Android-Uhr

Gar nicht hässlich: LG G Watch R im Praxistest

Elektronik
27.11.2014 17:00
Langsam werden Computeruhren ansehnlich. Waren die ersten Smartwatches am österreichischen Markt noch rechteckig und nicht besonders hübsch, drängen dieser Tage nun die ersten runden Modelle auf den Markt. Eines davon ist die G Watch R vom südkoreanischen Elektronikspezialisten LG. Die Uhr läuft mit Googles Android Wear, sieht einer "normalen" Armbanduhr nicht unähnlich und funktioniert mit jedem Android-Smartphone, auf dem zumindest Version 4.3 der Google-Software läuft. Wie sie sich im Praxiseinsatz schlägt, hat krone.at getestet.

Seit mehr als einem Jahr arbeiten die großen Elektronikhersteller daran, intelligente Armbanduhren tauglich für den Massenmarkt zu machen. Die Ergebnisse dieser Bemühungen waren bislang eher bescheiden, überzeugten sie doch weder optisch noch hinsichtlich ihres Funktionsumfangs restlos. Zum Teil mag das daran liegen, dass bis vor Kurzem kein einheitlicher Betriebssystem-Standard zur Verfügung stand und viele der ersten Smartwatches nur mit bestimmten Handys nutzbar waren.

Nach dem Start von Android Wear soll die neue Gerätekategorie nun langsam Fahrt aufnehmen, hoffen die Hersteller. Einer der interessantesten Vertreter der neuen Android-Wear-Smartwatches ist LGs runde G Watch R, die aussieht wie eine normale Herrenuhr. Was in ihr steckt, erfahren Sie hier:

LG G Watch R

CPU

Snapdragon 400; 1,2 GHz

RAM

512 MB

Display

1,3 Zoll OLED ( 320 x 320 Pixel)

Speicher

4 GB

Akku

410 mAh

Software

Android Wear

Gehäuse

Edelstahl
Wasser- und staubdicht nach IP67

Extras

Pulsmesser
Vibrationsalarm

Straßenpreis

Ab 260 Euro

Das interessanteste Merkmal der G Watch R ist ihr Display. Es ist rund, bietet eine Auflösung von 320 mal 320 Pixeln und setzt auf OLED-Technologie. Im Praxiseinsatz überzeugt es mit einer vernünftigen Schärfe, leuchtenden Farben, sattem Schwarz und einer guten Blickwinkelstabilität. Jahreszeitbedingt konnten wir es nicht standesgemäß auf seine Sonnenlichttauglichkeit testen, es ist aber davon auszugehen, dass die kratzfeste Glasscheibe vor dem Display das Ablesen bei direkter Sonneneinstrahlung erschwert.

Bedienung erfolgt mit Wischgesten
Bedient wird die G Watch R primär über Wischgesten, zusätzlich steht ein einzelner physischer Button an der Seite der Uhr zur Verfügung, der dem Entsperren dient. Mit den Wischgesten gelangt man vom aktuellen Ziffernblatt – die LG-Uhr bietet die Möglichkeit, zwischen rund zwei Dutzend verschiedenen zu wählen und noch mehr aus dem Netz zu installieren – zu Google-Now-Karten, ins Spracheingabe-Menü und zu den einzelnen Apps, die von der Uhr unterstützt werden.

Wischt man von oben nach unten, erhält man Infos zur Akkulaufzeit und aktiviert oder deaktiviert den Vibrationsalarm. Wischt man eine Google-Now-Karte zur Seite, verschwindet sie und die nächste Benachrichtigung taucht auf.

Funktionsumfang noch recht überschaubar
Der Funktionsumfang der über Bluetooth 4.0 ans Smartphone gekoppelten Uhr hält sich dabei noch ziemlich in Grenzen, was aber auch daran liegen mag, dass Android Wear noch eine sehr junge Plattform ist und von den App-Entwicklern wohl erst im Laufe der kommenden Wochen und Monate mit weiteren Apps versorgt wird. Die Vorzeichen sind grundsätzlich gut: Die "Krone" wird beispielsweise mit einer Schlagzeilen-App auf Android Wear vertreten sein.

Aktuell bietet die G Watch R neben ihrer Uhren-Grundfunktion vor allem Google-Dienste an. Sie zählt Schritte und gleicht die gewonnenen Daten mit Googles Gesundheits-App Fit ab. Sie misst auf Knopfdruck den Puls und sendet die Informationen an Google Fit. Auf Wunsch dient sie als Fernauslöser für die Smartphone-Kamera. Und wer am Smartphone einen Musik-Player nutzt, kann ihn mit der Uhr fernsteuern – allerdings nur die Basisfunktionen, die Musikbibliothek kann man nicht durchblättern. Immerhin: Wer mag, kann vier Gigabyte Musik auf der Uhr parken und diese via Bluetooth abspielen. Eine bessere Musikfernbedienung wäre trotzdem schön gewesen.

Usability-Vorteile für Google-Nutzer
Die G Watch R zeigt außerdem Google-Now-Benachrichtigungen an, um beispielsweise morgens die ungefähre Anfahrtszeit zum Arbeitsplatz anzuzeigen. Google Now liefert auch Informationen zum Wetter, informiert über den Status von Paketen und erinnert an Termine. Das ist grundsätzlich alles sehr praktisch, setzt aber voraus, dass sich der Nutzer der G Watch R stark ans Google-Ökosystem bindet und die Dienste des Internetkonzerns nutzt.

Gerade die Sinnhaftigkeit von Google Now hängt nämlich massiv davon ab, wie viele Informationen Google über einen Nutzer hat. Kann der Suchmaschinenriese nicht die GMail-Inbox des Nutzers nach Buchungs- und Versandbestätigungen durchsuchen, bekommt man auch keine entsprechenden Infos auf die Uhr. Und wer nicht mit Google Maps navigiert, wird keine Navi-Infos auf der Smartwatch zu sehen bekommen. Dessen sollte man sich bewusst sein, bevor man zur Smartwatch greift. Der Funktionsumfang ist abseits der Google-Dienste nämlich recht überschaubar.

Handy-Zusatzdisplay mit Spracheingabe
Im Grunde bietet die Smartwatch nämlich nur die Basics: Sie zeigt Benachrichtigungen an, die am Smartphone eintreffen. Sie informiert über eingehende Anrufe und ermöglicht es, diese abzulehnen oder anzunehmen. Sie zeigt SMS an, verfügt über Wecker und Stoppuhr und öffnet auf Wunsch auch einzelne Smartphone-Apps, die man dann freilich erst wieder am Handy bedienen muss.

Sie versteht sich auch auf Spracheingabe. Einfach das Ziffernblatt antippen, und schon öffnet sich Googles Sprachassistent. Der kann auf Sprachbefehle hin beispielsweise eine kurze SMS an einen Kontakt aus dem Telefonbuch verschicken, das Wetter in Erfahrung bringen oder eine Notiz erstellen. Allerdings nicht so zuverlässig, dass man von Alltagstauglichkeit sprechen könnte. Eher so, dass man – vorausgesetzt, die Spracherkennung funktioniert – im Bekanntenkreis Eindruck schinden kann, die Funktion in der Praxis aber nicht nutzt.

Ganz allgemein setzt die mangelhafte Möglichkeit, Text einzugeben, den Möglichkeiten der Smartwatch enge Grenzen. Im Grunde ist sie nichts anderes als ein externes Zusatz-Display für das Smartphone, auf dem die neuesten Benachrichtigungen angezeigt werden. Die weiteren Funktionen sind nette Extras, rechtfertigen für sich gesehen aus unserer Sicht aber nicht die Anschaffung eines 260-Euro-Gadgets, das zu allem Überfluss auch noch Arbeit macht.

Regelmäßiges Aufladen ist Pflicht
Arbeit macht die G Watch R beim Akku-Aufladen. Geladen wird die Uhr über eine proprietäre Ladeschale, die über ein klassisches microUSB-Kabel mit Steckdose oder Rechner verbunden wird. Das ist notwendig, weil die Uhr mit einem direkt ins Gehäuse integrierten microUSB-Anschluss wohl nicht wasserfest wäre, hat aber auch eine lästige Folge: keine Ladeschale, kein Aufladen. Und aufladen muss man die intelligente Uhr öfter, als einem womöglich lieb ist.

Der verbaute Akku reicht laut LG für zwei Betriebstage, in der Praxis erreichten wir diesen Wert aber nur bei spärlicher Verwendung. Wer das Display immer angeschaltet hat, wird nicht um tägliches Stromtanken herumkommen. Im Normalbetrieb wird der Bildschirm bei Nichtbenutzung gedimmt und zeigt die Uhrzeit nur in Minimalhelligkeit an. Erkennentzer die Zeit ablesen wollen, schaltet sie ihr Display an. Das funktioniert allerdings nicht immer zuverlässig. Selbst wenn man das Display nur manuell zum Ablesen der Uhrzeit einschaltet, reicht der verfügbare Saft nicht länger als zwei Tage.

Da hilft es auch wenig, dass die Uhr sauber verarbeitet ist und hübsch aussieht. Im Grunde ist die G Watch R nicht größer oder klobiger als viele durchschnittliche Herrenuhren. Ihr Edelstahlgehäuse sieht wertig aus, das mitgelieferte Lederband ist zweckmäßig und kann durch jedes handelsübliche 22-Millimeter-Uhrband ersetzt werden. Dass das Gerät wasserdicht ist, ist ein Plus.

Fazit: Nette Spielerei mit Potenzial
Mit der G Watch R hat LG definitiv eine der aktuell schönsten Android-Smartwatches im Sortiment. Mit ihrem runden Display und dem Stahlgehäuse ist sie ein netter Hingucker. Das Display liefert ansehnliche Bilder, die anpassbaren Ziffernblätter machen sie zu einer witzigen Spielerei. Sehr viel mehr als eine Spielerei sehen wir angesichts des eingeschränkten Funktionsumfangs, der für Uhrenverhältnisse geringen Ausdauer und der starken Google-Abhängigkeit für den Nutzer aber nicht darin.

Das mag sich mit der Zeit ändern, schließlich ist Android Wear noch eine recht junge Plattform. Aktuell fehlt uns aber einfach die Killer-Anwendung, durch welche Smartwatches – und zwar nicht nur LGs G Watch R – unverzichtbar werden.

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