Kurz-Abkühlung

Nova Rock: Tag 2 mit den Toten Hosen und Ambros

Musik
14.06.2015 11:30
Endlich Abkühlung - nach tropischen Temperaturen hat der Himmel am Samstagabend über dem Nova-Rock-Gelände endlich seine Schleusen geöffnet und ließ bei den Fantastischen Vier das heiß ersehnte kühle Nass hernieder. Die Gewitterwarnung verpuffte schließlich, wodurch Die Toten Hosen und Austropop-Legende Wolfgang Ambros den Abend souverän beschließen konnten.
(Bild: kmm)

Nach der brütenden Mittagshitze waren die Tausenden Festivalbesucher sichtlich erleichtert, als sich ein paar Wolken vor die Sonne schoben und Wind aufkam. Diesen verursachten die Kraftklub-Fans zum guten Teil aber selbst, gab es vor der Bühne doch kein Halten mehr. "Ich will nicht nach Berlin", "Karl-Marx-Stadt" oder "Scheiß in die Disco" fegten über die Pannonia Fields hinweg, während die Hände in die Luft geworfen wurden und kaum ein Stein auf dem anderen blieb. Sänger Felix Brummer präsentierte sich zudem als gekonnter Anheizer, ließ das Publikum mit den T-Shirts Wirbel erzeugen und sprintete nicht nur einmal vom linken zum rechten Bühnenrand.

Papa Roach wieder wie zu ihren besten Zeiten
Ähnlich motiviert waren nur wenige Minuten später Papa Roach: Die Gruppe um Jacoby Shaddix war Anfang der 2000er im Nu-Metal-Sog groß geworden, drohte aber alsbald wieder in der Versenkung zu verschwinden. Ihren Kritikern haben die vier Herren im mittleren Alter aber längst ein Schnippchen geschlagen, ziehen sie doch wie zu ihren besten Zeiten mit Hymnen a la "Last Resort" vorwiegend die moshfreudige Jugend an. Dennoch verwunderte es nicht, dass sehr früh etliche Stücke des Debüts und Durchbruchalbums "Infest" intoniert wurden. "Between Angels and Insects" gelang dabei als eindeutiger Höhepunkt, ist es doch auch 15 Jahre nach Entstehung immer noch ein zwingender Rocksong mit modernen Elementen und einnehmender Melodie.

Trotz unbarmherziger Hitze gute Stimmung
Abräumer bei sengender Sonne waren Blues Pills, die würdevoll den Sound und das Flair der 60er-Jahre auferstehen ließen, sowie der britische Folkpunker Frank Turner. Pills-Sängerin Elin Larsson begeisterte mit ihrer Stimme und ihrem stilvollen Auftreten. Mit ihren Mitstreitern zelebrierte die Schwedin eine Mischung aus Blues und Rock und lockte damit eine beachtliche Menge aus den begehrten Schattenplätzen. Anschließend entführten die reformierten L7 in die Grunge-Ära. Die Damen hatten Spaß, bei gesetzterem Publikum wurden Jugenderinnerungen wach.

Turner, ohnehin kein Kind von Traurigkeit, ließ sich von den äußeren Umständen nicht beirren und servierte mit seiner Band Sleeping Souls ein energetisches Set mit alten Krachern ("I Still Believe" oder "Four Simple Words" als finaler Höhepunkt) und Vorboten auf das neue Album, das noch im Sommer erscheinen soll. So gab es etwa mit "Get Better" eine Kostprobe, die Lust auf mehr machte, eingängig und kurzweilig gelang und alle Tugenden des 33-Jährigen vereinte.

Ersehnte Regentropfen bei den Fantastischen Vier
Die ersten Tropfen fielen, als die deutsche Rap-Gruppe Die Fantastischen Vier die Blue Stage erklommen. Mehr als ein Vierteljahrhundert haben Smudo, Michi Beck, Thomas D. und And.Ypsilon gemeinsam bereits auf dem Buckel - aber auch im Jahr 2015 heißt es bei den Fantas vorwiegend: Spaß haben und das Leben feiern. Das machte schon der Auftakt mit aktuellen Stücken wie "25" oder "Danke" klar: Sprechgesang zu groovigen Beats und dem gewissen Augenzwinkern, wie man auch bei "Gebt uns ruhig die Schuld" erfuhr. Und doch gab die Hip-Hop-Institution an diesem Abend eigentlich nur den Anheizer.

Perfekte Stadionshow der Toten Hosen
Am Ende des Tages warteten nämlich alle nur auf die zwei großen Highlights - Die Toten Hosen und Wolfgang Ambros. Erstere zeigten einmal mehr eindrucksvoll, dass sie derzeit zu den besten Stadionbands Europas gehören. Bei ihrer explosiven Österreich-Show ließen Campino und Co. nämlich zwei Stunden lang sämtliche großen Hits ihrer beeindruckenden Karriere vom Stapel und lieferten dabei eine hochenergetische Bühnenshow ab. Mit bengalischen Feuern und schwenkenden Fahnen begrüßten die Fans ihre großen Helden, die von "Hier kommt Alex" über "Alles aus Liebe" bis hin zum aktuellen Top-Hit "Tage wie diese" sämtliche Hitpfeile aus dem Köcher zogen.

Gestützt von einer fetten Produktion und einem druckvollen Sound zeigte sich vor allem Campino einmal mehr als talentierter Frontmann vor dem Herrn, suchte gerne das Bad in der Menge und kritisierte FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache beim Song "Nur zur Besuch" direkt. In dieser Form wünschen sich wohl nicht nur die eingesessenen Fans ein baldiges Wiedersehen - "You'll Never Walk Alone" als programmatischer Abschluss. Fast schon kitschig, wie sich der Kreis gegen Mitternacht schloss.

"Austropop, kein Hard Rock"
Nach kurzer Umbauphase war es so weit - Wolfgang Ambros himself betrat die Bühne des Nova Rock und wurde von Veranstalter-Chef Ewald Tatar höchstpersönlich angekündigt ("Was Bruce Springsteen für die USA ist, ist der Woiferl für uns"). Körperlich sichtlich zittrig, aber mit einer gottgesegneten, grantelnden Stimme bedacht, hatte er die gut 20.000 Fans vor der Bühne vom ersten Ton an im Griff und motivierte so manchen sogar zum Crowdsurfen. "Des is ka Hard Rock, des is Austropop", skandierte der 63-Jährige dann auch schnippisch in die Menge und ließ sich frenetisch feiern.

Wer sich anfangs vor einem Skurrilitätenkabinett gefürchtet hat, der konnte am Ende durchatmen, denn Ambros zeigte sich in durchaus bestechender Form. "Jetzt samma scho do, jetzt is a schon wuascht", ließ er schmunzelnd folgen und packte mit "Schaffnerlos", "Zwickt's mi" und "Es lebe der Zentralfriedhof" alle Hadern aus, ließ sogar einen Veranstalter-Wunschsong ("Wem heut ned schlecht is") vom Stapel und überzeugte mit humorigen Ansagen. Ironie am Rande: Im "Krone"-Interview vor dem Auftritt erklärte Ambros, dass er vom Voting zum Nova-Rock-Auftritt gar nichts wusste. "Ich war in Kenia und plötzlich kamen die Glückwunschmails." Danke Woiferl, es war uns ein Volksfest!

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