CCC-Kongress

Hacker rufen zu Widerstand gegen Überwachung auf

Web
31.12.2012 09:04
Der Chaos Computer Club hat sich auf einem viertägigen Kongress in Hamburg gegen staatliche Überwachungstechnik, Zensur und Internetregulierung ausgesprochen. Mit 6.000 Teilnehmern fand die Konferenz der größten europäischen Hacker-Vereinigung so viel Resonanz wie nie zuvor in der 31-jährigen Geschichte des Vereins. Im neuen Jahr will der CCC die digitale Militärtechnik für Drohnen und andere automatisierte Systeme zu einem zentralen Thema machen.

CCC-Sprecher Frank Rieger rief Software-Entwickler und Ingenieure am Samstag dazu auf, sich einer militärischen Nutzung ihrer Fähigkeiten zu widersetzen. Auch der Raketeningenieur Wernher von Braun sei ein großes Talent gewesen, habe seine Fähigkeiten aber in den Dienst militärischer Interessen gestellt, sagte Rieger mit Blick auf das diesjährige Leitmotiv beim Chaos Communication Congress: "Not my department" (Nicht mein Fachgebiet) - eine Anspielung auf die Neigung von Technikern, sich nicht um Verantwortung und Konsequenzen ihres Handelns zu kümmern. Dies sei Unsinn, "die ganze Welt ist Euer Fachgebiet", sagte Appelbaum. Im Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa ergänzte Rieger: "Wir sagen: Arbeitet nicht für diese Leute, überlegt Euch, für wen Ihr Eure Fähigkeiten einsetzt."

Experte warnt vor staatlicher Überwachung
Doch auch das Thema Überwachung spielte während des Kongresses eine wichtige Rolle. So warnte US-Hacker und Wikileaks-Unterstützer Jacob Appelbaum (Bild) etwa vor Plänen von Geheimdiensten für den Aufbau umfassender Überwachungssysteme. Als Beispiel nannte er den Bau eines großen Rechenzentrums des US-Geheimdienstes NSA im Bundesstaat Utah. Appelbaum rief den Teilnehmern zu: "Widersetzt euch diesem Überwachungsstaat!" Der 29-jährige Aktivist der Hackergruppe Cult of the Dead Cow wandte sich gegen die Haltung, dass nur diejenigen von Überwachungsmaßnahmen betroffen seien, die es auch verdient hätten. "Absicht des NSA-Rechenzentrums ist es, uns alle auszuspähen, das ist die Realität." Dieser "Angriff auf die menschliche Würde" werde dazu führen, dass Demokratie weltweit in Gefahr gerate.

Regeln für Überwachungssoftware gefordert
In einem Rückblick auf das Jahr bekräftigte der CCC daher die Ablehnung von staatlicher Überwachungssoftware wie dem "Staatstrojaner", der vor allem zum Abhören von verschlüsselten Telefonaten über das Internet verwendet wird. Im Oktober 2011 enthüllte der CCC erstmals Details der Software und warf den Verantwortlichen vor, die Software biete mehr Funktionen als zulässig, und sie hinterlasse auf dem Computer des Betroffenen Sicherheitslücken, die Dritte ausnutzen könnten. Kritisiert wurde vor allem eine Nachladefunktion, mit deren Hilfe die Überwachung des Computers nach CCC-Angaben bis hin zur verfassungsrechtlich äußerst sensiblen Online-Durchsuchung der Festplatte ausgeweitet werden kann.

Aufgrund der Antworten auf parlamentarische Anfragen könne die Zahl der bisherigen Einsätze von Online-Überwachung in Deutschland auf rund 100 geschätzt werden, sagte CCC-Sprecherin Constanze Kurz. In etwa der Hälfte der Fälle sei der Versuch, die Rechner von Verdächtigen zur Gefahrenabwehr zu infiltrieren, aber gescheitert. "Effizient hat es wohl nicht funktioniert." Dem Berliner Richter und CCC-Mitglied Ulf Buermeyer zufolge sollte es eine derartige Online-Überwachung gar nicht geben. "Es gibt keine klare Rechtsgrundlage - wenn gelauscht wird, dann ohne klare Spielregeln", kritisierte er und forderte die Regierung zur Schaffung einer klaren gesetzlichen Regelung für den umstrittenen Einsatz staatlicher Überwachungssoftware auf: "Besser ein enges, striktes, klares Gesetz als gar keines."

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