Old Glory in Wiesen

Deep Purple & Co rockten beim Lovely Days

Musik
11.07.2009 16:03
Mit dem "Lovely Days"-Festival hat am Freitag der Reigen an hochkarätigen Festivals in Wiesen begonnen. Im unter Kennern als wahrscheinlich gemütlichste Konzert-Location Österreichs bekannten "Erdbeerdorf" im Burgenland gastierten dabei fast ausnahmslos alte Hasen - von den legendären Deep Purple über die "Schmuse-Hardrocker" Foreigner bis zu Altmeister Eric Burdon.
(Bild: kmm)

Zum vierten Mal ging das "Lovely Days"-Festival bereits über die Bühne. An die erste Ausgabe - damals noch im VAZ St. Pölten - mit Roxy Music, The Who, Billy Idol, Robert Plant und einer Heerschar an Flower-Power-Bands, kam man Line-up-mäßig auch diesmal wieder nicht heran. Die Besucher ließen trotzdem nicht auf sich warten. Mit 8.000 Festivalpilgern war das an einem prächtigen Hang gelegene Gelände in Wiesen restlos ausverkauft. Es hat sich nämlich in den letzten Jahren herumgesprochen, dass zum Lovely Day's "echt leiwaunde Leut'" hingehen.

Der Großteil der Besucher auf dem einzigen deklarierten "Flower Power Festival" des Landes waren auch heuer wieder die Zeitzeugen, die "Wilden" der Generation 45+, die am Freitag zur Abwechslung den Jüngeren zeigten, wie man ordentlich feiert - ohne Pöbeleien und Kampftrinkerei, die heutzutage auf zu vielen Festivals grassiert. Beim Wetter hatten Veranstalter und Publikum übrigens Glück: Pünktlich zum Showbeginn verzogen sich die Wolken und im Laufe des Nachmittags kam immer mehr die Sonne durch.

Um 13.00 Uhr eröffnete das österreichische Duo Rottensteiner & Schönberger mit einer Prise Blues das "Old Glory Festival" in Wiesen. Die beiden Musiker sind in der heimischen Szene keine unbekannten, ist Jürgen Rottensteiner doch Musikmanager beim Geheimtipp-Label Edel und hat sich auf den Lokalbühnen des Landes mit der Blues/World Music-Formation Zwielicht mittlerweile einen Namen gemacht. Den zweiten Auftritt absolvierten die amerikanischen Funk-Crossover-Altmeister von Mother's Finest (Albumdebüt 1976). Die Formation um das Sänger-Ehepaar Joyce "Baby Jean" Kennedy und Glen "Doc" Murdock lieferte einen überzeugenden Gig ab und verjagte die letzten Regenwolken über dem Festivalgelände.

Noch deutlich früher als bei Mother's Finest begann die Karriere der britischen Bluesrock-Band Ten Years After. 1967 veröffentlichte man das erste Album, ein bis heute legendärer Auftritt beim legendären Woodstock-Festival brachte zwei Jahre später den Durchbruch. Bis auf Gründer Alvin Lee, der nach der Reunion Ende der Achtzigerjahre die Band 2003 wieder verließ, spielt das Quartett noch heute in Originalbesetzung. Lees Platz eingenommen hat Joe Gooch, der um knapp 30 Jahre jünger ist als seine Mitstreiter, sich aber gut in die Band einfügt.

Ten Years After spielten überwiegend alte Klassikern wie "Love Like A Man", "Angry Words", "50.000 Miles Beneath My Brain" und "Big Black 45". Höhepunkt des einstündigen Auftritts war der Klassiker "I'm Going Home", der mit einigen Takten von Carl Perkins "Blues Suede Shoes" verbrämt wurde. "Wir spielen noch schnell eine Nummer, dann könnt ihr nach Hause gehen", witzelte Bassist Leo  Lyons, bevor die Band noch eine Zugabe, ein kurze Blues-Nummer, spielte.

Mit Spannung war der Auftritt von Bluesrock-Altmeister Eric Burdon erwartet worden, der um 17.15 Uhr die Bühne betrat. Der 68-Jährige veröffentlichte 1962 sein erstes Album mit den legendären Animals und durfte sich als längstdienender Künstler im Line-up loben. An Kraft hat der Engländer, der die Karriereleiter Hand in Hand mit Whiskey und seinem Lieblingstrunk, spanischem Rotwein, empor kletterte, nichts eingebüßt.

Neben einer Auswahl an Klassikern aus dem eigenen Repertoire (etwa dem Opener "When I Was Young" oder der Zugabe "Sky Pilots") bot Burdon in einer 70-minütigen Show auch einen Streifzug durch die Rhythm-and-Blues-Geschichte von Ray Charles ("I Believe To My Soul") bis John Lee Hooker ("Boom Boom Boom"). Auch "Don't Let Me Be Misunderstood", "War" und "San Francisco Nights" durften nicht fehlen. Highlight: Eine Akustik-Version von "House Of The Rising Sun", die letztendlich in ein ekstatisches Rock-Spektakel mündete.

Das aufkeimende Woodstock-Flair unterbrachen kurz nach 19.00 Uhr jäh die Schmuse-Rocker von Foreigner. Auch heuer war es dem österreichischen Publikum nicht vergönnt, die Formation mit Jason Bonham am Schlagzeug hören zu dürfen. Beim Konzert 2007 in der Arena Wien spielte der Sohn des Led-Zeppelin-Drumers John gerade mit Papas alten Spezis in London, 2008 verabschiedete er sich dann von Foreigner. Was blieb, ist das durchsichtige Acryl-Schlagzeug, an dem jetzt Ex-Billy-Idol-Schlagzeuger Brian Tichy werkt.

Von der Originalbesetzung des britisch-amerikanischen Sextetts, das mit eingängigem, melodiös-melancholischem Hardrock-Sound von Ende der 70er- bis Mitte der 80er-Jahre seine größten Erfolge feierte und bis 2005 weltweit über 50 Millionen Tonträger verkaufte, ist nur mehr Mick Jones (Gitarre, Keyboard) mit von der Partie. Die Band eröffnete ihren Auftritt mit der Titelnummer des 1979 erschienenen Albums "Double Vision". Nach "Head Games" folgten dann die beiden Mega-Hits "Cold As Ice" und "Waiting For A Girl Like You", "Dirty White Boy" und – in einer "Unplugged"-Version - "Say You Will". Der Auftritt von Foreigner kam vorallem bei der Damenwelt gut an. Als Zugaben gab es nach 70 Minuten schließlich noch den Schmuse-Hit "I Want To Know What Love Is" und das rockige "Hot Blooded".

Zunächst mit verhaltenem Applaus wurden dann um 21 Uhr die Co-Headliner des "Lovely Days"-Festivals begrüßt. Die Mitglieder der Australian Pink Floyd Show haben es sich auf den Leib geschrieben, das Gesamtwerk der legendären Psychedelic-Rock-Band aus England weiterleben zu lassen. Mit authentischen Instrumenten, viel Liebe zum Detail und einer gehörigen Portion Selbstvertrauen für "Shine On You Crazy Diamond" als Opener starteten die Herren und Damen (drei Backgroundsängerinnen) aus Down Under ihre Show. Zunächst kam man sich vor wie auf der Weihnachtsfeier eines Hedge-Fonds, wo Coverbands mit fünfstelliger Gage wohl keine Seltenheit sind (in Zeiten wie diesen überhaupt...). Je länger "Skippy, die Coverband" jedoch spielte, desto mehr trat der "Aber es sind trotzdem nicht die echten Pink Floyd"-Gedanke in den Hintergrund.

Die "Aussie Floyd" präsentierten im Zuge ihrer eineinhalbstündigen Show die wohl bekanntesten Stücke von Pink Floyd, darunter die Klassiker "Time", "Money", "The Great Gig In The Sky", "Wish You Where Here", "Another Brick In The Wall" und "Comfortably Numb". Ob die technisch perfekt vorgetragenen Songs den zweiten Platz im Line-Up rechtfertigen, sei dahingestellt.

Für das Grande Finale marschierte dann kurz nach 23.00 Uhr Deep Purple, die Rockband mit dem Jahrhundert-Gitarrenriff ("Smoke On The Water"), auf und bot eine astreine, virtuouse Show, wie man sie sich von Legenden mit 35-jähriger Erfahrung erwartet. Auf die Kultnummer musste das Publikum allerdings warten, sie tönte erst nach rund einer Stunde, kurz vor Ende des Gigs aus den Boxen. Davor spielte sich das Quintett durch Songs wie "Things I Never Said", "Strange Kind Of Woman", "Rapture Of The Deep" und "Wring That Neck".

Steve Morse, seit 1994 Mitglied der Band, führte an der Gitarre vor, warum er bei einer Ausnahmeformation wie Deep Purple spielt und überzeugte mit minutenlangen, raffinierten und knackigen Soli. Keyboarder Don Airey zeigte gegen Ende des Sets Humor und baute in sein Solo neben Boogie-Woogie-Einsprengseln auch einige Takte des Donauwalzers ein. Mit der Billy-Joe-Royal-Coverversion "Hush" und "Black Night", das mit ein paar Takten des Nazareth-Hits "Ballroom Blitz" verbrämt wurde, endete eine halbe Stunde nach Mitternacht ein "lovely" Festivaltag unter sternenklarem Himmel in Wiesen.

von Christoph Andert und Wilhelm Eder
Fotos: Andreas Graf

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