1,6 Mrd. sind fällig

Athen will Kredit an IWF nicht zurückzahlen

Wirtschaft
29.06.2015 22:34
Nach dem Scheitern der Verhandlungen mit Griechenland in der Schuldenkrise am Wochenende läuft am Dienstag das Rettungsprogramm der EU ohne Verlängerung aus. Gleichzeitig müsste die Regierung in Athen eine Kreditrate in der Höhe von 1,6 Milliarden Euro an den Internationalen Währungsfonds zurückzahlen. Doch wie ein Regierungssprecher am Montagabend erklärte, werde es nicht zu dieser Überweisung kommen. Somit ist Griechenland das erste Industrieland, das beim IWF in Zahlungsrückstand gerät.

Unmittelbar bedeutet das zwar noch nicht den Zahlungsausfall Griechenlands, zunächst würde eine Mahnung an die Regierung in Athen ergehen. Erst nach einem monatelangen Prozess - so sehen es die Regeln des IWF vor - stünde dann die Veröffentlichung einer formellen Erklärung des IWF an. In diesem würde festgestellt, dass Griechenland von jeglichen Hilfen und Rückgriffen auf IWF-Mittel abgeschnitten sei - bis die versäumten Zahlungsverpflichtungen erfüllt seien. Doch allein die Tatsache, dass im Gegensatz zu den bisher pünktlich geleisteten Rückzahlungen Athen in Verzug gerät, dürfte keine positiven Signale an die Finanzmärkte und die internationalen Gläubiger aussenden, die nun immer mehr mit einer Staatspleite und einem Ausstieg aus dem Euro rechnen.

Kapitalverkehrskontrollen und Bankenschließungen
Premier Alexis Tsipras kündigte am Sonntag bereits an, dass Kapitalverkehrskontrollen eingeführt werden. Darunter versteht man eine Obergrenze für Abhebungen und Überweisungen ins Ausland. Ausländische Besucher sollen aber weiter unbegrenzt Geld an Automaten abheben können, hieß es dann in der Nacht auf Montag. Zudem wurde in einer in Athen veröffentlichten amtlichen Mitteilung festgelegt, dass die Banken am Montag nicht öffnen werden .

Die Bankenschließung soll bis Donnerstag andauern. Aber auch am Donnerstag soll es nur zu einer temporären Öffnung kommen, damit die Pensionen ausgezahlt werden können. Diese Ausnahme gelte für schätzungsweise 850 Filialen, hieß es in Athen. Sie blieben ansonsten die gesamte Woche geschlossen und dürften auch keine anderen Geschäfte abwickeln. Damit sollen ein Ansturm auf die Banken und ein Zusammenbruch des Finanzsystems verhindert werden, denn seit Monaten ziehen Unternehmen und Privatleute aus Sorge um den Verbleib des Landes in der Eurozone Milliarden von ihren Konten ab. Auch am Montag kam es zu langen Schlangen vor den Bankomaten des Landes.

Erdbeben auf den Finanzmärkten
Die Folgen des Scheiterns vom Wochenende waren am Montag auch auf den internationalen Aktienmärkten zu spüren. Die Leitbörsen in Fernost schlossen einheitlich mit Verlusten, die Indizes in Europa waren ebenfalls tiefrot. Auch der Euro schwächelte im Vergleich zu anderen Währungen. Wie die Reaktionen auf die Ankündigung vom Montagabend ausfallen werden, bleibt abzuwarten. Durch die Ankündigung der griechischen Regierung, über die Vorschläge der internationalen Geldgeber am kommenden Sonntag ein Referendum abzuhalten, könnte der Abwärtstrend des Euros laut Devisenexperten in den kommenden Tagen ebenfalls anhalten.

Schäuble: Keine Ansteckungsgefahr für andere Länder
Dennoch beruhigte der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble, dass das Auslaufen des Hilfsprogramms für die Griechen ohne eine "dramatische, unkontrollierbare Zuspitzung" ablaufen werde. Er sehe keine Gefahr für eine Ansteckung anderer Euro-Länder. Hätten die Geldgeber den Wünschen der griechischen Regierung einfach nachgegeben, hätte die Eurozone "jede Substanz" verloren. "Europa muss gelassen, klar und entschlossen bleiben", sagte Schäuble.

Merkel: Weiterhin gesprächsbereit, aber kein Schuldenschnitt
Parteikollegin und Kanzlerin Angela Merkel betonte, dass sie trotz des Scheiterns der Verhandlungen am Wochenende weiterhin zu Gesprächen mit Tsipras bereit sei. Gleichzeitig lehnte die Kanzlerin einen weiteren Schuldenschnitt für Griechenland ab. Erlasse man Athen jetzt die Schulden, würde dies an der Krise grundsätzlich nichts ändern. In zwei Jahren würde man wieder vor derselben Situation stehen.

Juncker fühlt sich von Tsipras "verraten"
Der Chef der Eurogruppe, Jeroen Dijsselbloem, erklärte wiederum, dass nach wie vor kein "Grexit" bevorstünde. "Ich wiederhole, dass die Tür bei uns offen bleibt, auch wenn die Möglichkeiten und die Zeit sehr begrenzt sind." In einer sehr emotionalen Rede meinte EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, dass er "das griechische Volk nie hängen lassen würde" und ein "Grexit" für ihn "nie eine Option sein wird". Er zeigte er sich aber persönlich enttäuscht von Premier Tsipras, von dem er sich sogar "verraten" fühle.

Tsipras verbindet sein Amt mit Referendum
Regierungschef Tsipras rechnet mit einer Ablehnung der Gläubiger-Vorschläge und verbindet sogar seine politische Zukunft mit dem Ausgang des Referendums. "Wenn bei der Volksabstimmung über die Forderungen der internationalen Geldgeber am Sonntag ein 'Ja' herauskommt, bin ich nicht für alle Zeiten Ministerpräsident", sagte Tsipras am Montagabend in Athen im staatlichen Fernsehen. Details über das weitere Vorgehen nach der Abstimmung nannte er allerdings nicht. Er sagte lediglich: "Ziel der Volksabstimmung ist die Fortsetzung der Verhandlungen."

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