Aufregung um ACTA

Mitterlehner beruhigt: “Keine Gesetzesänderung”

Web
14.02.2012 15:36
Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner hat angesichts der Aufregung um das umstrittene Anti-Piraterie-Abkommen ACTA versucht, beruhigend zu agieren. "Die österreichische Rechtslage wird dadurch nicht verändert", die bisherige Aufregung sei "teilweise verständlich, aber eher schon in Richtung einer übertriebenen Artikulation", sagte er am Dienstag am Rande des EU-Energieministerrats in Brüssel und betonte, dass die Unterschrift Österreichs als eines von 22 EU-Ländern aufrecht bleiben werde.

Angesprochen darauf, ob sich diese Haltung ändere, wenn Deutschland im Fall einer Ablehnung von ACTA durch das EU-Parlament ebenfalls umschwenken sollte, sagte Mitterlehner: "Wir werden abwarten, was das Europaparlament tut. Wenn es notwendig ist, werden wir uns gegebenenfalls nochmals mit der Materie befassen." Allerdings sei "bei uns der Härtegrad als Kampfthema hier nicht besonders dramatisch ausgeprägt".

SPÖ-Delegation will gegen ACTA stimmen
Die SPÖ-Delegation im EU-Parlament kündigte indes am Dienstag an, gegen das Abkommen zu stimmen. Auch wolle man die gesamte sozialdemokratische Fraktion (S&D) von einem Nein überzeugen, teilte Delegationsleiter Jörg Leichtfried am Rande der Plenarsitzung vor Journalisten in Straßburg mit. Die Wahrscheinlichkeit, seine Fraktionskollegen von einer Ablehnung zu überzeugen, bezeichnete Leichtfried als "sehr groß". Man führe innerhalb der S&D eine "sehr kritische Diskussion", es gebe eine "ziemlich starke Ablehnung" hinsichtlich ACTA. "Das Parlament könnte ACTA begraben, ein Nein ist durchaus möglich", so der EU-Abgeordnete. Kritik äußerte er vor allem am Artikel 34 des Abkommens, das den "Datenschutz massiv unterläuft".

Die ÖVP-Delegation will sich hingegen noch nicht endgültig festlegen. ACTA könne jedoch "unter keinen Umständen" befürwortet werden, sollten sich "bestehende Bedenken bewahrheiten", hieß es seitens der Abgeordneten Elisabeth Köstinger. Derzeit überprüfe man die Bedenken. Auch eine Zustimmung zur Prüfung des Abkommens durch den Europäischen Gerichtshof (EuGH) hält man sich bis zu einer Diskussion im entsprechenden Ausschuss offen. Diese würde nach Angaben mehrerer Abgeordneter zu einer Verzögerung der Abstimmung im Plenum des Europäischen Parlaments um zwei Jahre führen.

Kritik von Staatssekretär Waldner und AK
Kritik an ACTA gab es am Dienstag auch von Wolfgang Waldner, Staatssekretär im Außenministerium, der sich per Twitter dafür aussprach, den Ratifizierungsprozess des Abkommens auszusetzen, sowie der Arbeiterkammer. Deren Leiterin der Abteilung für Wirtschaftspolitik, Silvia Angelo, kritisierte in einer Aussendung, dass das Abkommen im Wesentlichen zwischen Industriestaaten der EU, Japan oder den USA abgeschlossen worden sei und gerade jene Länder, in denen es hauptsächlich zu Rechtsdurchsetzungsproblemen komme, wie zum Beispiel Indien oder China, nicht am Verhandlungstisch gesessen seien.

Darüber hinaus kritisierte Angelo, dass die Zivilgesellschaft zu wenig eingebunden worden sei. "In der Unzahl von vagen Bestimmungen" bestehe "die Gefahr, dass UserInnenrechte zugunsten von Urheberrechten eingeschränkt werden". Als Beispiel nannte Angelo die Bestimmung zu möglichen Netzsperren durch Provider. Für Angelo sei es zudem fraglich, "ob das ACTA-Abkommen nun tatsächlich die Produktpiraterie zurückdrängt".

Angst vor Überwachung und Internetzensur
Die Bundesregierung hatte am 24. Jänner die Unterzeichnung des ACTA-Abkommens beschlossen. Das Abkommen ist in den vergangenen Jahren unter anderem zwischen den USA, Japan und der EU ausverhandelt worden und soll Produktpiraterie und Urheberrechtsverletzungen bekämpfen. Vor der Unterzeichnung muss der Beschluss noch vom Nationalrat abgesegnet werden. Auch das EU-Parlament muss zustimmen.

Kritiker fürchten, dass das Abkommen zur Überwachung von Internetnutzern und zur Zensur im Netz missbraucht werden könnte. Mehrere EU-Staaten, unter anderem Polen, Tschechien und Lettland, haben wegen Bedenken die Ratifizierung bereits ausgesetzt. Am Wochenende kam es zu europaweiten Protesten gegen ACTA. Auch in Wien und in anderen Städten Österreichs versammelten sich mehrere tausend Menschen, um gegen das Abkommen zu demonstrieren.

EU-Kommission rührt Werbetrommel für ACTA
Die EU-Kommission hatte zuletzt am Montag versucht, das Abkommen trotz zunehmender Bedenken den Bürgern in den einzelnen Ländern schmackhaft zu machen. Aus Kommissionskreisen hieß es, dass es durch ACTA keinerlei Einfluss auf die gesetzlichen Bestimmungen in den EU-Staaten geben werde. Die Situation für die Bürger ändere sich nicht und auch, wenn eine Privatperson eine Datei im Internet herunterlade, gebe es dafür keine Strafen.

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