Täter beging Suizid

Zehn Tote: Das war der blutige Amoklauf in München

Ausland
23.07.2016 12:46

Die bayrische Landeshauptstadt München befindet sich im Ausnahmezustand, nachdem am Freitagabend ein 18-jähriger Deutsch-Iraner beim und im Olympia-Einkaufszentrum neun Menschen, hauptsächlich Jugendliche, erschossen und 16 weitere, darunter auch Kinder, teils schwer verletzt hat. Der Täter, der sich nach dem Blutbad selbst richtete, habe alleine gehandelt, teilte die Münchner Polizei Samstagmittag in einer Pressekonferenz mit. Das Motiv für den "Amoklauf" sei noch unklar, es gebe aber keinen terroristischen Hintergrund.

Der 18-jährige Täter aus München habe keinen Bezug zur Terrormiliz Islamischer Staat gehabt, sagte Polizeipräsident Hubertus Andrä in der Pressekonferenz. Bei Durchsuchungen im Zimmer des Schülers habe man Unterlagen zum Thema Amok gefunden. "Mit dem Thema hat sich der Täter offenbar intensiv beschäftigt", sagte Andrä. Darum geht die Münchner Staatsanwaltschaft davon aus, dass es sich bei der Tat um einen klassischen Amoklauf handelt. Andrä fügte hinzu: "Tat und Täter haben überhaupt keinen Bezug zum Thema Flüchtlinge." Nach Angaben der Ermittler soll der Attentäter auch eine Erkrankung "aus dem depressiven Formenkreis" gehabt haben.

Fast ausschließlich junge Todesopfer
Der junge Mann hatte den Angaben zufolge eine illegale Pistole mit Kaliber 9-Millimeter und mehr als 300 Schuss dabei. Die Seriennummer war ausgefräst. Die meisten der neun Todesopfer waren minderjährig. Zwei 15-Jährige und drei 14-Jährige seien ums Leben gekommen. Die weiteren Opfer seien 17, 19, 20 und 45 Jahre alt gewesen. Unter den neun Todesopfern seien drei Frauen gewesen. 16 weitere Personen seien verletzt worden, drei davon schwebten in Lebensgefahr. Insgesamt seien am Abend und in der Nacht rund 2300 Polizisten im Einsatz gewesen, darunter auch 42 österreichische Cobra-Beamte. Derzeit seien noch 800 Einsatzkräfte vor Ort.

Video zeigt Täter im Schreiduell
Bereits in einer Pressekonferenz in der Nacht hatte Andrä erklärt, dass es sich bei dem 18-jährigen Täter um jene Person handelt, die auf einem Amateurvideo (siehe unten) auf einem Flachdach zu sehen ist. Darin weist der junge Mann in einem Wortgefecht mit einem Augenzeugen darauf hin, dass er "Deutscher" sei.

Mörder richtete sich selbst
Die Leiche des Täters sei am Abend etwa einen Kilometer vom Einkaufszentrum entfernt gefunden worden. Er habe sich selbst getötet, sagte der Polizeipräsident. Der Mann mit deutscher und iranischer Staatsbürgerschaft habe seit mehr als zwei Jahren in München gelebt und sei nie polizeilich aufgefallen.

Der Ablauf der Wahnsinnstat
Nach Angaben von Andrä hatte der 18-Jährige kurz vor 18 Uhr in einem Fast-Food-Restaurant gegenüber dem Olympia-Einkaufszentrum zu schießen begonnen, anschließend gab er auch vor der McDonald's-Filiale Schüsse auf Passanten ab. Danach feuerte er im Olympia-Einkaufszentrum auf Besucher und tötete dort neun Menschen. Anschließend ergriff er die Flucht. Eine Zivilstreife sei schon früh auf den Täter gestoßen und habe auch auf ihn geschossen, ihn aber nicht getroffen. Später sei er dann in einer Seitenstraße beim Einkaufszentrum tot aufgefunden worden, es habe sich herausgestellt, dass er sich selbst erschossen hatte.

Zunächst war aufgrund von Zeugenaussagen noch von drei möglichen Tätern mit "Langwaffen" ausgegangen worden. Sie sollen in einem Auto, das am Tatort mit hoher Geschwindigkeit davongerast sei, gesessen haben. Ermittlungen hätten laut Andrä allerdings ergeben, dass die Männer im Auto unbewaffnet gewesen seien und nichts mit den schrecklichen Geschehnissen zu tun hatten. Es habe auch zahlreiche Hinweise auf Schießereien oder auch Geiselnahmen gegeben, die zu einer "massiven Verunsicherung" geführt hätten, sagte der Polizeipräsident. Alle diese Berichte hätten sich aber als falsch herausgestellt.

Nach den Schüssen war Panik in Teilen der Stadt ausgebrochen, die Polizei rief die Bürger zum Daheimbleiben auf und riegelte den Tatort weiträumig ab. Der gesamte öffentliche Verkehr in München wurde eingestellt, Taxifahrer wurden aufgefordert, keine Fahrgäste mehr aufzunehmen, der Hauptbahnhof wurde evakuiert.

Über der Stadt kreisten stundenlang Hubschrauber. Autofahrer wurden aufgerufen, von den Autobahnen in Richtung der Landeshauptstadt abzufahren, um Einsatzfahrzeugen den Weg nach München freizumachen. Ärzte und Krankenschwestern wurden in die Spitäler gerufen, das Klinikum rechts der Isar löste den Katastrophenfall aus.

SEK stürmte Wohnung des Todesschützen
Nachdem schließlich klar war, dass sich der Täter selbst gerichtet hat, gab die Münchner Polizei eine erste leichte Entwarung. Schwer bewaffnete Einsatzkräfte des Sondereinsatzkommandos (SEK) stürmten dann in der Nacht eine Wohnung im Münchner Stadtteil Maxvorstadt (Video unten). Hier soll der Todesschütze mit seinen Eltern gewohnt haben.

Dramatische Szenen in Handyvideos
Auf Twitter war im Laufe des Abends auch noch ein Handyvideo (siehe unten) des Täters aufgetaucht. Es zeigt den 18-Jährigen, der aus dem Fast-Food-Restaurant kommt und wahllos auf Menschen schießt. Eine Kundin sagte: "Nach den Schüssen ist Panik ausgebrochen. Mitarbeiter sind rausgerannt, Gäste hinterher, Kinder haben geheult."

Auf einem weiteren Video, das ein Augenzeuge aufgenommen hat, ist zu sehen, wie Menschen in Panik davonlaufen.

Die offenen Fragen zu München

  • Woher hat ein 18-jähriger Täter die Schusswaffe?
  • Rief er tatsächlich im McDonald's bei den ersten Schüssen "Allahu Akbar", wie eine Zeugin auf CNN berichtet?
  • Wie sehen die Notfallpläne für eine "Terrorlage" in Österreichs Städten aus? Existieren überhaupt welche?
  • Wo sind die Pläne der EU und unserer Bundesregierung?

Laut Innenministerium "kein Bezug zu Österreich"
Laut dem Sprecher des Innenministeriums in Wien, Karlheinz Grundböck, gibt es bei dem Terroranschlag in München "keinen Bezug zu Österreich". Trotzdem sei die Polizeispezialeinheit Cobra landesweit in Alarmbereitschaft versetzt worden. Zudem seien "entsprechende Sicherheitsmaßnahmen" in allen Bundesländern gesetzt worden, die an Deutschland grenzen. Außerdem seien 42 Cobra-Beamte nach München geschickt worden, um die dortige Polizei zu unterstützen.

Internationale Solidaritätskundgebungen
International trafen zahlreiche Solidaritätskundgebungen ein, österreichische Spitzenpolitiker reagierten bestürzt. "In diesen erschütternden, dramatischen Stunden sind unsere Gedanken und unser Mitgefühl bei den Familien der Opfer von München", teilte Bundeskanzler Christian Kern mit. "Entsetzt über den schrecklichen Angriff von München" zeigte sich auch Vizekanzler Reinhold Mitterlehner. FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache zeigte sich "einfach sprachlos und wütend" darüber, dass der Terror "Einzug hält".

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