Festivalauftakt

Nova Rock: Wikinger, Wrestling und Wetterkapriolen

Musik
10.06.2016 01:54

Leichter Nieselregen und moderate Temperaturen zum Auftakt des viertägigen Nova-Rock-Festivals. Der Warm-Up-Tag bei der zwölften Auflage der Veranstaltung bot ein buntes Potpourri aus walzendem Death Metal, frechem Punk Rock und altgedientem Nu Metal. Heute regiert der Austropop auf den Pannonia Fields.

(Bild: kmm)

Nur drei Tage Pause zum Verschnaufen blieb denjenigen, die sich nach der Rock in Vienna-Sause auch noch auf die burgenländischen Pannonia Fields bewegten, um sich vier Tage lang von harten Riffs beim Nova Rock volldröhnen zu lassen. Die enge Programmierung der beiden Festivals geriet aber keinem zum Nachteil. Verbuchten die Veranstalter auf der Wiener Donauinsel 90.000 Fans, kalkulieren die Nova-Macher sogar mit der doppelten Menge, was einen neuen Rekord bedeuten würde. Vor dem etatmäßigen Festival-Beginn wurde in diesem Jahr auch ein Warm-Up-Tag eingeschoben, der bereits mit einigen Hochkarätern auftrumpfen konnte. Die sengende Sommersonne, die das Burgenland die Tage zuvor bestrahlte, verzog sich in den Hintergrund, partielle Regenfälle konnten die Auftaktstimmung aber nicht trüben. Dass vorerst nur die "Blue Stage" bespielt wurde, brachte zwar so manchen Stau im Wavebreaker-Bereich mit sich, großer Einteilungsstress blieb aber außen vor.

Mit dem Schiff nach Europa
Den undankbaren Part des Festival-Openers besetzten die burgenländischen Lokalpatrioten A Caustic Fate, die mit ihrer Mischung aus Pop, Rock und Metal für erste Jubelstürme sorgten. Der mit Keyboards versetzte, eher symphonisch gehaltene Metal von Skillet diente als gutes Aufwärmprogramm für die US-Alternative-Metaller Breaking Benjamin, die erstmals überhaupt für Shows nach Europa kamen. Grund dafür sind die zahlreichen Phobien des charismatischen Sängers Benjamin Burnley - darunter auch mit akuter Flugangst. Dadurch war eine neuntägige Anreise mit dem Schiff nötig - das Publikum dankte dieser einzigartigen Geschichte und den bekömmlichen, aber wenig aufregenden Songs der Band aus Pennsylvania, die sich mit Cover-Versionen von Nirvana oder Metallica lieber im sicheren Segment bewegten.

Die erste positive Überraschung des Festivals waren die obskuren Puscifer rund um Mastermind Maynard James Keenan, der seine ihm stets huldigenden Fans seit mittlerweile zehn Jahren auf ein neues Tool-Werk warten lässt. Seine aus einem Comedy-Projekt entstandene Spielwiese verkürzt diese Wartezeit zumindest live erheblich. Das Bühnenbild mit kostümierten Wrestlern, Videowalls und einem Ring, in dem während des Konzerts auch gekämpft wird ist ähnlich gewöhnungsbedürftig wie die Musik, die irgendwo zwischen Hard Rock und Elektronik pendelt, aber stets experimentell vonstattengeht. Das Publikum wird bei der Österreich-Premiere des Kollektivs erst langsam mit dem Dargebotenen warm, spätestens bei Songs wie "Breathe" oder "Conditions Of My Parole" ist der Bann aber gebrochen und aus vereinzelten Becherwürfen entwickelt sich eine distanzierte Liebesbeziehung zwischen Musiker und Fans. Rein musikalisch hätte die stilistisch vielseitige Melange vielleicht eher auf das Frequency gepasst, als Gesamtpaket erwies sich der Gig aber als kunstvolle Abwechslung vom rockig/metallischen Einerlei. Tool lassen trotzdem weiter auf sich warten.

Wikinger auf Platz eins
Kurz darauf erscheinen zwei überdimensionierte Drachenköpfe, Runensteine und wechselnde Bühnenbanner in der Szenerie, der Stilbruch könnte nicht drastischer sein. Nach dem introspektiven Kunstprogramm gibt es melodisch-schnörkelloses Death-Metal-Gebolze der Schweden von Amon Amarth, die mit ihrem aktuellen Album "Jomsviking" den ersten Platz der österreichischen Album-Charts erreichten. Der Grund für den immensen Erfolg im Mainstream ist nicht nur beim zweifellos guten Songwriting zu verorten, sondern auch bei der Pionierarbeit im Livebereich, denn die Schweden tourten bereits zu Zeiten von halbwegs erfolgreichen Albumverkaufszahlen beständig durch die Lande. Die Show selbst strotzt nur so vor nordischen Sagenklischees, entfacht aber gerade deshalb eine bestimmte Magie, die das Publikum willentlich aufsaugt und mit einem Energieschub an die Band zurückgibt. Mit "The Pursuit Of Vikings" oder "Death In Fire" schrieben Amon Amarth zudem regelrechte Hymnen, die sich mit Blastbeat-Attacken, Nebelschwaden und Donnergrollen zu einem bedrohlichen Metal-Wirbelsturm vermengen. Der große Wermutstropfen: Kennt man einen Song, kennt man im Prinzip alle.

Die darauffolgenden Billy Talent waren für viele Anwesenden der eigentliche Headliner des Tages, denn das kanadische Punkrock-Quartett zeigte sich zuletzt bei diversen europäischen Festivalauftritten in Topform und veröffentlicht Ende Juli mit "Afraid Of Heights" endlich wieder ein neues Studioalbum. Der Titeltrack und das bereits veröffentlichte "Louder Than The DJ" gaben auch im Burgenland einen ersten Vorgeschmack auf das zu Erwartende und eines ist gewiss - von der gängigen Erfolgsformel weichen Sänger Ben Kowalewicz und Co. wie erwartet nicht ab. Die nasale, manchmal sogar an die Comicfigur Spongebob erinnernde Stimmlage des Frontmanns ist neben den flotten Riffs längst das Markenzeichen der Band, das bei knalligen Lichteffekten Songs wie "Devil In A Midnight Mass" oder "Surrender" am besten zur Geltung kommt. Der für den an Multipler Sklerose erkrankten Drummer Aaron Solowoniuk eingesprungene Jordan Hastings macht seine Sache routiniert und fehlerlos. Irgendwie fehlte dem Auftritt das gewisse Etwas - das können die Kanadier dann aber auch bei den österreichischen Hallenauftritten im November nachholen.

Altgedienter Nu-Metal
Mittlerweile hat sich längst konstanter Nieselregen über das Nova-Rock-Gelände gelegt, von heftigen Schauern bleiben die vielen Fans vor der randvollen "Blue Stage" aber verschont. Obwohl die amerikanischen Nu-Metal-Heroen Korn seit mittlerweile drei Jahren kein neues Studiomaterial mehr auf den Markt gebracht haben, reicht es immer noch für Headlinerposten auf Festivals in Europa. Beim Nova Rock verzögert sich der Beginn erst um knapp 15 Minuten, doch der charismatische Sänger Jonathan Davis hat seine treuen Fans von Anfang an im Griff und im Gegensatz zum etwas hüftsteifen Auftritt beim Seerock in Graz (Juli 2015) wirkt die Band heute fit und ausgeruht. Dass man immer wieder mit technischen Problemen zu kämpfen hat, ist zwar unverkennbar, doch bei einer derartigen Hitdichte ("Here To Stay", "Blind", "Got The Life") können so manche Kinderkrankheiten verschmerzt werden. "Freak On A Leash" vollendet die Reise in nostalgische Millenniumsgefilde - mit Disturbed, Wanda und der EAV startet das Nova Rock heute erstmals auf beiden Bühnen durch. Hoffentlich bei angenehmen Temperaturen und Sonnenschein.

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