"Verräter" Ägyptens

Haft mit verbundenen Augen für Google-Manager

Web
08.02.2011 13:14
Aufatmen beim US-Internetriesen Google und seiner ägyptischen Belegschaft: Der über eine Woche lang verschwundene Marketing-Direktor des Konzerns für Nahost und Nordafrika, Wael Ghonim, ist wieder aufgetaucht. Er war in Kairo festgenommen und erst jetzt freigelassen worden. In einem emotionalen Interview hat er nun von seiner Haftzeit berichtet.

"Ich hatte zwölf Tage lang die Augen verbunden, ich hörte nichts, ich wusste nichts", sagte Ghonim am Montagabend dem Privatsender Dream 2. Demnach wurde er am 27. Jänner zu Beginn der Proteste gegen Präsident Hosni Mubarak festgenommen und saß bis zu seiner Entlassung am Montag in der Haft des gefürchteten ägyptischen Sicherheitsdienstes.

Der Google-Marketingchef hatte sich der Protestbewegung gegen Mubarak angeschlossen, binnen kürzester Zeit wurde er zu einer ihrer Symbolfiguren. Regierungsmedien beschimpften ihn als "Verräter an der Nation". Nach seiner Festnahme galt Ghonim mehrere Tage lang als spurlos verschwunden.

Erschöpft, doch unverletzt
Ghonim bestätigte in dem Interview, der Administrator der Facebook-Seite "Wir sind alle Chaled Said" zu sein. Diese Seite, die an einen in Polizeihaft getöteten Blogger erinnert, hatte eine wichtige Rolle bei der Organisation der Proteste gespielt. Ghonim betonte in dem Interview, sei er kein Held. Auch wenn er sichtlich erschöpft wirkte, versicherte er, dass ihm in der Haft nichts passiert sei.

Tränen bei Bildern getöteter junger Ägypter
"Die Helden sind jene, die auf der Straße waren, die an den Demonstrationen teilgenommen haben, die ihr Leben geopfert haben, die geschlagen, verhaftet und der Gefahr ausgesetzt worden sind", sagte Ghonim. Als der Fernsehsender anschließend Bilder junger Menschen zeigte, die während der Proteste getötet worden waren, brach Ghonim in Tränen aus. "Ich will allen Mütter, allen Vätern, die einen Sohn verloren haben, sagen, ich entschuldige mich, es ist nicht unsere Schuld", sagte er, bevor er abrupt das Studio verließ.

Kämpferische Twitter-Nachrichten nach Freilassung
Am Montag kam endlich die erlösende Nachricht: Ghonim sei freigelassen worden, berichteten arabische Medien unter Berufung auf seine Familie in Kairo. Schließlich meldete sich Ghonim selbst per Twitter zurück. "Ich habe Dr. Hosam Badrawy (Generalsekretär der regierenden Nationaldemokratischen Partei, Anm.), der der Grund für meine heutige Freilassung war, meine Meinung gesagt. Ich habe ihm den Rücktritt nahegelegt, denn das ist der einzige Weg, wie ich ihn respektieren kann", gab sich Ghonim am Montagabend kämpferisch. Später ließ er via Twitter ebenfalls auf Englisch wissen: "Freiheit ist ein Segen, der es verdient, dafür zu kämpfen."

Arbeitgeber bat um Lebenszeichen
Google hatte nach Ghonims Verschwinden über eine Woche lang über verschiedenste Kanäle versucht, Details über Ghonims Verbleib zu erfahren. Über Twitter und den Firmen-Blog wurde die Bitte, ein Lebenszeichen von ihm zu erhalten, verbreitet. Erst nach einer Woche wurde bekannt, dass Ghonim sich tatsächlich in Haft befand und freigelassen werden sollte.

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