Mörderisch gut

Lautloser Rächer: “Dishonored – Die Maske des Zorns”

Spiele
25.10.2012 15:17
Die Zeiten, in denen sich Sam Fischer noch lautlos durch "Splinter Cell" bewegte, sind vorbei. Freunde des Stealth-Genres sind daher sehnlichst auf der Suche nach einem neuen Meuchelmörder. Präsentiert wird ihnen dieser in Gestalt von Corvo Atano, seines Zeichens Protagonist in Bethesda Softworks' "Dishonored - Die Maske des Zorns". krone.at hat den maskierten Rächer bei seinen Schleichgängen begleitet.

"Dishonored – Die Maske des Zorns" lässt Gamer in die Rolle des ehemaligen Leibwächters Corvo schlüpfen, der fälschlicherweise des Mordes an der Kaiserin bezichtigt wird. Getrieben von Zorn und Rache, schließt sich der einstige Beschützer nach einer Flucht aus dem Kerker einer Gruppe von Verschwörern an, um fortan als Attentäter die Drahtzieher des Komplotts aufzudecken und der tyrannischen Regierung, die neuerdings mit aller Härte herrscht, ein Ende zu setzen.

Wer sich nun einen Abklatsch von Ubisofts "Assassin's Creed" erwartet, wird schnell eines Besseren belehrt. Zum einen verfügt der Protagonist in "Dishonored" im Gegensatz zu Ezio und Co. auch über magische Fähigkeiten, zum anderen wird das Geschehen aus der First-Person-Perspektive verfolgt, weshalb Bethesda seinen jüngsten Spross auch lieber mit der legendären "Thief"-Reihe vergleicht.

Außergewöhnlich ist das Steampunk-Setting, in dem sich die viktorianisch angehauchte Kulisse des Städtchens Dunwall und ihrer Bewohner mit allerlei ominöser Technik und teils skurrilen Erfindungen in knackiger Cel-Shading-Optik vermischt und damit eine Atmosphäre schafft, wie man sie zuletzt etwa in "Bioshock" erleben durfte. Verantwortlich für diese zeichnet übrigens Viktor Antonov, der als Art Director bereits "Half-Life 2" den nötigen Glanz verlieh.

Dass es sich bei "Dishonored" trotz diverser Anleihen bei und Ähnlichkeiten zu anderen Titeln dennoch um ein eigenständiges Spiel mit frischen Ansätzen handelt, lässt sich anhand einer Mission verdeutlichen. Die Aufgabenstellung ist eigentlich simpel: Ein Wissenschaftler, der für den Widerstand von großer Bedeutung ist, soll aus seinem Labor entführt werden – und zwar wenn möglich, ohne dabei zu großes Aufsehen zu erregen.

Offensiv oder defensiv?
Wobei es "Dishonored" dem Spieler grundsätzlich freistellt, wie er sich an ein Problem heranwagt. Taktiker und Strategen, die ein eher defensives Vorgehen bevorzugen, analysieren Patrouillenbewegungen, bleiben im Schatten und vermeiden Feindkontakt, wann immer es nur geht. Wer es hingegen lieber actionlastig mag, kann auch ohne Weiteres den Weg durch die Mitte wählen, muss dann mitunter aber mit größerem Widerstand, einem entsprechend höherem Schwierigkeitsgrad sowie einem düstereren Ausgang der Geschichte rechnen.

Ich entscheide mich bei meinem ersten Anlauf für den direkten Weg: Statt mich über ein Wasserrad ins Untergeschoss einzuschleusen, wähle ich eine kleine Öffnung über dem bewachten Haupteingang. Mithilfe der sogenannten "Dark Vision", die wie alle anderen magischen Kräfte von meinem Mana-Vorrat zehrt, überprüfe ich zunächst jedoch, wo sich die Wachen – eventuell auch solche, die meinen Augen bislang noch verborgen waren – gerade aufhalten und welche Winkel und Ecken sie mit ihrem Blickfeld abdecken.

Dann heißt es keine Zeit zu verlieren: In einem günstigen Moment nutze ich meine "Blink"-Fähigkeit, die es mir erlaubt, mich über kurze Distanzen zu teleportieren, und – schwupps – stehe ich auf einem kleinen Vorsprung über dem Haupteingang, von wo aus ich ungesehen ins Innere des Gebäudes eindringen kann. Über ein paar Heizungsrohre laufend, mache ich schnell ein paar Meter gut, ehe ich auf die nächste Wache treffe. Noch hat sie mich nicht bemerkt und damit das auch so bleibt, zücke ich meine Armbrust, lege an, ziele kurz und drücke ab. Erledigt.

Ich springe von meinem Versteck aus hinunter in den Gang, zerre den Leichnam in ein dunkles Eck, um nicht gleich aufzufallen, und schleiche den Gang hinunter an zwei Putzfrauen vorbei, die glücklicherweise zu sehr mit dem Staubwedeln beschäftigt sind, um mich zu bemerken. Weiter geht es vorerst trotzdem nicht: Eine elektrische Barriere versperrt den Weg. Um die Stromzufuhr zu kappen, muss ich vom Gang in eines der angrenzenden Zimmer, wo ich allerdings Gefahr laufe, einer der beiden Putzfrauen in die Arme zu laufen.

Tipp: Öfter mal zwischenspeichern
So kommt es dann auch. Die Gute erschrickt, schreit einmal laut und schon habe ich die halbe Wachmannschaft auf den Fersen. Ich halte kurz die Zeit an und erledige zwei Angreifer von vorne im Nahkampf, einem weiteren hetze ich ein Rudel Ratten auf den Hals – das sollte ihn ein Weilchen beschäftigen. Dass sich hinter meinem Rücken längst mit Pistolen bewaffnete Verstärkung eingefunden hat, bemerke ich jedoch nicht bzw. zu spät. Nur Augenblicke zuvor hatte ich jedoch glücklicherweise gespeichert.

Nächster Anlauf, diesmal etwas offensiver: Statt einfacher Bolzen setze ich nun auf Brandpfeile und rette mich, als es im wahrsten Sinne des Wortes brenzlig wird, mittels Teleport aus der Gefahrenzone. Glück gehabt – die Wachen, die noch am Leben sind, können mich nicht mehr sehen, das Überraschungsmoment ist fürs Erste aber dahin. Ich schaue also, dass ich weiterkomme, wobei ich abermals von den Heizungsrohren unterhalb der Decke Gebrauch mache, bis ich schließlich vor einer Tür zum Stehen komme.

Die Luft ist rein
Ein Blick durchs Schlüsselloch zeigt mir, dass die Luft rein ist. Jetzt nur noch den Gang runter und schon stehe ich vor der Tür, hinter der sich der Aufgang zum Labor meiner Zielperson befindet. Zu meiner Rechten befindet sich praktischerweise ein Aufzug, doch nutzen kann ich ihn nicht, um mit dem Wissenschaftler möglichst schnell aus dem Haus zu fliehen: Die Stromzufuhr ist unterbrochen.

In einem Nebenraum finde ich glücklicherweise etwas Walöl, mit dessen Hilfe in Dunwall nahezu jede Gerätschaft angetrieben wird. Der Rückweg wäre damit gesichert, doch noch fehlt die Zielperson. Ich lade vorsichtshalber schon einmal die Betäubungspfeile in meine Armbrust, schleiche ein paar Stiegen hinauf und will gerade über einen Balkon ins Allerheiligste des Wissenschaftlers vordringen, als mir im letzten Augenblick noch eine Wache auffällt. Sie steht dankenswerterweise kurz vor einer Brüstung, sodass ich sie nur noch mittels eines kurzen Windstoßes über selbige zu befördern brauche.

Von einem Problem ins nächste
Den Wissenschaftler zu überwältigen ist anschließend ein Leichtes, doch mit ihm auf den Schultern fällt es schwer, sich auf der Flucht aus dem Haus etwaige noch verbliebene Wachen vom Hals zu halten. Einmal mehr friere ich deshalb kurz die Zeit an, als plötzlich zwei Wachen vor mir stehen, ihre Pistolen bereits im Anschlag. Ich verschieße meine letzten Bolzen, um die Situation zu klären, stehe dann aber wortwörtlich vor einem "riesen" Problem, als einer der schwer bewaffneten "Tallboys" auf seinen Stelzen vor mir steht und den Fluchtweg abschneidet.

Ein Blick auf das Schnellauswahlmenü zeigt mir, dass ich noch immer zwei Haft- sowie zwei gewöhnliche Sprenggranaten bei mir habe. Letztere erweisen sich als meine Rettung, denn erstere verfehlen ihr Ziel – die dünnen Stelzenbeine – und explodieren einige Meter hinter dem Tallboy. Geschafft. Ich lade mir den zwischenzeitlich abgelegten und friedlich schnarchenden Professor wieder auf die Schulter und begebe mich zum vereinbarten Treffpunkt, wo bereits ein Boot auf meine wertvolle Fracht und mich wartet…

Viel zu tun
Besonders Eilige können sich beim anschließenden Besuch im Hauptquartier gleich den nächsten Auftrag holen. Vor dem Aufbruch lohnt jedoch ein Besuch beim vertrauten Händler und Tüftler. Er frischt gegen bare Münze nicht nur Munitionsvorräte auf, sondern verbessert auch persönliche Ausrüstungsgegenstände. So lassen sich etwa die Reichweite der Armbrust und die Schlagkraft des Schwertes erhöhen.

Wer hingegen seine magischen Fähigkeiten optimieren möchte, ist dafür auf spezielle Runen angewiesen, die über die ganze Stadt verteilt sind und dementsprechend erst einmal gefunden werden wollen, was die Spielzeit streckt, die Sammelleidenschaft weckt und zu guter Letzt auch dazu beiträgt, dass sich der Spielcharakter nach den eigenen Vorstellungen formen lässt. Als nicht minder wichtig erweisen sich sogenannte Knochenartefakte. Sie verschaffen Corvo dauerhaft bestg> Es ist der Mix aus magischen Fähigkeiten und konventionellen Waffen bzw. der schnelle Wechsel zwischen diesen, der "Dishonored" so reizvoll macht und es dem Gamer erlaubt, die Vorgehensweise seinen individuellen Vorlieben anzupassen. Lautstark durch die Mitte oder leise durch die Hintertür? Die Entscheidung liegt ganz beim Spieler. Die Abenteuer des maskierten Rächers - eine Mischung aus Stealth-Einlagen, First-Person-Action und Rollenspiel - dürften demnach nicht nur für jene interessant sein, die Schleicheinlagen lieben, sondern auch die Sorte Gamer zufriedenstellen, die Problemen bevorzugt mit dem Brecheisen zu Leibe rückt. So unterschiedlich die Herangehensweise an eine Aufgabe, so unterschiedlich ist auch deren Ausgang, sodass "Dishonored" über die Spielzeit von um die zwölf Stunden bestens zu unterhalten weiß.

Plattform: Xbox 360 (getestet), PS3, PC
Publisher: Bethesda Softworks
krone.at-Wertung: 9/10

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