gab es vorerst von ÖVP-Chef Michael Spindelegger. Er will den Bericht der Finanzverhandler abwarten, erst danach lasse sich feststellen, wie das Budgetloch gestopft werden soll. Der Fehlbetrag entstehe erst in der Zukunft, und in den Verhandlungen mit der SPÖ gehe es nun darum, die Rahmenbedingungen für die nächsten fünf Jahre abzustecken, so Spindelegger am Rande der Nationalrats-Präsidiale.

Wifo-Chef: Nulldefizit 2016 "nicht mehr haltbar"
Wifo-Chef Karl Aiginger meinte am Abend in der "ZiB 2", dass das angestrebte Nulldefizit im Jahr 2016 "nicht mehr haltbar" sei. "Wir sollten hier etwas bescheidener sein", sagte Aiginger. Das zuvor kolportierte Einsparvolumen von sechs bis acht Milliarden Euro pro Jahr bestätigte er, ebenso die 30 bis 40 Milliarden bis 2018 - "durchaus realistisch", so Aigingers Einschätzung, "das ist das, was einzusparen ist".

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