Von Natur inspiriert

Schmetterlingsflügel für reflexionsarme Displays

Wissenschaft
23.04.2015 08:51
Der Effekt ist vom Handy bekannt: In der Sonne spiegelt das Display, man erkennt fast nichts mehr. Geschickter stellt sich der Glasflügel-Schmetterling an: Trotz durchsichtiger Flügel reflektiert er kaum Licht und ist dadurch im Flug für Fressfeinde beinahe unsichtbar. Wissenschaftler des Karlsruher Instituts für Technologie fanden heraus, dass unregelmäßige Nanostrukturen auf der Oberfläche des Schmetterlingsflügels die geringe Reflexion bewirken. In theoretischen Experimenten konnten sie den Effekt nachvollziehen, der spannende Anwendungsmöglichkeiten etwa für Handy- oder Laptop-Displays eröffnet.

Durchsichtige Materialien, wie etwa Glas, reflektieren immer einen Teil des einfallenden Lichtes. Einigen Tieren mit durchsichtigen Oberflächen, etwa der Motte bei ihren Augen, gelingt es, die Reflexionen sehr gering zu halten. Häufig aber nur dann, wenn man senkrecht auf diese Oberflächen blickt. Die Flügel des Glasflügler-Schmetterlings, der hauptsächlich in Mittelamerika verbreitet ist, reflektieren einer Mitteilung des Instituts zufolge aber auch dann nur schwach, wenn man schräg auf die Flügel blickt. Je nach Blickwinkel sind das nur zwischen zwei und fünf Prozent des einfallenden Lichtes.

Zum Vergleich: Eine Glasscheibe wirft, je nach Blickrichtung, zwischen acht und 100 Prozent zurück, also ein Vielfaches des Schmetterlingsflügels. Dabei reflektiert der Flügel nicht nur das gesamte für den Menschen sichtbare Spektrum schwach, sondern unterdrückt auch – überlebenswichtig für den Schmetterling – die für Tiere wahrnehmbaren Infrarot- und Ultraviolett-Wellen.

Nanosäulen für geringe Reflexionen verantwortlich
Um diesem bisher unerforschten Phänomen auf den Grund zu gehen, untersuchten die Wissenschaftler den Flügel des Glasflüglers unter dem Rasterelektronenmikroskop. Vorherige Studien zeigten, dass bei anderen Tieren regelmäßige säulenförmige Nanostrukturen für die geringen Reflexionen verantwortlich sind.

Auch bei den Schmetterlingsflügeln fanden die Forscher Nanosäulen, allerdings waren diese im Gegensatz zu den bisherigen Funden gänzlich unregelmäßig angeordnet und auch unterschiedlich groß. Die typische Höhe der Säulen variiert zwischen 400 und 600 Nanometern und der Abstand zwischen den Säulen zwischen 100 und 140 Nanometern. Das entspricht etwa einem Tausendstel des menschlichen Haares.

"Spannende Effekte durch scheinbares Chaos"
In theoretischen Experimenten haben die Forscher diese Unregelmäßigkeit der Nanosäulen in Größe und Anordnung mathematisch abgebildet und konnten zeigen, dass die berechnete reflektierte Lichtmenge für unterschiedliche Blickwinkel genau der beobachteten Menge entspricht. Damit belegten sie, dass eben diese Unregelmäßigkeit der Nanosäulen die geringe Reflexion bei unterschiedlichen Betrachtungswinkeln bewirkt.

Für Radwanul Hasan Siddique, der den Effekt entdeckte, ist der Glasflügler ein faszinierendes Tier: "Nicht nur optisch mit seinen durchsichtigen Flügeln, sondern auch wissenschaftlich, da er sich im Gegensatz zu anderen Naturphänomenen, bei denen Regelmäßigkeit oberstes Gebot ist, scheinbares Chaos zunutze macht und damit auch für den Menschen spannende Effekte erzielt."

Beschichtung auch wasserabweisend und selbstreinigend
Die Ergebnisse eröffnen den Wissenschaftlern zufolge eine ganze Fülle von Anwendungsmöglichkeiten überall dort, wo schwach reflektierende Oberflächen gebraucht werden, etwa bei Brillengläsern oder Handydisplays. Erste Anwendungsversuche befänden sich momentan in der Konzeptionsphase, Experimente an Prototypen hätten aber bereits gezeigt, dass diese Art der Oberflächenbeschichtung auch wasserabweisend und selbstreinigend wirkt.

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