Lizenz zum Hören

Musik soll künftig aus der “Wolke” auf iPod und Co regnen

Web
25.01.2010 12:23
Wenn es nach den Wünschen der Industrie geht, soll der Besitz von Musik schon bald der Vergangenheit angehören. Denn statt CDs oder MP3s sollen Konsumenten künftig die Lizenz zum Hören erwerben - und damit das Recht, den jeweiligen Song auf jedem beliebigen Gerät per Soundstreaming zu hören. Die Musik selbst soll in der "Wolke", also auf leistungsstarken Computerservern, gespeichert bleiben, so Experten zum Auftakt der am Sonntag in Cannes gestarteten Musikmesse MIDEM.

Auf dem begleitenden Kongress MIDEMNET sucht das Musikbusiness seit Samstag zum elften Mal nach neuen Wegen, im Zeitalter von illegalen Downloads Geld zu verdienen. Nach langen Geburtswehen im Umgang mit Filesharing und sonstigen nichtlizensierten Verbreitungswegen von Musik, die seit Jahren für einen rasanten Rückgang bei den CD-Verkäufen sorgen, hat die Branche erkannt: "Es ist nicht unser Geschäft, Plastikscheiben zu verkaufen", wie Simon Wheeler vom britischen Label "Beggar's Group" sagt. Überhaupt hat das Musikbusiness "ein bisschen ein Problem: Das, was wir verkaufen wollen, kauft keiner mehr", so Hal Ritson von der Band The Young Punx.

Nutzer empört: Musikdatei steht nach wie vor im Mittelpunkt
Viel Hoffnung wird daher in Abo-Systeme gesteckt. Dabei kann gegen eine monatliche Gebühr unbegrenzt Musik gehört und, bei manchen Angeboten, auch heruntergeladen werden. Der Nachteil: Man ist zumeist an ein Gerät gebunden, das Abo lässt sich selten auf PC, Handy und Mp3-Player gleichberechtigt nutzen. Das widerspreche jedoch den Nutzerbedürfnissen: Sie wollen ihre Musik "auf allen Geräten hören", sagte Michael Paull, bei Sony Music verantwortlich für das digitale Business. Zwar hat die Musik den Schritt vom Produkt (CD) zum Service längst vollzogen. Doch dieses Service ist nach wie vor eingeschränkt, nicht der Nutzer, sondern die Musikdatei steht im Mittelpunkt. Das stößt vielen Konsumenten sauer auf.

Apple soll's richten: Streaming als neues Modell
"Die Welt geht in Richtung eines Nutzungs-basierten Modells", sagte daher Wheeler. So soll das Business auf den Kopf gestellt werden: Nicht mehr die Datei wird verkauft, sondern der Käufer erhält gegen Entgelt die Lizenz zum Hören. Wie er diese einsetzt, bleibt ihm überlassen: Der jeweilige Song soll aus der dezentralen "Wolke" des sogenannten Cloud Computing über "so viele Angebote wie möglich" zum Kunden kommen. "Alles zeigt in Richtung Wolke", ist auch Paul Brindley von Music Ally überzeugt. Vorantreiben soll die Entwicklung Apple mit seinem geplanten Tablet-PC (siehe Infobox). Hand in Hand mit dem Gerät könnte eine neue Form der Musiklizenzierung gehen, so die Gerüchteküche auf der MIDEM. "Apple kann das durchsetzen - und Apple muss diesen Schritt machen", sagte Brindley.

Kontext statt Content
Das Musikbusiness selbst wird künftig jedenfalls immer weniger Augenmerk auf den Verkauf von Musik legen. Denn das Geld liegt anderswo: 19 Prozent der Fans würden alles geben, um ihrem Star nah zu sein, in den USA und Großbritannien sogar ein Drittel, zeigt eine Umfrage von "Music Matters". Und dieses "alles" soll vor allem jenes Geld sein, das die Fans nicht mehr in den Erwerb von Tonträgern investieren. Nicht mehr der Content, sondern der Kontext soll künftig verkauft werden.

Empfehlungen sollen "Musik mit Wert anreichern"
Musik ist überall - aber "was sind die 15 Songs, die ich mir heute am Abend anhören will? Mir diese zu zeigen, darin liegt viel Geld", beschreibt Ted Cohen von TAG Strategic einen jener Bereiche, die künftig Geld bringen sollen: Musikempfehlungen. "Unlimitierten Zugang zu Musik zu haben, ist fast so wie keinen Zugang zu haben", sagte auch Michael Paull von Sony Music.

Zunehmend wichtiger werden daher Möglichkeiten sein, Musik zu entdecken, ohne dabei Millionen von Songs durchackern zu müssen. Empfehlungen von Freunden auf Social Networks, automatische Analyse des eigenen Musikgeschmacks, der Austausch von Playlists - derartige Angebote können "Musik mit Wert anreichern", sagte Terry McBride vom kanadischen Label Nettwerk Music.

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