Mit Rivale Dialog

Steirischer Handychipfabrikant ams plant Fusion

Wirtschaft
27.06.2014 09:31
In der europäischen Chipbranche bahnt sich eine Milliardenfusion an: Der steirische Halbleiterhersteller ams spricht mit dem deutsch-britischen Konkurrenten Dialog Semiconductor über einen Zusammenschluss. Noch seien die Fusionsgespräche aber in einem frühen Stadium, bestätigten die beiden Unternehmen, deren Chips unter anderem in Smartphones von Apple und Samsung verbaut sind.

An der Börse kommen ams und Dialog derzeit auf einen Wert von jeweils 1,7 Milliarden Euro. Zusammen haben die beiden Unternehmen damit einen Börsenwert, der in etwa dem der Telekom Austria (rund 3,1 Milliarden Euro) entspricht.

Gespräche laufen bereits seit Monaten
Die "Financial Times" berichtete, die Gespräche zwischen den Unternehmen liefen seit einigen Monaten. Demnach sei vorgesehen, dass ams künftig den Aufsichtsratschef stelle und Dialog den Vorstandsvorsitzenden berufe. Zugleich solle Dialog aber seine Börsennotierung in Deutschland aufgeben. Das gemeinsame Unternehmen solle künftig nur noch in der Schweiz gehandelt werden, wo ams notiert.

Knackpunkt dürfte der Preis sein. Laut "FT" soll Dialog eine Prämie von zehn Prozent gefordert haben. ams dagegen soll argumentieren, dass die erwarteten Synergien allein schon Grund genug für die Verschmelzung seien. Geplant sei eine "Fusion unter Gleichen", hieß es in den Mitteilungen der beiden Unternehmen. "Es gibt noch eine Menge zu diskutieren", sagte ein an den Verhandlungen Beteiligter zu Reuters.

Bei Fusion gilt für Dialog britisches Recht
Dialog Semiconductor hat seinen rechtlichen Sitz in London, daher gilt bei einer möglichen Fusion britisches Recht. Demnach muss ams nun innerhalb eines Monats, bis spätestens 24. Juli, entweder ein verbindliches Übernahmeoffert abgeben oder die Fusion absagen, erklärten ams und Dialog Semiconductor in Aussendungen ihren Aktionären.

Die Aktien von ams und Dialog schnellten nach Bekanntwerden der Pläne nach oben. Die Papiere von ams legten an der Züricher Börse am Donnerstagnachmittag um 4,19 Prozent auf 151,70 Franken zu. Die Dialog-Aktien gewannen in Frankfurt 5,84 Prozent auf 25,48 Euro. Zwischenzeitlich notierten die Titel sogar neun Prozent im Plus bei 26,22 Euro - der höchste Stand seit 2000.

Kleine Fische im großen Chip-Teich
ams mit Sitz in Unterpremstätten bei Graz erzeugt Chips und Sensoren für die Elektronikindustrie. Wichtige Forschungs- und Betriebsstätten sind in Österreich, im texanischen Plano und an weiteren sieben Standorten weltweit. ams beschäftigt rund 1.400 Mitarbeiter in mehr als 20 Ländern. Der Umsatz betrug 2013 rund 378 Millionen Euro, der Nettogewinn lag bei 61 Millionen Euro.

Dialog Semiconductor steuert das operative Geschäft von Kirchheim unter Teck in Baden-Württemberg aus und hat rund 1.100 Mitarbeiter. Der Umsatz stieg 2013 um 17 Prozent auf rund 903 Millionen Dollar, umgerechnet sind das rund 663 Millionen Euro. Der Nettogewinn stagnierte bei 62,5 Millionen Dollar. Damit ist ams deutlich profitabler als Dialog Semiconductor. Beide zählen im Vergleich zu Branchenriesen wie Intel, Qualcomm, Nvidia oder AMD eher zu den kleineren Fischen.

Fusion soll Synergien schaffen
Mit der geplanten Fusion hoffen Analysten vor allem auf Synergieeffekte. Zu den Synergien komme aber auch eine stärkere Verhandlungsposition gegenüber mächtigen Kunden wie Apple und Samsung, erklärte Analyst Tim Wunderlich von der Privatbank Hauck & Aufhäuser. Die Deutschen und die Österreicher seien mit ihren Aktivitäten im Handy-Zuliefergeschäft sowie im Geschäft mit Fahrzeugherstellern ähnlich aufgestellt.

Dialog bekäme durch eine Fusion Zugang zu Samsungs Galaxy-Smartphones und könnte seine Abhängigkeit von Apple verringern. Bisher versorgt Dialog Samsung nur mit Bauteilen für Geräte im unteren und mittleren Preissegment. Unterdessen käme ams mit Unternehmen aus der Beleuchtungsbranche wie Philips ins Geschäft.

DZ-Bank-Analyst Harald Schnitzer sprach von einer Überraschung. "Ein Fusion könnte angesichts sich ergänzender Produkte und Märkte sinnvoll sein", schrieb er in einer Studie. Gemeinsam hätten ams und Dialog eine größere Einkaufsmacht und könnten bessere Konditionen mit den Chip-Auftragsherstellern aushandeln. "Abgesehen von der Fusion ist Dialog auch allein auf einem enormen Wachstumspfad." Andere Analysten warnten davor, dass das Unternehmen nach einer Fusion noch abhängiger von Apple wäre.

ams profitiert von der bisher großen Nachfrage nach Smartphones und Tablet-Computern. Dafür produzieren die Österreicher Licht- und Lagesensoren oder Mini-Mikrofone, die zur Spracherkennung wichtig sind. ams hat aber auch ähnliche Systeme zum Strommanagement wie Dialog im Angebot. Die Steirer konkurrieren mit Teilen ihres Portfolios mit Bosch, Dialog Semiconductor punktuell mit Infineon.

Fusionen sind in der Chipbranche Rarität
Ein Zusammenschluss der nun verlobten Halbleiterhersteller wäre für die Chipbranche eine Rarität. Investoren fiebern zwar seit Jahrzehnten auf eine Konsolidierung hin, doch die starke Schwankungsanfälligkeit des Geschäfts und die Eigentümlichkeiten der Industrie haben größere Zusammenschlüsse weithin verhindert. Die Aussicht auf schwächere Wachstumsraten für den Tablet- und Smartphone-Absatz könnte die Zulieferer allerdings zu vorausschauenden Fusionen treiben.

Die europäische Chipbranche ist weitgehend auf Spezialitäten wie Handy-, Auto- oder Sicherheitshalbleiter ausgerichtet. In den USA werden hingegen vor allem Prozessoren, in Asien Speicher gebaut. Halbleiterriesen wie Intel drängen allerdings zur immer stärkeren Integration der hochkomplexen Bauteile. Der Trend geht zum System auf einem Chip, das immer mehr Funktionalitäten eines Geräts auf einem winzigen Stück Silizium bündelt.

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