krone.at in Altach

Hannes Aigner: “Für einen Dorfklub nicht schlecht”

Sport
01.10.2014 12:52
Von allen "Dorfklubs" in der Bundesliga ist der SCR Altach wohl der "Dorfklub" aus dem "dörflichsten Dorf" – das hindert die fleißigen Alemannen im Ländle allerdings nicht daran, es sich ganz oben gemütlich zu machen und den Gegner das Fürchten zu lehren. Mittendrin, statt nur dabei: Hannes Aigner, in Österreich "weltberühmtes" Sturm-Ass, das bei Altach den Leiter der "Angriffsabteilung" gibt. krone.at traf den Routinier, der schon für Wacker Innsbruck, Austria Wien und Wiener Neustadt in der Bundesliga die Netze zerschoss, in Vorarlberg und entlockte ihm neben einer "Liebeserklärung" an seinen Trainer Damir Canadi unter anderem auch eine Ablehnung des Begriffs "Dorfklub".

krone.at: 16 Gegentore nach acht Runden, das ist der derzeit sechstbeste Wert in der Bundesliga – doch die 12 vom SCR Altach geschossenen Tore sind recht mau. Da muss die Frage an den Abteilungsleiter Attacke beim SCRA erlaubt sein: Wieso hapert's bei euch mit dem Tore-Schießen?
Hannes Aigner: Da muss ich ein bisschen ausholen. Wir haben unser Spiel nach dem Aufstieg in die Bundesliga ein bisschen umgestellt, weil wir in der Ersten Liga zu viele Gegentore bekommen hatten. Daher haben wir als erstes unser Augenmerk auf die Defensive gelegt. Und da ist klar, dass die Offensive ein bisschen darunter leidet. Aber schön langsam sollten wir dann auch nach vorne wieder mehr Durchschlagskraft entwickeln. Das stimmt schon...

krone.at: Wird da im Training speziell daran gearbeitet?
Aigner: Ja, schon! Derzeit achten wir besonders auf Abschlüsse. Der Trainer und natürlich auch wir Spieler selbst schauen, dass wir nach dem Training nochmal Extraschichten einlegen. Das gehört dazu, da sind wir dran – und das Treffen wird sich wieder vermehrt einstellen, davon bin ich überzeugt.

krone.at: Nach fünf Jahren in der zweitklassigen Ersten Liga ist Altach in die Bundesliga zurückgekehrt – wie wichtig ist es für das Ländle, wieder einen Vertreter ganz oben zu haben?
Aigner: Ich denke, dass das ganze Land extrem hungrig nach Spitzenfußball war. Man freut sich total, wenn Mannschaften wie Austria, Rapid oder Salzburg hierherkommen und sich hier mit uns messen. Ich möchte zwar nicht schlecht über die Erste Liga reden, aber in der Bundesliga, da sind die Klubs vom Namen, von der Geschichte und vom Spielniveau her einfach besser. Wir hatten schon in der Ersten Liga viele Fans – regelmäßig 3.000/3.500 Zuschauer. Das ist ein sehr guter Schnitt für einen Zweitligisten…

krone.at: Sogar für einen Bundesligisten…
Aigner: Absolut!

krone.at: Stichwort Vorarlberger Fußballbegeisterung: Von allen "Dörfern" in der oft als Dorfliga geschmähten heimischen Bundesliga ist Altach mit knapp 6.300 Einwohnern neben Grödig wohl das dörflichste Dorf – was macht aus Spielersicht den Reiz aus, bei Altach zu kicken?
Aigner: Das muss man von einem anderen Standpunkt aus sehen. Erst einmal ist das Stadion ja meistens relativ voll, so ist es ja nicht. Wir haben 5.000/6000 Leute in der Cashpoint Arena, bei Spitzenspielen vielleicht sogar 7.000, da können sich einige Bundesligisten eine Scheibe abschneiden. (hält kurz inne) Wenn wir die Mannschaft mit den dritt- oder viertmeisten Zuschauern am Spieltag sind, dann ist das für einen "Dorfklub" nicht so schlecht. Was den Verein auszeichnet, das ist der Zusammenhalt, das Familiäre. Wenn du als Spieler zu einem Verein gehen kannst, bei dem alles immer passt, dann ist das ganz etwas Besonderes. Ich hab' bei anderen Vereinen schon erlebt, dass das leider nicht der Fall sein muss. Hier kann man mit jedem über alles reden – das ist heutzutage im Fußball in Österreich nicht alltäglich.

krone.at: Auch wenn die große Zeit der Vorarlberger Klubs in der Ersten Liga mit eurem Aufstieg und den Abstiegen diverser anderer Teams (FC Dornbirn, FC Lustenau, SW Bregenz) vorerst beendet scheint, habt ihr in unmittelbarer Nähe mit Austria Lustenau noch einen großen Lokalrivalen. Wie schaut's mit dieser Konkurrenz aus?
Aigner: Keine Frage, es ist schon eine Rivalität da, aber es ist nicht so wie in Wien bei Rapid gegen Austria. Man kann es auch übertreiben. Rivalität ja, aber trotzdem einen guten Umgang miteinander pflegen und Respekt voreinander haben – das ist sehr wichtig. Es wäre schön, wenn Lustenau auch in die Bundesliga kommen würde – allein weil dann die Anreise für uns einmal nicht so extrem wäre, wie sonst (lacht).

krone.at: Drei Mal bist du aus der zweiten Liga in die Bundesliga aufgestiegen – 2003/04 mit Wacker Innsbruck, 2008/09 mit Wiener Neustadt und 2013/14 mit Altach – hat dir einer dieser Aufstiege persönlich besonders viel bedeutet?
Aigner: Naja, man kann die Aufstiege nicht miteinander vergleichen. Bei Wacker war ich noch kein Führungsspieler, sondern mehr oder weniger ein Mitläufer, der in das Fußballgeschäft hineingeschnuppert hat. Aber sicher: Es war in emotionaler Hinsicht gleich einmal ein Highlight, mit dem Heimatklub von der Regionalliga direkt in die Erste Liga und dann in die Bundesliga aufzusteigen – das war schon eine richtig coole Partie.

krone.at: In eurem Kader haben gerade einmal sieben Spieler schon mehr als eine ganze Bundesliga-Saison in den Beinen – wie schaut das Pflichtenheft eines Routiniers, wie du einer bist, aus?
Aigner: Natürlich versucht man zu helfen, wo man kann – vor allem, wenn Spieler nicht so funktionieren. Der entscheidende Punkt ist, dass Mannschaften zusammenhalten. Wenn sie sich gegenseitig auseinanderdividieren, wird es immer Probleme geben. Und diesen Zusammenhalt muss man fördern.

krone.at: Apropos Bundesliga-Erfahrung bzw. –Historie: Du hast dein erstes Tor in der Bundesliga am 18. September 2004 beim 2:0 von Wacker Tirol bei der Admira erzielt, also vor ziemlich genau zehn Jahren – was unterscheidet den Hannes Aigner von damals von dem, der mir gerade gegenüber sitzt?
Aigner: Dass ich in dieser Situation nicht gewusst habe, was ich tue. Das war eine abgerissene Flanke und der Tormann hat spekuliert – ich weiß noch genau, wie der Treffer gefallen ist (lacht herzhaft) Aber zurück zur Frage: Was man über all die Jahre gewinnt, das ist die Erfahrung, wie man sich in gewissen Situationen zu verhalten hat, vor allem im 16er. Ich bin ja ein typischer Strafraumstürmer und den Moment abzuwarten, in dem es die Möglichkeit gibt, vor den Verteidiger zu kommen - das ist das Entscheidende, was man im 16er gut machen sollte. Da habe ich viel dazugelernt Wär' ja auch nicht gut, wenn das nicht so wäre, wenn man sich nicht weiterentwickelt hätte. Wichtig ist auch, dass du dir von jedem Trainer, egal wie er dir zu Gesicht steht, für dich persönlich die guten Sachen herausfilterst und mitnimmst.

krone.at: Nur ein Spieler aus dem Duell mit der Admira an jenem 18. September 2004 ist übrigens noch in der Bundesliga aktiv – wer könnte das sein?
Aigner: (überlegt nur kurz) Mimm Dennis.

krone.at: Volltreffer, absolut richtig! Apropos "Volltreffer": Als Zweitliga-Goalgetter giltst du zwar schon lange, so viele Tore wie in der Vorsaison, nämlich 22, sind die aber vorher noch nie gelungen – bist du tatsächlich derzeit so gut wie nie? Wie kommt’s?
Aigner: (schüttelt den Kopf und lacht) "Viel" ist, wie oft der Soriano trifft, das ist überragend! Aber natürlich, man muss schon zufrieden sein mit dem, was man erreicht hat... Ich weiß auch nicht, warum das so gekommen ist. Ich denke, dass es von der Mannschaft her einfach gepasst hat und das System des Trainers aufgegangen ist. Was mich besonders gefreut hat im letzten Jahr, war, dass ich auch sehr viele Assists leisten konnte, das hatte ich in den Jahren davor nie so hinbekommen. Das ist etwas, was ich offenbar dazugelernt und wo ich mich auch in meinem Alter noch verbessert habe.

krone.at: In absoluten Zahlen hast du in Diensten des SCR Altach die meisten Karriere-Tore erzielt, nämlich 46 – zwölf unter Trainer Rainer Scharinger in der ersten Halbsaison und seither 34 unter Trainer Canadi. Wieso lief und läuft es ausgerechnet unter diesen beiden Trainern so gut für dich?
Aigner: Das ist eine schwierige Frage. Man versucht als Stürmer eh in jeder Situation, den Ball ins Tor zu schießen. Man kann es manchmal gar nicht erklären. Ich denke, dass es auch bei den richtigen Goalgettern wie Krankl, Polster und Co. Phasen gegeben hat, in denen es einfach richtig gut funktioniert hkeit eben. Ich bin nie zufrieden, bin immer hungrig nach Toren und Siegen – das hat sich nie geändert, egal unter welchem Trainer. Ich mag nichts weniger als zu verlieren. Aber ich kann wirklich schwer sagen, was den Unterschied mit den Trainern ausgemacht hat...

krone.at: Machen wir es einfacher: Was zeichnet denn Trainer Damir Canadi aus?
Aigner: (von einem breiten Grinsen befallen) Grundsätzlich sollte ein Spieler ja nie über seinen Trainer reden – aber bei Damir Canadi ist das ungefährlich. Er hat viele positive Eigenschaften! Vor allem junge Spieler können viel mitnehmen, er versucht auf jeden einzugehen und jeden weiterzubringen. Egal ob das "nur" die Nummer 25 im Kader ist, jeder hat den gleichen Stellenwert. Was eine extrem gute Eigenschaft ist, ist seine Direktheit. Er nennt ganz exakt seine Vorstellungen, sagt dir, was er haben will. Er fordert sehr viel, ist extrem genau und weiß immer, wo der Gegner seine Schwächen hat. Andere Trainer schweifen ein wenig herum und sagen nicht, was sie konkret von dir wollen. Ich finde das extrem gut und denke, dass es das einfacher für einen Fußballer macht, mit seinem Beruf umzugehen als wenn man verallgemeinernd hört: "Der Zweikampf generell sollte besser sein" oder "Es wär' wieder gut, wenn du ein Tor schießen würdest". Auch wenn es manchmal schwierig ist, die Direktheit zu verkraften.

krone.at: Du wirst im kommenden Frühjahr 34 Jahre alt und hast damit ziemlich sicher weniger Profijahre vor als hinter dir. Wie lange willst du deine Knochen noch als Aktiver in die Fußball-Schlachten werfen? Und was kommt danach?
Aigner: Mich interessiert das Trainergeschäft, das sag' ich ganz offen und ehrlich. Spielen möchte ich, solange es geht und solange der Verein mit mir zufrieden ist. Meine Knochen werde ich solange hinhalten, wie es geht – da hab' ich auch kein Problem damit, wenn hin und wieder ein blauer Fleck dabei ist. Wenn ich aber irgendwann mal merke, dass ich nicht mehr gut genug bin, dann werden ich und der Klub sicher eine Lösung finden.

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(Bild: KMM)



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