Konzertereignis

Alt-J: Der Indie-Hype des Jahres live in Wien

Musik
19.11.2015 12:05
Innerhalb von drei Jahren entwickelten sich die britischen Indie-Musiker Alt-J von Underground-Raupen zu allumfassenden, Hallen-füllenden Popbusiness-Schmetterlingen. Bevor sie ihr bislang größtes Österreich-Konzert in der Wiener Stadthalle geben, haben wir uns mit dem Trio unterhalten und versuchten dem Geheimnis des grassierenden Hypes auf den Grund zu gehen.
(Bild: kmm)

"Don't Believe The Hype" sangen die Rap-Heroen Public Enemy schon vor etwa 25 Jahren und mahnten damit in gewisser Weise auch die Musikfans, sich nicht sofort und kopfüber auf die von Magazinen, TV-Sendungen und - später - Internet-Blogs in den Himmel gelobten Künstler und Bands zu stürzen. Doch was tun, wenn der Hype über alle Ebenen grassiert und sich nicht aufhalten lässt? Naja, in dem Fall hat er vielleicht doch seine Berechtigung. Man muss ihm ja nicht glauben, aber eine Chance sollte man ihm geben.

Unaufhaltsamer Aufstieg
Für die Hardcore-Fans in Österreich gibt es heuer bereits zum dritten Mal so eine Chance, ihre Lieblinge von Alt-J live zu sehen. Das Gasometer-Konzert im Februar war ratzfatz ausverkauft, als sie bei einsetzender Dunkelheit in einer lauen August-Sommernacht die Bretter des Frequency-Festivals betraten, stürmten die Fans scharenweise gen Hauptbühne, und nun sind sie sie also gar in der Wiener Stadthalle gelandet, wo sie ihre von Kritikern und Fans gleichermaßen geliebten Indie-Hymnen am 25. November in den Saal schmettern werden. Unglaublich, dass man die drei Nerds kurz vor Weihnachten 2012 noch im lauschigen B72 bestaunen durfte.

"Ich sehe uns nicht als Heilsbringer für die Indie-Szene", erklärt Keyboarder Gus Unger-Hamilton die Popularität der Band im "Krone"-Interview, "es fühlt sich natürlich gut an, wenn sich bei Konzerten und Festivals die Reihen vor uns schließen, aber die Band wurde niemals mit der Intention gegründet, zu einem gewissen Zirkel zu gehören oder nur auf den Erfolg aus zu sein." Dass sie die schnell errungene Popularität aber genießen, merkt man dem Haufen aus der britischen Arbeiterstadt Leeds deutlich an: Mit ihren Hornbrillen, hautengen Jeans und Pullundern sind sie im Prinzip die Antithese ihrer Herkunft, schlagen aber damit die perfekte Brücke zu den Fans, die sich längst nicht mehr ausschließlich aus Biologie-Stutenden, Greenpeace-Aktivisten und Hobby-Literaten zusammensetzen.

Miley Cyurs - unwichtig
Das Debütalbum "An Awesome Wave" war 2012 schon ein kometenhafter Einschlag in die moderne Musikwelt, der mit dem renommierten Mercury Music Prize prämiert wurde, mit dem im Vorjahr erschienenen "This Is All Yours" schaffte die Truppe tatsächlich noch eine künstlerische Steigerung, was selbst die wohlwollendsten Kritiker anfangs vehement bezweifelten. Das Besondere daran: Der erklärte Alt-J-Fan Miley Cyrus stellte der Band für den Song "Hunger Of The Pine" sogar ein Sample zur Verfügung, aber das Name-Dropping mit einem der bekanntesten weiblichen Popstars wäre eigentlich gar nicht notwendig gewesen, dementsprechend ungern wird das Thema von der Band selbst angeschnitten.

Bei Konzerten wird von den ehrfürchtigen Fans das Dreieck in die Luft gestreckt - Alt-J ist auf englischen Macs die Tastenkombination für den Buchstaben Delta. Vielleicht ein Mitgrund, dass die Band ihre Musik, fußend auf dem Hit-Song "Tessellate", selbst einmal als eine Mischung aus Sex und Mathematik bezeichnet hat. Sanfter Pop, ausufernde Indie-Passagen, Alternative-Referenzen und sogar Trip-Hop werden mühelos in einen Topf geworfen, um zusammengemischt als mit paralysierenden Lichteffekten verstärktes Gebräu in die Zuschauermenge geschüttet zu werden. Joe Newman kennt die perfekte Stimmung, um Alt-J zu hören. "Wenn du high bist und dich dann entspannt in dein Bett legst - optimaler geht es glaube ich nicht."

Ruhig und bescheiden
Offensives Gehabe ist bei Alt-J weder auf der Bühne, noch in Interviews zu finden. Viel lieber verstecken sich die kundigen Soundtüftler hinter ihren Kompositionen und Effekten, was das Eintauchen in den Sound abseits schnöden Personenkults nur noch potenziert. "Wir waren niemals eine Band, die es darauf angelegt hat, mit Feuereifer auf der Bühne zu stehen oderin die Menge zu springen", erklärt Unger-Hamilton, "extrovertiert ist nur unser Drummer Thom Green, aber ich glaube auch nicht, dass unser Publikum uns auf Keyboard oder Gitarre ausflippen sehen will - das ist doch langweilig."

Ob Artrock, Indie-Pop, Alternative-Dreampop oder sonst was - die Bezeichnung für die Musik von Alt-J ist ohnehin nebensächlich, denn auch die Musiker haben sich seit jeher jeglichem Szenedenken verweigert. "Ich verstehe auch nicht, warum uns Medien mit Fairport Convention, den Talking Heads oder The Cure vergleichen", betont Newman, "ich persönlich habe keine dieser Bands jemals bewusst gehört, sie sind einfach nicht mein Stil." Möglicherweise ist aber gerade die vorherrschende Stillosigkeit bei Alt-J das Geheimnis des großen Erfolgs? AC/DC sangen einst "It's A Long Way To The Top (If You Wanna Rock'n'Roll)" - offensichtlich geht es wesentlich schneller, wenn man gar nicht bewusst rocken will…

Für das Alt-J-Konzert am 25. November in der Wiener Stadthalle gibt es unter 01/960 96 999 und im "Krone"-Ticketshop noch Karten.

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