"Krone"-Interview

Christina Stürmer: “Das Baby kommt mit auf Tour”

Musik
19.04.2016 15:27

Im August ist der prognostizierte Geburtstermin für das erste Kind, davor veröffentlicht Österreichs größter Popstar Christina Stürmer mit "Seite an Seite" aber sein siebentes Studioalbum. Im gemütlichen Gespräch mit der sympathischen Sängerin sprachen wir über die Zukunft mit dem Wechselspiel aus Kind und Karriere, warum das Album tatsächlich das bislang persönlichste ist und wie schnell Geheimnisse aufbrechen können, wenn man kein Bier mehr trinkt.

(Bild: kmm)

"Krone": Du hast im August deinen prognostizierten Geburtstermin und jetzt erscheint dein neues Studioalbum "Seite an Seite" - ein sehr interessanter Termin, wie ich finde. Wäre es von der Vermarktung her nicht vielleicht besser gewesen, die Geburt abzuwarten?
Christina Stürmer:(lacht) Wir schreiben ja bereits zwei Jahre an den Songs und im November 2015 waren sie dann eigentlich fertig und wir haben uns auf die 13 finalen geeinigt. Ich bekomme natürlich ein Wunschkind, aber jeder weiß, dass man eine Schwangerschaft nie wirklich optimal planen kann, das war uns von vornherein klar. Wir hatten den Produzenten und das Studio schon fix gebucht, ich wusste aber, dass ich nach der Veröffentlichung einfach nicht gleich auf Tour gehen kann. Andererseits machen das andere auch nicht mehr so stringent wie früher. Es hätte zudem noch weniger Sinn gemacht, das Album liegen zu lassen und noch ein, zwei Jahre länger zu warten. Das Album ist ja auch eine Momentaufnahme und wäre dann veraltet. Außerdem finde ich es gut und bin sehr stolz darauf, weil ich erstmals sehr viel selbst mitgeschrieben habe. Am Ende war alles perfekt, denn nach den ersten drei Schwangerschaftsmonaten, wo ich sehr müde und kaputt war, kam die Energie zurück und wir gingen auf Tour. Vorher hätte es wohl wenig Sinn gehabt, wenn ich mit der stetigen Morgenübelkeit auf der Bustoilette hänge. (lacht) Jetzt kann ich die Promotion für das Album machen und mir dann die Pause gönnen, die nötig ist.

"Krone": Die Tour kannst du ja dann anschließen, wenn der richtige Zeitpunkt passt...
Stürmer: Das ist schon alles so grob in meinem Kopf. Wenn das Baby dann etwa sechs Monate alt ist, dann könnten wir auf Tour gehen. Ich glaube, das ist machbar, wenn ich es einmal schnell umschnalle. (lacht)

"Krone": Der Vater des Kindes und dein Freund Oliver ist ja auch ein Teil der Band, da bleibt ohnehin nicht viel anderes übrig, als es mitzunehmen.
Stürmer: Ich würde das auch nicht wollen, dass einer von uns beiden dann gezwungen zuhause bleibt.

"Krone": Du siehst die Sache offensichtlich ganz anders als Andreas Gabalier?
Stürmer: Ja. (lacht) Ich will natürlich die ganze Zeit bei dem Kind sein - wo das ist, ist aber egal. Es wird einfach ein Tourbaby und wenn die Eltern glücklich sind, spürt das auch das Kind. Egal, ob wir in Wien oder Klagenfurt spielen, das Kind wird mit Sicherheit heiß geliebt werden. Die ganze Technikcrew bei uns freut sich jetzt schon darauf, weil die Jungs teilweise auch selbst schon Kinder haben. Es sind sehr viele helfende Hände da und ich habe - so wie es auch sein soll - eine hervorragende Unterstützung durch meinen Freund. Ich mache mir wirklich wenig Sorgen, dass hier irgendwas nicht passen könnte.

"Krone": Wenn deine Songs im November bereits gewählt wurden, sind sie inhaltlich aber nicht auf das Kind bezogen?
Stürmer: Überhaupt nicht, nein. Beim Einsingen im Studio wusste ich schon von meiner Schwangerschaft, Teile der Band wussten es noch nicht. In der Euphorie des Wissens, dass man schwanger ist, hat sich da für mich natürlich auch einiges verändert während der Arbeit. Es ging mir alles leichter von der Hand als sonst. (lacht) Gerade im Wissen, dass die ersten drei Monate einer Schwangerschaft auch von der Stimmung her kritisch sein können, habe ich es anfangs bewusst nicht jeden in meinem Bandumkreis erzählt. Die haben das aber alles schnell gecheckt. Vor allem der Produzent, denn für gewöhnlich bin ich um 18/19 Uhr immer die erste, die sich ein Bier aufgemacht hat. Dieses Mal hab ich mir einen Tee gemacht und er hat dann natürlich Lunte gerochen. (lacht)

"Krone": Dass "Seite an Seite" dein persönlichstes Album ist, ist in diesem Fall tatsächlich keine Floskel, da du etwa 80 Prozent des Albums aktiv mitgeschrieben hast. Warum eigentlich erst so spät, beim siebenten Studioalbum, dieser Angriff beim Songwriting?
Stürmer: Die Zeit dazu war einfach da. Ich habe immer sehr gerne mitgeschrieben, aber es waren so viele Sachen zu erledigen, sodass ich nie dazukam. Dass mal ein Songwriter für drei Tage zu uns runterfliegt von Berlin und nur mit mir an Songs schreibt und sonst nichts macht, diese Zeit gab es früher einfach nicht. Wir wollten schon letztes Jahr zum Best-Of-Album ein neues Studioalbum veröffentlichen, aber damals wollten wir diese Best-Of auch in den Fokus stellen, weil ich das schon früher zu meinem zehnjährigen Jubiläum machen wollte. Außerdem interpretierten durch "Sing meinen Song" Yvonne Catterfeld und Die Prinzen Songs von mir und das war natürlich ein Wahnsinn. Dieses Mal konnte ich eben drei Tage schreiben, drei Wochen alles sitzen lassen und dann wieder schreiben, das war super. Ich habe bei den Songwritern sehr auf die Chemie geachtet. Wieder dabei ist Tobias Röger, der auch schon "Millionen Lichter" geschrieben hat und mehr oder weniger neu war Joe Walter (Jennifer Rostock - Anm. d. Red.), mit dem das Schreiben so unendlich viel Spaß gemacht hat. Du musst ja immer viele Songs wegsortieren, aber die Joe-Songs sind alle auf dem Album gelandet. Vieles liegt in der Schublade, weil es eventuell nicht stark genug war oder mich der Song einfach nicht berührte. Das passiert, auch wenn man selbst daran mitgeschrieben hat. Wer will schon einen Song, der nur "nicht weh tut"? (lacht) Ein Song muss natürlich bewegen und berühren.

"Krone": Mit jedem Album kommen viele Ideen wieder in die Schublade - greifst du dort dann jemals wieder rein oder versickern die übriggebliebenen Songs komplett?
Stürmer: Mehr oder weniger sind die Songs erledigt, aber manchmal nimmt man noch eine Idee und bastelt daran herum. Das einzige Mal, wo wir wirklich noch einen Song rausgenommen haben war "Herz in der Hand" auf meinem letzten Album. Wir haben die Nummer noch einmal aufgefrischt und sie passte in dieser Lebensphase einfach perfekt drauf. Dass solche Songs überleben, ist aber äußerst selten. Für "Seite an Seite" haben wir rundum neu angefangen und die Schublade noch nicht einmal angefasst.

"Krone": Ich persönlich finde "Seite an Seite" etwas weniger fröhlich und melancholischer als deine bisherigen Werke. Auch die Up-Tempo-Nummern sind stärker zurückgegangen. Ist das bewusst so passiert?
Stürmer: Es ist durchaus melancholisch, aber schon sehr positiv. Jedenfalls ist es wesentlich nachdenklicher. Ich bin mit Sicherheit ein positiver Mensch, aber ich bin froh, dass das Album jetzt nicht so die Stimmung von "Ha! Das Leben ist so toll und alles perfekt" wiederspiegelt. Manchmal ist so etwas natürlich schön zu hören, aber es gibt einfach nichts Kitschiges bei mir. Damit konnte ich in den letzten zwei Jahren auch nichts anfangen. (lacht)

"Krone": Die Nummer "Du fehlst mir" hast du etwa für deine verstorbene Oma verfasst. Es ist natürlich schön, wenn man ein Erlebnis mit einem Song verarbeiten kann, andererseits musst du diesen Song bis zum Karriereende aber immer wieder spielen und vortragen. Ruft das nicht zu viel Schmerz hervor? War die Entscheidung darüber einen Song zu schreiben überhaupt die richtige?
Stürmer: Dieser Song war auf jeden Fall einer von denjenigen, für die ich im Studio mehr Zeit beim Einsingen brauchte. Mir fiel oft gar nicht auf, dass ich beim Singen nicht die richtige Einstellung hatte, die Stimmung einfach nicht zum Song passte. Ich muss bei so einer Nummer nicht sofort weinen, aber natürlich schwingt viel mit und der Song ist dennoch hoffnungsvoll. Ich spreche jetzt aus eigener Erfahrung, aber ich denke, das kann man auch auf andere Menschen projizieren. Passiert so ein Trauerfall, dann sitzt man in seinem emotionalen Tief mal eine Zeit lang fest und sieht überhaupt nichts Positives. Wenn dann ein pIch vermisse sie natürlich noch heute - manchmal mehr und manchmal weniger, aber wenn ich heute an sie denke, dann ist das positiv und nicht trauernd. Es gibt ja diesen Satz: "Man ist erst dann tot, wenn niemand mehr an dich denkt". Ich denke aber sehr oft an die Oma und habe viele positive Erinnerungen. Ich muss auch lachen, wenn ich drüber nachdenke, wie sie ihr Haus eingerichtet hat, was sie so gesagt hat oder wie ihre Wohnzimmergarnitur aussah. Auch wie es roch, wenn man bei ihr war und sie kochte. Beim Schreiben holte ich mir diese Sachen wieder in Erinnerung und das betrifft eben viele Leute und nicht nur mich und meine Oma.

"Krone": Songs wie "Träum weiter" oder "Immer weiter" suggerieren bereits, dass man sich nicht beirren lassen und seinen Weg weiterverfolgen sollte. Hast du dich früher mal so beirren lassen, dass du das im Nachhinein bereust?
Stürmer: Bereuen ist das falsche Wort, aber nach "Starmania" gab es viele Einflüsterer und jeder wusste alles besser und für eine 20-Jährige war es damals schwer, einmal nein zu sagen oder auf sich selbst zu hören. Ich ließ sicher mehr mit mir machen als das heute der Fall ist. Allein schon die komischen Fotoshootings, wie bescheuert - das würde ich heute gar nicht mehr tun. Als Newcomer ist es natürlich schwierig, nein zu sagen. Natürlich macht der Ton die Musik, aber früher hätte ich mir einfach nichts erlaubt. Hätte ich früher gesagt, die Maskenbildnerin hätte meine linke Augenbraue etwas falsch verstärkt, hätte ich mir schon ein paar Monate lang anhören dürfen, dass die Stürmer eine Zicke ist. Das ist aber ein stetiger Lernprozess. Ich habe natürlich ein paar Sachen gemacht, auf die ich nicht so stolz bin und die ich nicht nochmal machen würde, aber sie haben mich geprägt und ich habe viel dazugelernt. Die Welt ging nicht unter und Fehler macht man immer. Wichtig ist nur, sie nicht zu wiederholen. (lacht)

"Krone": Hat "Seite an Seite" eine Kernbotschaft oder einen roten Faden, den du vermitteln möchtest?
Stürmer: Es ergab sich jedenfalls erst durch das Schreiben, einen Plan hatten wir nicht. Menschlichkeit an sich steht ganz weit vorne. Songs wie "Katapult", "Du fehlst mir" oder "Niemals mehr für immer" stehen alle für verschiedene zwischenmenschliche Situationen.

"Krone": Hast du die Nummern auch um deine eigenen Erfahrungen im Familien- und Freundeskreis aufgebaut?
Stürmer: Bei "Katapult" oder "Träum weiter" können sich sicher andere angesprochen fühlen. Letzterer ist eine Aufforderung zum Träumen, das sollte man nicht verlieren. Es muss ja nicht jeder den großen Traum haben.

"Krone": Andere würden sagen, "weniger träumen, mehr tun" - bei dir klingt das ganz anders.
Stürmer: Träumen heißt ja nicht, man sollte nichts tun. (lacht) Aber ohne Träume und Ziele geht einfach nichts und man wird zu verbissen. Für mich wäre es die falsche Herangehensweise. Der Song "Immer weiter" ist gar nicht wirklich positiv und rutschte eher zufällig auf das Album. Wir hatten ihn gar nicht mehr am Schirm, aber Oliver und ich spielten ihn dem Produzenten vor und der zuckte total aus und musste ihn unbedingt noch aufs Album hieven. Er klingt total erwachsen und nicht so blind naiv. Man weiß nicht, was morgen ist. Ist es gut oder schlecht? Vielleicht wird es auch scheiße, aber wenn man nur herumsitzt und nichts macht, wird ohnehin nichts besser. Ich weiß, dass die Nummer keine Single wird und nie im Radio landet, aber sie ist eine meiner Favoriten auf dem Album.

"Krone": Das ist ja meistens so, mit den Lieblingsnummern. Die sind selten ganz stark im Mainstream verankert. Noch einmal kurz zurück zu deiner Schwangerschaft - du hast dich unlängst in einem Interview als "superlockere Schwangere" bezeichnet. Was darf man sich denn darunter genau vorstellen?
Stürmer: Ich las schon einige tolle Headlines, ja. (lacht) Mir sagte das mal eine Freundin von mir, weil ich halt nicht so genau drauf achte, was ich jetzt mache und was nicht. Sie meinte, wenn sie es nicht wissen würde, dass ich schwanger wäre, sie würde es nicht einmal merken. Ich mache einfach kein Tam Tam daraus und ich sehe alles sehr locker. Conchita hat mich unlängst mal gefragt, ob ich schon Angst hätte und ich dachte mir nur: Wovor? (lacht) Ich weiß es doch nicht. Ich könnte mir natürlich alles sehr tragisch reden und mir vorstellen, dass das Kind eine Krankheit oder eine Fehlbildung hat, aber wenn es so wäre, könnte ich es sowieso nicht ändern. Es macht keinen Sinn, mir den Kopf damit zu zerbrechen und je mehr Stress ich habe, umso mehr überträgt sich das auf das Kind. Auch das mit der Angst vor der Geburt - raus muss es ja jetzt sowieso irgendwie. (lacht) Früher gab es noch nicht mal Hebammen und gar nichts und da haben es auch alle geschafft. Warum also die Aufregung?

Bevor Christina Stürmer in die wohlverdiente Babypause geht, ist sie noch am 30. April bei der "Starnacht am Neusiedler See" in Podersdorf live zu sehen. Tickets und alle Infos unter 01/588 85-100 oder unter www.ticketkrone.at.

Loading...
00:00 / 00:00
play_arrow
close
expand_more
Loading...
replay_10
skip_previous
play_arrow
skip_next
forward_10
00:00
00:00
1.0x Geschwindigkeit
explore
Neue "Stories" entdecken
Beta
Loading
Kommentare

Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.

Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.

Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.



Kostenlose Spiele