"Krone"-Rezension

Kitty, Daisy & Lewis: Jugendliche Nostalgie-Liebe

Musik
26.01.2015 17:00
Das britische Geschwister-Trio Kitty, Daisy & Lewis veröffentlicht dieser Tage mit "The Third" ihr drittes Studioalbum und beschreitet dabei einmal mehr völlig neue Wege. Der hohe Nostalgie-Faktor aus Blues, Jazz, R&B und Swing mit so stark wie nie zuvor mit modernen Sound-Fragmenten erweitert.
(Bild: kmm)

Kitty, Daisy & Lewis Durham sind drei Geschwister aus dem Londoner Stadtteil Kentish Town, stehen mitten in ihren Zwanzigern und haben auf den ersten Blick so gar nichts mit der Jugend von heute gemein. Der Grund dafür liegt nicht nur in ihrer Musik, sondern hat auch viel mit Look, Erziehung und Lebenseinstellung zu tun. Wo sich Gleichaltrige im Pop-Mekka Großbritannien an neuesten Indie-Dance-Beats versuchen, den Garage-Rock in die Pubs bringen oder gar die neuen Oasis werden wollen, regiert beim Geschwistertrio akustische Vergangenheitsbewältigung. Viel R&B, Swing und Blues aus den 50er-Jahren vermischen sich mit Elvis-Tolle, Latex-Anzügen und maßgeschneiderten Anzügen.

Musik und Zähneputzen
21, 26 und 24 Jahre (nach Namen geordnet) sind sie mittlerweile alt, standen aber bereits mit Kinderbeinen erstmals auf lokalen Bühnen. Dass sich diese Konzentration auf musikalische Erziehung zum natürlichen Habitat für das Trio entwickelte, verdanken sie nicht zuletzt ihren Eltern. Mama Ingrid Weiss war Schlagzeugerin bei den Post-Punkern The Raincoats (und begeisterte einst auch Grunge-Ikone Kurt Cobain), Papa Graeme Durham Tonstudio-Ingenieur. Das Aufwachsen in einem Gebilde aus Tönen und Noten war für Kitty, Daisy & Lewis so natürlich wie Zähneputzen oder Abendessen. Instrumente und Platten stützten sich im elterlichen Wohnzimmer gegenseitig und schon früh wurden sie ins berühmte Live-Feuer geworfen.

Das gleichnamige Debütalbum 2008 war mit zahlreichen Coverversionen und einem unverkennbaren Hang zum Rockabilly noch ein letzter Sicherheitsgriff, doch drei Jahre später war auf "Smoking In Heaven" die Zeit reif für Eigenkompositionen. Der gemeinsame Nenner beider jugendlicher Gehversuche? Beide Alben wurden in einem Gästezimmer im Hotel Mama aufgenommen. Während sich das Trio auf der einen Seite noch in beschaulicher Nestwärme suhlte, war der Erfolg andererseits nicht mehr aufzuhalten. Auf der einen Seite die familiäre Geborgenheit, welche die Geschlossenheit unter den drei Geschwistern erst ermöglichte, auf der anderen Auftritte im Vorprogramm der Millionenseller Coldplay und beim renommierten Glastonbury Festival.

Gegen Hochglanzproduktionen
Den Vorwurf, eine Art Post-Hippie-Jugend mit ewiggestriger Einstellung zu haben, schmetterte Nesthäkchen Kitty unlängst in einem Interview mit dem "Guardian" ab. "Auch wenn wir unsere Musik auf altmodische Weise aufnehmen,  ist das trotzdem zeitgemäß." Den wohlig-warmen Stall haben die drei für ihr drittes Album "The Third" aber ohnehin verlassen. Erstmals wurde ein Album in einem voll funktionsfähigen Aufnahmestudio eingespielt und mit dem einstigen The-Clash-Sänger und -Gitarrist Mick Jones auch ein kundiger Produzent von außen hinzugezogen. Wie passend, dass der gute Mann seine Punk-Roots nicht vergessen hat, denn mit modernen Hochglanzproduktionen will die Familie Durham nichts zu tun haben.

"Die Majorlabel fühlen sich nicht wohl dabei, ein Popalbum ohne Autotuning oder digitale Aufnahmetechniken zu veröffentlichen", erklärte Daisy in einem Interview, "also endet alles mit demselben Ergebnis: die Stimme, ein maschinengenerierter Beat und irgendwo dazwischen eine Hookline." Kitty, Daisy & Lewis könnten trotz offensichtlicher Professionalisierung nicht weiter vom Schema F entfernt sein. "The Third" suhlt sich musikalisch sehr wohl in längst vergessenen Jahrzehnten, doch die moderne Note und das offensichtliche Bemühen, sich nicht von der Retro-Schiene vereinnahmen zu lassen, sind zu jeder Zeit hörbar.

Versatiles Auftreten
So ist es auch möglich, dass das Trio beim fröhlichen Musizieren so weitläufig wie nie zuvor zur Tat schreitet. Die Single-Auskoppelung "Baby Bye Bye" verbreitet Frühlingsgefühle im Swing-Gewand, "No Action" lässt den Funk durchscheinen, "Good Looking Woman" würden jede Blues-Seele in Memphis freudig hüpfen lassen und auf "Whiskey" und "Developers Disease" wagen sich die Briten gar zaghaft an den amerikanischen Country heran. Die Inspirationspalette reicht dabei tatsächlich von Johnny Cash und Stevie Wonder über T.Rex und Little Richard bis hin zu Beonycé und Adele.

Mit diesem dritten und mit Abstand variabelsten Werk dürfte dem durchstartenden Geschwister-Trio auch in deutschsprachigen Breitengraden der große Durchbruch gelingen. Bislang funktionierte das hauptsächlich mit "Run, Run, Run", ein Song, den sie mit den deutschen Hobby-Cowboys The BossHoss geschrieben haben. Im Wiener Flex können Sie am 1. März übrigens selbst Zeuge des einzigartigen Nostalgie-Pakets aus England werden und mit dem Trio eine Reise in längst vergangene Zeiten antreten. Karten erhalten Sie unter 01/960 96 999 oder im "Krone"-Ticketshop.

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