Sensorgröße und Co.

Darauf kommt es beim Kamerakauf wirklich an

Elektronik
11.10.2014 09:00
Mit Dutzenden neuer Kameramodelle haben die Hersteller vor Kurzem auf der Photokina in Köln den Foto-Herbst eingeläutet. Für den Konsumenten stellt sich angesichts der Fülle an (vermeintlichen) Produktinnovationen einmal mehr die Frage: Was davon ist sinnvoll und nützlich? krone.at verrät, worauf Sie beim Kamerakauf wirklich achten sollten.

Sensorgröße statt Megapixel
Je mehr Megapixel, desto besser. Das zumindest haben uns die Hersteller jahrelang eingebläut. Inzwischen weiß man, dass dies so nicht stimmt. Entscheidend für eine gute Aufnahmequalität ist vielmehr das Verhältnis von Megapixelanzahl zu Bildsensorgröße. Prinzipiell lässt sich sagen: Je größer der Bildsensor, umso mehr Pixel lassen sich darauf unterbringen, bevor es zum gefürchteten Bildrauschen kommt. Das Problem: Gerade im Bereich der günstigeren Kompaktkameras mit relativ kleinem Bildsensor findet leider nach wie vor ein Wettrüsten statt. Auflösungen von 16 bis 20 Megapixeln sind hier inzwischen Standard.

Dass dies jedoch nicht von Vorteil ist, zeigt sich zumeist bei den teureren Premium-Kompakten, die in der Regel mit lediglich zwölf Megapixeln daherkommen. Selbst die sind für die klassischen Foto-Ausarbeitungen mit 9 x 13 oder 10 x 15 Zentimetern, Poster und zum Herzeigen im Internet bereits mehr als ausreichend. Beim Kamerakauf sollte daher weniger auf die Anzahl der Megapixel als vielmehr auf die Größe des Bildsensors geachtet werden. Da diese zumindest im Elektrofachmarkt nur selten vermerkt ist, lohnt ein Blick auf Websites wie cameraimagesensor.com, wo sich die Bildsensoren unterschiedlicher Hersteller/Modelle hinsichtlich ihrer Größe vergleichen lassen.

Vorsicht vor (be)rauschenden ISO-Werten!
Für die Lichtempfindlichkeit von Kameras gilt dasselbe wie für die Megapixel: Lassen Sie sich nicht von zu hohen Werten blenden! Insbesondere im Bereich der (professionellen) Spiegelreflexkameras übertrumpfen sich die Hersteller mittlerweile regelmäßig mit geradezu astronomisch hohen ISO-Werten, die es dem Fotografen erlauben, auch in nahezu völliger Dunkelheit noch kurze Verschlusszeiten zu ermöglichen. Diese sind zweifelsohne wichtig, um Momente festzuhalten, und ein schlechtes Bild ist besser als gar kein Bild, doch ansehnliche Ergebnisse fördern Aufnahmen mit ISO-Werten jenseits der 400.000 nur selten zutage. In der Praxis sind ISO-Werte von 3.200 bis 6.400 für die meisten Anwendungsbeispiele völlig ausreichend. Und wer vorrangig in der Nacht fotografiert, sollte lieber auf ein Stativ und längere Belichtungszeiten als auf hohe ISO-Werte zurückgreifen.

Große Blende bevorzugt
Die Blende ist das fotografische Gestaltungselement schlechthin. Sie bestimmt die Schärfentiefe im Bild, was vor allem bei Porträts und all jenen Situationen, in denen ein störender Hintergrund im Bild ausgeblendet werden soll, entscheidend ist. Prinzipiell gilt: Je größer die Anfangsblende eines Objektivs ist (etwa F/1.8 oder F/2.2), umso eher lassen sich Motive "freistellen", also vom Hintergrund loslösen. Weiterer Vorteil: Je größer die Anfangsblende, desto mehr Licht fällt während der Belichtung auf den Sensor und desto kürzer fällt diese damit aus, sodass sich auch bei wenig Umgebungslicht noch verwacklungsfreie Aufnahmen aus der Hand verwirklichen lassen. Bei Kompaktkameras mit Zoom-Objektiven beträgt die Anfangsblende in der Regel jedoch nur F/3.5, sodass selbst bei weitwinkligen Aufnahmen meist längere Belichtungszeiten vonnöten sind. Mit Ausfahren des Objektivs "verschlechtern" sich diese Werte zumeist noch zusätzlich, die Belichtung dauert länger und die Aufnahmen verwackeln. Achten Sie daher beim Kauf auf eine möglichst große und am besten durchgängige Blende.

Zoom? Nur optisch bitte!
Wenn Sie näher an ein Motiv herankommen wollen, sollten Sie prinzipielle eher ihre Füße als den Zoom bemühen. Denn mit jedem Millimeter, den Sie Ihr Zoomobjektiv ausfahren, verlängert sich in der Regel die erforderliche Belichtungszeit und die Abbildungsleistung verschlechtert sich. Allerdings gibt es Situationen, in denen dies nicht möglich ist, etwa, weil das Terrain unwegsam oder das Motiv schreckhaft ist. Bleibt also nur noch der Zoom. Unterschieden wird dabei zwischen einem optischen und einem digitalem Zoom, wobei Letzterer nicht mehr als eine rein rechnerische Vergrößerung des Bildausschnitts bedeutet. Das Motiv wird also künstlich "aufgebläht", die Ansicht pixelig. Vergessen Sie beim Kauf also Angaben zum digitalen Zoom und benutzen Sie, wenn überhaupt, ausschließlich den optischen Zoom.

Einschaltzeit
Ebenso wie die Sensorgröße ist auch sie selten im Geschäft vermerkt: die Einschaltzeit der Kamera. Wer sie in Erfahrung bringen möchte, muss schon genau auf den Seiten der Hersteller in den technischen Spezifikationen danach suchen. Eine praktische Orientierungshilfe bieten die Angaben im Zehntelsekundenbereich aber ohnehin nicht. Daher ganz wichtig: Nehmen Sie sich im Geschäft die Zeit, die Einschaltzeiten verschiedener Kameras zu vergleichen, denn nichts ist schließlich ärgerlicher, als einen wichtigen Moment zu verpassen, weil das Zoom-Objektiv der Kamera gerade noch gemächlich ausfährt.

Tasten, Knöpfe und Räder
Bei den Kompakten wurden sie inzwischen weitgehend durch die Bedienung per Touch abgelöst: dezidierte Tasten und Einstellräder, mit denen sich wichtige Parameter wie Blende, ISO und Co. ohne Umweg über das Menü verändern lassen. Schade, denn obwohl inzwischen auch viele günstige Modelle die Möglichkeit zur vollständig manuellen Bedienung bieten, bleiben sie dadurch benutzerunfreundlich. Wer nicht bloß Schnappschüsse, sondern Fotos schießen will, sollte daher auf möglichst viele Einstellungstasten und -räder Wert legen – auch wenn es auf den ersten Blick verwirrend aussehen mag.

Ergonomie und Gewicht
Die besten Bedienelemente nutzen nichts, wenn sie an der falschen Stelle positioniert wurden, wobei "falsch" absolut relativ ist, denn jede Hand ist anders und jeder Nutzer hat andere Vorlieben und Vorstellungen davon, wie er seine Kamera benutzen möchte. In die Hand genommen und ausprobiert sollte man die neue Kamera vor dem Kauf daher haben. Wer im entscheidenden Moment das richtige Knöpfchen verfehlt, Krämpfe vom Halten kriegt oder ständig fürchtet, die Kamera könnte im nächsten Augenblick aus der Hand fallen, wird am Fotografieren keine Freude haben. Entscheidend ist in dieser Hinsicht auch das Gewicht: Kleine Kameras lassen sich zwar platzsparend verstauen und sind überallhin leicht mitzunehmen, doch größere und somit schwerere Kameras liegen zumeist besser in der Hand und neigen weniger zu Verwacklungen.

Sucher und Display
Sucher, ob optisch oder elektronisch, sind im Segment der Kompaktkameras inzwischen kaum noch zu finden. Große (Touch-)Displays haben ihnen den Rang abgelaufen. Dabei haben die "Gucklöcher" einen entscheidenden und nicht zu vernachlässigenden Vorteil: Im Gegensatz zum Display lassen sich die in ihnen abgebildeten Informationen auch bei starker Sonneneinstrahlung/Gegenlicht noch gut ablesen. Achten Sie daher auf einen Sucher – bei manchen Modellen gibt es den mitunter auch als optionales Zubehör. Ohne Display geht es natürlich trotzdem nicht, schließlich will man als Fotograf einen bestmöglichen Eindruck davon vermittelt bekommen, wie das finale Bild aussieht. Je größer, höher auflösend und leuchtstark das Display daher ist, umso besser. Ob es sich deswegen auch gleich in sämtliche Richtungen verdrehen und biegen lassen muss, sei dahingestellt. Komplizierte Klapp-Mechanismen stellen jedoch häufig ein "Verletzungsrisiko" für das Display dar bzw. sind anfällig für Schäden. Und fürs Fotografieren in die Knie zu gehen oder die Kamera über den Kopf zu halten, geht ja auch.

RAW-Format
Kameras knipsen ihre Bilder in der Regel im JPEG-Format. Das spart Speicherplatz und lässt sich mit den meisten Programmen problemlos öffnen. Durch die Komprimierung beim Speichern in das Bildformat gehen allerdings auch Bildinformationen verloren. Nicht so beim RAW-Format, bei dem sämtliche Bildinformationen unkomprimiert gespeichert werden, sodass sich auch nachträglich noch Anpassungen etwa an Weißabgleich und Belichtung vornehmen lassen. Auch wenn das Handling diVergleichen Sie das RAW-Format doch am besten mit einem Negativ, wie es zur Zeit der Analog-Fotografie gebräuchlich war: Aus einer RAW-Datei lassen sich beliebig viele unterschiedliche "Abzüge" entwickeln. Knipsen Sie hingegen im JPEG-Format, ist vieles bereits zum Zeitpunkt der Aufnahme unwiederbringlich verloren. Achten Sie deshalb darauf, dass Ihre Kamera das RAW-Format unterstützt.

Akku und Ladegerät
Ein Akku muss selbstredend möglichst groß sein, sprich lange laufen, ehe er zum Aufladen wieder an die Steckdose muss. Profis haben jedoch stets einen Zweit- oder gar Dritt-Akku in der Tasche – man kann schließlich nie wissen. Wenn Sie zu der Sorte Fotograf zählen, die gerne lang und viel draußen unterwegs ist, insbesondere auch im Winter, sollten Sie schon beim Kauf darauf achten, wie teuer Sie ein zusätzlicher Akku zu stehen kommt. Denn gerade hier schlagen die Hersteller oftmals richtig zu. Ebenfalls wichtig: Viele Kameras kommen inzwischen ohne externes Ladegerät daher – ist der Akku leer, muss die komplette Kamera per (USB-)Kabel an die Steckdose und ist somit für die gesamte Ladedauer außer Gefecht gesetzt. Damit die Foto-Safari kein jähes Ende findet, sollten Sie daher die Anschaffung eines Ladegerätes in Betracht ziehen. Die gibt es bei Drittanbietern oftmals deutlich günstiger als vom Kamerahersteller selbst.

Lächelautomatiken, Effekte, GPS, WLAN
Viele Kompakt-, aber auch Spiegelreflexkameras sind inzwischen mit Software-Funktionen wie Gesichtserkennung, Lächel- oder Blinzelautomatik sowie Dutzenden Effekten zur Bearbeitung der Aufnahmen vollgestopft. Manches davon ist durchaus nützlich, oftmals aber entbehrlich, vor allem sofern man selbst fotografieren und die Arbeit nicht komplett der Kamera überlassen möchte. Hinzu kommt, dass die Benutzerführung durch zahlreiche Extras nur unnötig erschwert wird. Für Funktionen wie WLAN und GPS gilt: Wer sie nicht braucht, weil Bilder nicht umgehend ins Internet hochgeladen werden oder Standorte vermerkt werden müssen (interessant für Viel-Reisende und Outdoor-Fotografen), findet bei den Herstellern Modelle ohne GPS und WLAN, die ansonsten jedoch baugleich und günstiger sind. Mittels spezieller Speicherkarten wie etwa jenen des Herstellers Eyefi lassen sich Fotos zudem auch ganz ohne integriertes WLAN drahtlos von der Kamera auf den Rechner übertragen.

Suchen Sie nicht zu lange!
Abschließend noch ein Tipp: Zerbrechen Sie sich nicht zu lange den Kopf über technische Spezifikationen. Ein halbes Megapixel mehr oder weniger sollte nicht den Ausschlag geben. Gute Fotos lassen sich mit jeder Kamera schießen, auch mit dem Smartphone - Sie müssen nur den richtigen Moment erwischen.

Etwas Wichtiges vergessen? Schreiben Sie uns in den Kommentaren oder auf Facebook, welche Dinge für Sie bei einer Kamera unerlässlich sind.

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