Trend zum Beacon

Machen uns Bluetooth-Sender zu gläsernen Kunden?

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14.07.2014 12:51
Milliarden von kleinen Datensendern heben vielleicht schon bald die Grenzen zwischen digitaler Welt und dem richtigen Leben auf. Diese "Beacons" (Signalfeuer) finden in Verbindung mit Apps, also Programmen für mobile Geräte, vielfältige Anwendung in Einzelhandel, Tourismus oder im privaten Haushalt – und erfüllen Datenschützer mit Skepsis.

Die kleinen Funker übermitteln ihren genauen Standort. Apps reagieren darauf mit bestimmten Aktionen. "Beacons eröffnen Möglichkeiten für völlig neue Geschäfte, das wird gigantisch", sagt der Marketing-Chef der Bluetooth-Interessengemeinschaft SIG, Suke Jawanda.

Die Funktechnik Bluetooth sendet die Signale der Beacons mit einer Reichweite von gut 100 Metern aus. Die Botschaft lautet simpel: "Hier bin ich!", verbunden mit einer eindeutigen Kennung. Die Sender, die selbst keine Daten empfangen, sind so groß wie etwa ein Lippenstift und am Ende mit einem USB-Stecker zum Aufladen versehen.

Sie nutzen die Technik Bluetooth LE (Low Energy), die mit einem minimalen Stromverbrauch auskommt. Die SIG, der in Deutschland bereits mehr als 8.000 Unternehmen angehören, vermarktet dies unter der Bezeichnung Bluetooth Smart.

Immer mehr Bluetooth-Geräte sammeln Daten
Inzwischen gibt es immer mehr Geräte, die sich über Bluetooth Smart mit dem Smartphone verbinden. Das reicht vom biometrischen Armband für Messungen von Bewegung und Schlaf über Herzfrequenzsensoren für Langstreckenläufer bis zur Zahnbürste, die Putzdauer und Bürstendruck misst und ans Smartphone überträgt.

Der Bezahldienst PayPal testet bereits das Bezahlen in zehn Cafés und Restaurants rund um den Rosenthaler Platz in Berlin. Über eine PayPal-App wird das Konto des Kunden mit dem Kassensystem verbunden. Drei oder vier Gäste am Tag nutzten diese Möglichkeit, über PayPal zu zahlen, sagt der Inhaber der Konditorei Du Bonheur, Stephan Zuber. Aber die meisten Kunden seien Barzahler. Die Umstellung sei "ein langer Prozess, der erst am Anfang ist".

Beacons könnten die Sache beschleunigen. Ein Kunde checkt auf Wunsch mittels App automatisch beim Händler ein - und zahlt, ohne das Smartphone auch nur aus der Tasche zu holen, wie PayPal-Manager Matthias Setzer erklärt: "Unsere Vision ist es, das Bezahlen unsichtbar zu machen." Wenn der Anwender es zuvor gestattet hat, sieht der Händler nicht nur den Namen des Kunden, sondern auch dessen bisherige Einkäufe und kann ihn entsprechend beraten.

Machen uns Beacons zu gläsernen Kunden?
Solche Szenarien gehören aber auch zu den Schreckensbildern eines "gläsernen Kunden", dessen Konsumverhalten lückenlos gespeichert wird. "Wir teilen diese Daten mit niemandem", versichert Sezer. "Wer da nicht sauber arbeitet, ist sofort raus aus dem Geschäft." Es bleibe stets die Entscheidung des Kunden, welchem Einzelhändler er so sehr vertraue, dass er das automatische Einchecken zulasse.

Auch Apple setzt auf die Erweiterung der Smartphone-Erfahrung mit Beacons, die hier als iBeacons bezeichnet werden. Die Unterstützung für diese Technik wurde im vergangenen Jahr in iOS 7 eingebaut, der siebenten Version des Betriebssystems für iPhone und iPad.

Software-Entwickler freuen sich auf die neuen Möglichkeiten. "Beacons sind ein weiterer Schritt für die Verbindung zwischen realer und imaginärer Welt", sagt Rayko Enz, Geschäftsführer der Heilbronner Firma SIC Software. Im Zentrum stehe aus technischer Sicht die Möglichkeit, bestimmte Aktionen an bestimmten Orten auszulösen. Die Apple-Plattform biete da bisher Vorteile. Bei der Google-Plattform Android mache sich die Fragmentierung in unterschiedliche Android-Versionen bei der Hardware-Anbindung schnell negativ bemerkbar.

Beacon-Sender kosten nur mehr wenige Euro
Der Preis für einen Beacon-Sender werde schon bald auf weniger als vier Euro sinken, erwartet Jawanda. Schon jetzt gebe es mit der Oxford Street in London eine ganze Straße mit Einzelhändlern, die auf den Beacon-Zug aufgesprungen sei.

Die Beacon-Technik werde den Alltag dramatisch verändern, erwartet der Informatiker Christian Goosen, der dazu im Mai eine Abschlussarbeit an der Universität Ulm vorgelegt hat. "Wir könnten eines Tages alle Armbänder tragen oder Beacons in uns implantiert haben und so als Menschen am Internet der Dinge teilnehmen."

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