Nichts zu verbergen?

Website enthüllt Facebook-Geheimnisse

Web
20.05.2010 16:30
"Ich habe doch nichts zu verbergen", bekommt man dieser Tage von Facebook-Nutzern häufig zu hören. Dabei sind sich viele Anwender gar nicht darüber im Klaren, wie viele Informationen sie über das wegen seiner allzu laxen Datenschutzbestimmungen zuletzt arg in die Kritik geratene Netzwerk von sich preisgeben. Die Website "Youropenbook" enthüllt es.

Über zwei Millionen Österreicher tummeln sich derzeit auf Facebook, wie das Netzwerk am Dienstag bekannt gab. Damit hat sich die Zahl der heimischen Nutzer binnen eines Jahres verdoppelt. Schenkt man einer aktuellen Studie der US-Shoppingwebsite Retrevo Glauben, wonach 32 Prozent aller Nutzer von sozialen Netzwerken bereits zumindest einmal bereut haben sollen, Fotos oder Kommentare veröffentlicht zu haben, so macht das allein hierzulande 640.000 potentiell peinliche Bekanntmachungen, die ihren Absendern zum Verhängnis werden könnten.

Wie schnell Facebook-Sünden offenbart werden können, zeigt "Youropenbook" (siehe Infobox). Die Website greift dafür auf die Ende April für jedermann veröffentlichte Such-Programmierschnittstelle des sozialen Netzwerks zurück und nutzt diese, um Suchbefehle mit den öffentlichen Status-Updates von Facebook abzugleichen. Soll heißen: Alles, was Facebook-Nutzer wissentlich oder unwissentlich von sich in den Status-Meldungen preisgeben, kann an anderer Stelle, nämlich über "Youropenbook", gleich einem offenen Buch von Millionen Nutzern aus aller Welt durchstöbert und letztlich eingesehen werden.

Verhängnisvolle Bekenntnisse
Neugierige müssen dafür nichts weiter tun, als die Facebook-Mitteilungen mittels Suchmaske nach pikanten oder peinlichen Erlebnissen wie dem jüngsten Besuch im Strip-Club, der letzten Schimpftirade auf den Chef oder einem Seitensprung zu durchforsten. Zusammen mit den öffentlichen Updates, in denen die gesuchten Schlagworte gefunden wurden, spuckt "Youropenbook" auch gleich die Links zu den Profilen der jeweiligen Nutzer aus. Foto inklusive. So erfahren wir laut "PC World" etwa, dass Brandon am letzten Wochenende seine Jungfräulichkeit verloren hat, während Tony beim Urologen eine "schmerzhafte Prozedur, die einen Latex-Handschuh inkludierte", über sich ergehen lassen musste.

Oftmals können jedoch schon deutlich weniger offenherzige Bekenntnisse Nutzer in Bedrängnis bringen: "Möchte Rachel aus San Jose wirklich, dass alle Welt über ihren Frauenarztbesuch am Donnerstag Bescheid weiß? Oder sollen Martins Lehrer in New Jersey erfahren, dass er beim Test am Freitag geschummelt hat? Und wie steht der Boss von Michael aus Pensacola dazu, wenn er erfährt, dass sein Mitarbeiter krankfeierte, um sich einen spontanen Urlaub zu gönnen?", fragt "PC World".

Datenschutzrichtlinien für Nutzer nicht zu durchschauen
Selbst schuld, mag sich so manch einer dabei denken, schließlich ist jeder für das, was er im Netz von sich gibt, auch selbst verantwortlich. Doch ganz so einfach ist es nicht, macht es Facebook seinen Nutzern doch denkbar schwer, genau zu durchschauen, welche Nutzerdaten privat sind (und bleiben) und welche öffentlich einsehbar sind. Dies geschieht natürlich aus gutem Grund, ist das Wissen über seine Nutzer doch die Haupteinnahmequelle für Facebook. Je mehr das Netzwerk über die Vorlieben seiner weltweit über 400 Millionen Mitglieder weiß, umso gezielter und somit gewinnbringender lassen sich Werbeeinschaltungen verkaufen.

Dass Nutzer alles für sich behalten und unter sich bleiben, wird demnach gar nicht gerne gesehen. So überrascht es dann auch nicht, dass Anwender nach der jüngsten Änderung der Datenschutzbestimmungen bei Facebook über 50 Einstellungen und 170 Optionen durchklicken müssen, um ein Maximum an Privatheit zu erlangen, wie "PC World" berichtet. Doch die Probleme beginnen laut "New York Times" schon früher, nämlich bei der Zustimmung zur Facebook'schen Datenschutzrichtlinie. Diese sei nämlich, so das Blatt, mit über 5.800 Wörtern gut 1.300 Wörter länger als die US-Verfassung – und somit für den Nutzer viel zu schwer zu durchschauen.

Immerhin hat Facebook-Manager Elliot Schrage gegenüber der "Financial Times" am Dienstag Besserung gelobt und angekündigt, die Optionen einfacher zu gestalten. Es sei jedoch schwer, die Balance zwischen präzisen und leicht verständlichen Formulierungen zu finden, räumte er ein. Einen genauen Termin für die Umsetzung bleibt er wohl auch deshalb schuldig.

Datenschützer empfehlen Löschung des Facebook-Kontos
Das Beste, was Nutzer in der Zwischenzeit daher tun könnten, um ihre privaten Daten zu schützen, sei Facebook ganz den Rücken zu kehren, so der gut gemeinte Rat von Datenschützern. Nachdem auch dies nicht unbedingt einfach zu bewerkstelligen ist, geben mittlerweile zahlreiche Websites wie zum Beispiel "Deleteyouraccount" (siehe Infobox) Auskunft darüber, wie man seine Konten in sozialen Netzwerken löschen kann (nicht zu verwechseln mit "deaktivieren", hier bleiben sonst bei Facebook alle Daten bis zur Reaktivierung des Kontos durch den Nutzer gespeichert). Bei angemeldeten Facebook-Mitgliedern gelingt dies über: http://www.facebook.com/help/contact.php?show_form=delete_account

"Privacy Scanner" überprüft Sicherheitseinstellungen
Nutzer, die dem Netzwerk aller Warnungen zum Trotz die Treue halten möchten, tun zumindest gut daran, den "Facebook Privacy Scanner" von Reclaimprivacy (siehe Infobox) zu bemühen. Einmal als Bookmark abgelegt, überprüft die Web-Applikation bei angemeldeten Nutzern nach Klick auf den in den Favoriten abgespeicherten Eintrag die Facebook-Sicherheitseinstellungen auf mögliche Schwachstellen und bietet praktischerweise auch gleich an, diese zu korrigieren. Dies erspart dem Nutzer das umständliche und langwierige Hangeln durch die Konfigurationsseiten.

"Sie vertrauen mir eben, diese Vollidioten"
Schlussendlich bleibt es aber jedem selbst überlassen, ob er soziale Netzwerke nutzt und welche Informationen er über diese preisgibt. Ein derzeit im Internet kursierender Dialog zwischen dem damals noch 19-jährigen Harvard-Studenten und Facebook-Gründer Mark Zuckerberg und einem Freund lässt allerdings stark an den hehren Absichten von Facebook zweifeln. Per Instant Messenger schrieb Zuckerberg laut "Businessinsider": "Wenn du Informationen über irgendjemanden hier in Harvard brauchst, musst du mich nur fragen. Ich habe über 4.000 E-Mail-Adressen, Bilder und Anschriften". Befragt, wie er an diese gekommen sei, soll Zuckerberg geantwortet haben: "Die Leute haben sie mir gegeben. Warum weiß ich nicht, sie vertrauen mir eben. Vollidioten."

Loading...
00:00 / 00:00
play_arrow
close
expand_more
Loading...
replay_10
skip_previous
play_arrow
skip_next
forward_10
00:00
00:00
1.0x Geschwindigkeit
explore
Neue "Stories" entdecken
Beta
Loading
Kommentare

Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.

Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.

Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.



Kostenlose Spiele