Staatsoper live

Wainwright und Kirchschlager als Jazzfest-Hit

Musik
06.07.2015 14:02
Nicht alles hat funktioniert an diesem Abend, aber vieles. Und vieles sehr charmant: Pop-Bombast Rufus Wainwright und Mezzosopranistin Angelika Kirchschlager hatten sich kennengelernt und beschlossen: Wir müssen unbedingt mal was zusammen machen. Einige Jahre und eine Konzertabsage in St. Pölten im Vorjahr später, war es am Sonntagabend im Rahmen des Wiener Jazzfests endlich so weit.
(Bild: kmm)

Zwei Suchende, die sich gefunden haben, standen da auf der Bühne der schwach besetzten Staatsoper. Nervös wie zwei Teenager ob der ungewohnten Rollen blieben beide den Abend über, ist die Salzburgerin doch für gewöhnlich nicht im Jazz- und Musicalmetier zu Hause, während der Kanadier sich in der Regel nicht an Berlioz und Co herantraut. "Ich wette, Elisabeth Schwarzkopf dreht sich gerade im Grabe um", zeigte sich Wainwright unsicher ob des zusammengestellten Programms. Wobei "zusammengestellt" eher der falsche Ausdruck ist, hatte der Abend doch eher den Charakter eines Probenlaufs, eines Works in Progress.

Buntes Programm
Das Meiste lasen die beiden vom Notenblatt ab, beständig zwischen Rodgers und Hammerstein, Jazznummern von Gershwin, Stücken aus der Hollywood-Zeit von Kurt Weill, Berlioz, Poulenc, Schubert oder Stephen-Sondheim-Musicals changierend. Auch ein Countrysong aus "Brokeback Mountain" über einen schwulen Cowboy, den Wainwright dem US-Höchstgericht widmete, das kürzlich das Eheverbot für Homosexuelle aufgehoben hatte, schaffte es ins Line-up.

Bisweilen wirkte der stete Wechsel der beiden Sänger und der Stilrichtungen etwas hektisch, gleichsam als Zeichen, das beide selbst nicht so recht wissen, was sie mit der Idee ihrer Zusammenarbeit genau anfangen sollen. Und so probierte man sich durch die Musikgeschichte. Manchmal ergab sich dabei ein etwas unschöner Kontrast, wenn Kirchschlager mit ihrem klassischen Mezzo Jazz singt, was ähnlich deplatziert wie ein Abendkleid auf der Kegelbahn wirkt. Da fehlt der 49-Jährigen der Bruch in der Stimme, die gewisse Dreckigkeit.

Kleine Überraschungen
Doch manchmal bekommen Lieder Flügel, entdecken selbst neue Facetten an sich, wenn Kirchschlager drei Stücke aus Wainwrights Liedzyklus "All Days Are Nights: Songs For Lulu" singt, die mit ihrer Interpretation in die Nähe von Schubert oder Schumann rücken. Oder wenn Wainwright sich Hector Berlioz annimmt und die gut 150 Jahre alten Lieder in die Jetztzeit transponiert - was ihn selbst vielleicht am meisten verblüffte: "Hier kommt also noch ein deprimierendes Lied." Umgekehrt zeigte sich Kirchschlager irritiert, wenn sie auf ausdrücklichen Wunsch ihres Bühnenpartners Schuberts "Gretchen am Spinnrade" vorträgt - aber nicht akustisch: "Mit Mikro habe es auch noch nicht gesungen. Das macht einen Unterschied - ich weiß nur noch nicht welchen!"

Dafür wird das abschließende Leonard-Cohen-Cover "Halleluja" von beiden akustisch intoniert, nachdem der quirlige Sänger entdeckt hat, dass die Staatsoper auch ohne Mikrofon eine gute Akustik hat. Es sind diese raren Momente, in denen beide gemeinsam auf der Bühne stehen, in denen der Abend seinen ganzen Charme entfaltet. Da geht bei dem ungleichen Duo, bei dem jeder stimmlich in der Lage ist, den höheren Part zu übernehmen, ein Mash-Up von Edith Piaf und Händel ebenso zusammen wie ein Stück der Dreigroschenoper, für die sich Wainwright eigens an so etwas ähnlichem wie Deutsch versucht. Dann haben sich zwei musikalisch Suchende für einige Zeit gefunden, bevor der nächste künstlerische Hafen angesteuert wird. Spaß hat es jedenfalls gemacht, auch Kirchschlager, wie sie zum Abschluss beteuerte: "Mit Rufus auf der Bühne zu stehen, ist für mich, wie nach Disneyland fahren."

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