Pragmatischer Coach

Grimmiger van Gaal verteidigt “Oranje-Catenaccio”

Sport
24.06.2014 14:52
Neun Punkte aus drei Spielen - die niederländische Bilanz nach der Vorrunde bei der WM in Brasilien ist nach dem 2:0-Erfolg über Chile am Montag makellos. In den Jubel mischte sich aber auch Kritik an der zurückhaltenden Spielanlage von Trainer Louis van Gaal. "Wir wollten spielen, sie nicht", monierte etwa Chiles Coach Jorge Sampaoli. Van Gaal lässt das kalt - und der Erfolg gibt ihm recht.

"Können Sie mir eine Definition von Angriffsfußball geben? Sie stellen mir eine Frage, jetzt stelle ich Ihnen eine", herrschte van Gaal einen niederländischen Journalisten an. "Mich interessiert nicht, was der Nationaltrainer von Chile sagt."

Trotz des Durchmarsches in der Gruppenphase wird nichts so leidenschaftlich und kontrovers diskutiert wie van Gaals sehr sicherheitsorientiertes 5-3-2-System. Als würde man den WM-Titel in den Niederlanden am Ende nicht annehmen wollen, wenn er auf diese Weise zustande käme.

Niederlande spielen "wie eine Investorengesellschaft"
"Eine Beleidigung der alt-holländischen Schule", kritisierte die Tageszeitung "Algemeen Dagblad". Das Blatt "De Volkskrant" wurde noch deutlicher und schrieb von "Catenaccio mit perfektem Ergebnis". Und weiter: "Oranje spielt wie eine Investorengesellschaft: Wenn das Resultat gut ist, kommen die Boni von selbst. Es ist noch ein bisschen schlimmer als vor vier Jahren mit Bert van Marwijk als Bondscoach. Die Spezialität war einmal: Begegnungen mit fantastischem Spiel zum Leben erwecken. Und jetzt? Erst totmachen, dann zuschlagen."

Van Gaal schien die Minuten nach dem 2:0-Sieg gegen Chile durch Tore von Leroy Fer (77.) und Memphis Depay (92.) für den richtigen Moment zu halten, sich noch einmal öffentlich zu rechtfertigen. Der nächste Achtelfinal-Gegner heißt Mexiko, im Viertelfinale wären dann Costa Rica, Japan oder die Elfenbeinküste vorstellbar: Die Chance, "in diesem Turnier so weit wie möglich zu kommen" (O-Ton Robben), scheint auch dank oder gerade wegen der Taktik des Trainers zum Greifen nah.

"Die Sache ist: Man muss eine Mannschaft genauso spielen lassen, wie es ihren Qualitäten entspricht", meinte van Gaal. "Ich will gewinnen. Also wähle ich das System aus, von dem ich am meisten verspreche." Und außerdem, betonte der 62-Jährige: "Ich habe schon bei AZ Alkmaar so spielen lassen. Damals haben wir die Meisterschaft gewonnen." Das war unmittelbar vor seinem Wechsel zu Bayern München im Sommer 2009.

Ungewohnter Pragmatismus
Aus van Gaals Mund klingt ein solcher Pragmatismus immer noch ungewohnt. Schließlich fiel der selbstbewusste Coach bisher eher als eine Art Hohepriester des Ballbesitz- und Dominanz-Fußballs auf. Entscheidend ist aber wie in jedem Team der Welt, dass die Spieler ihm folgen. Und dass ist bei dieser "Elftal" der Fall.

"Wir glauben an dieses System. Und zwar nicht nur die Stammspieler, sondern alle 23 Mann im Kader", sagte Routinier Dirk Kuyt. Auch Wesley Sneijder meinte: "Es ist verdammt schwer, gegen uns zu spielen. Wir wollen den Pokal holen, alles andere interessiert mich nicht."

Arjen Robbens Brillanz und van Gaals Taktik - dieser Mix könnte die Niederländer bei dieser Weltmeisterschaft weit bringen. Der Bayern-Stürmer erzielte gegen Chile zwar kein Tor, wurde aber erneut zum "Mann des Spiels" gewählt. "Neun Punkte in drei Spielen sind ein fantastisches Ergebnis - aber wir wollen an diesem Punkt nicht stoppen", sagte er.

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(Bild: KMM)



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