EuGH-Showdown

Aktivist Max Schrems zwingt Facebook in die Knie

Web
06.10.2015 11:10
Mit einem außergewöhnlich schnell gefällten Urteil hat der Europäische Gerichtshof am Dienstag die Rechtmäßigkeit der Übermittlung von Facebook-Daten in die USA für ungültig erklärt. Dieser große Erfolg des österreichischen Datenschutzaktivisten Max Schrems (28) könnte nicht nur für Facebook, sondern für rund 5000 US-Firmen große Konsequenzen haben: Sie müssten in Zukunft ihre Daten auf EU-Servern speichern.

Die EuGH-Richter folgten mit ihrem Urteil am Dienstag im Großen und Ganzen dem Urteil des Generalanwalts Yves Bot, der bereits Ende September festgestellt hatte, dass diese Übertragung von Daten nicht rechtmäßig sei. Er hält auch das zwischen den USA und Europa ausgehandelte Datensicherheitsabkommen "Safe Harbor" für ungültig. Auch in diesem Punkt folgten die EuGH-Richter dem Generalanwalt.

"Meilenstein" für Online-Datenschutz
Für den österreichischen Juristen und Datenschutzaktivisten Max Schrems, der den Prozess gegen Facebook angestrengt hatte, ist das Urteil ein Riesenerfolg. In einer ersten Stellungnahme sprach er von einem "Meilenstein", was Online-Datenschutz betrifft. "Das Urteil zieht eine klare Linie. Es stellt klar, dass massenhafte Überwachung unsere fundamentalen Rechte verletzt."

Die Entscheidung zeige auch auf, dass Regierungen und Wirtschaft nicht einfach die fundamentalen Datenschutzrechte ignorieren könnten, sondern die Gesetze befolgen müssten. Nun sei klargestellt worden, dass die amerikanische Wirtschaft nicht einfach die Spionagetätigkeit ihrer Regierung unterstützen könne und dabei europäische Grundrechte verletzen dürfe.

Bislang sei "Safe Harbor" ein Blankoschein für die Übermittlung von Daten gewesen. Das Gerichtsurteil stellt Schrems zufolge nun klar, dass nationale Datenschutzbeauftragte den Datentransfer in die USA in jedem individuellen Fall prüfen können. Die Daten seien auf europäischen Servern zwar auch nicht wirklich sicher, aber sicherer, so Schrems. "Es ist die Frage, wie leicht Facebook und Co. zu den Daten kommen."

Facebook fordert "verlässliche Regeln für Datentransfer"
Facebook selbst forderte nach dem EuGH-Urteil in einer ersten Stellungnahme verlässliche Regeln für Datentransfers in die USA. Es sei "zwingend erforderlich", dass die EU und die USA "weiterhin verlässliche Methoden für rechtskonforme Datentransfers zur Verfügung stellen", erklärte eine Facebook-Sprecherin in Europa. Das Unternehmen stütze sich ebenso wie "viele Tausend europäische Firmen" auf diverse EU-Vorschriften zu diesem Thema. Zugleich betonte die Sprecherin, dass es in dem Fall "nicht um Facebook" gehe.

Weitreichende Konsequenzen für Facebook und Co
Bislang lässt sich nicht abschätzen, was das Urteil für die Geschäftsmodelle von Facebook, Amazon, Google und Co. tatsächlich bedeutet. Die Konsequenzen dürften jedenfalls weitreichend sein. Wollen diese US-Firmen weiterhin in Europa Geschäfte machen, werden sie wohl oder übel ihre Daten auch hier in Europa abspeichern müssen.

Am Zug ist jetzt die Datenschutzbehörde von Irland, wo Facebook seinen Europasitz hat. Sie muss nun prüfen und entscheiden, ob die Übermittlung der Daten der europäischen Nutzer von Facebook in die USA auszusetzen ist. Dabei müssen die irischen Behörden erneut die Frage klären, ob die USA ein angemessenes Schutzniveau für personenbezogene Daten bieten. Das ergibt sich aus dem EuGH-Urteil, wonach die EU-Kommission keine Kompetenz hatte, die Befugnisse der nationalen Datenschutzbehörden mit dem "Safe Harbor"-Abkommen zu beschränken.

"Safe Harbor" regelt Datenübermittlung in die USA
Die "Safe Harbor"-Vereinbarung legt fest, unter welchen Bedingungen Internetunternehmen personenbezogene Daten aus Europa in den USA verarbeiten dürfen. Die Vereinbarung beruht auf Regeln des US-Handelsministeriums und einer Entscheidung der EU-Kommission aus dem Jahr 2000. Demnach müssen Internetunternehmen zusichern, dass sie die Daten ihrer europäischen Nutzer angemessen schützen. Ist das der Fall, dürfen sie die Daten exportieren und in den USA weiterverarbeiten.

Datenschützer kritisieren die Praxis. Seit den Enthüllungen von Edward Snowden sei kaum anzunehmen, dass personenbezogene Daten in den USA ausreichend vor den dortigen Behörden geschützt seien.

Snowden gratuliert Schrems
Apropos Snowden: Der im russischen Exil lebende Spionage-Enthüller gratulierte Schrems am Dienstag via Twitter. Schrems habe die Welt zum Besseren verändert, twitterte Snowden.

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