Trotz Kritik

EU unterzeichnet umstrittenes ACTA-Abkommen in Tokio

Web
26.01.2012 16:00
Vertreter von 22 der 27 EU-Mitgliedsstaaten haben am Donnerstag in Tokio das umstrittene Anti-Piraterie-Abkommen ACTA unterzeichnet. Es werde erwartet, dass die noch fehlenden EU-Staaten - darunter Deutschland - folgen würden, sobald das Verfahren dazu abgeschlossen sei, hieß es in einer Mitteilung des japanischen Außenministeriums. Doch nicht nur in der Bevölkerung, auch in den Reihen der österreichischen EU-Parlamentarier mehren sich inzwischen kritische Stimmen gegen das Abkommen.

Das auf Initiative der USA und Japan in mehrjährigen Verhandlungen 2011 fertiggestellte Abkommen verpflichtet die Unterzeichner zur Kooperation sowie zur Schaffung neuer Gesetze, die die Durchsetzung von Urheberrechten erleichtern sollen. Damit soll etwa der weltweite Kampf gegen gefälschte Arzneimittel oder Datenklau erleichtert werden. Unter anderem sieht das Abkommen vor, dass Internetanbieter für Urheberrechtsverletzungen von Kunden haftbar gemacht werden können.

Kritiker sehen daher ACTA in einer Reihe mit Bestrebungen in einzelnen Staaten, das Urheberrecht zu verschärfen. In der vergangenen Woche stießen entsprechende Gesetzesvorhaben in den USA mit den Bezeichnungen SOPA (Stop Online Piracy Act) und PIPA (Protect IP Act) auf derart massive Proteste, dass im Kongress geplante Abstimmungen auf unbestimmte Zeit verschoben wurden.

Der EU-Rat hatte bereits während des polnischen Vorsitzes in der zweiten Jahreshälfte 2011 den Beitritt zu ACTA beschlossen. Die österreichische Bundesregierung hatte die Unterzeichnung des umstrittenen Abkommens am Dienstag beschlossen. Vor dem Inkrafttreten von ACTA ist allerdings noch eine Zustimmung des EU-Parlaments erforderlich. Die Abstimmung wird voraussichtlich im April oder Mai stattfinden.

EU-Parlamentarier üben Kritik
Allerdings mehren sich inzwischen auch in der Politik die kritischen Stimmen gegen das Abkommen. Schwere datenschutzrechtliche Bedenken äußerten am Donnerstag die SPÖ-EU-Abgeordneten Jörg Leichtfried und Josef Weidenholzer. Auch der fraktionsfreie EU-Abgeordnete Martin Ehrenhauser sieht durch ACTA die "Grundrechte der österreichischen und europäischen Bürger bedroht". Leichtfried und Weidenholzer bezeichneten ACTA als "massiven Eingriff in die digitalen Grundrechte". ACTA bringe zwar "Rechte für Unternehmen, aber nur Einschränkungen für Internetnutzer", betonten sie.

Die Verhandlungen zu dem umstrittenen Abkommen hätten zudem hinter "verschlossenen Türen stattgefunden", so die EU-Parlamentarier. Sie forderten daher ein Ende der "Intransparenz" und den "vollständigen Zugang zu sämtlichen Dokumenten rund um das Abkommen". Dieser sei ihnen bis dato verwehrt gewesen, während "US-Unternehmen nach der Unterzeichnung einer Verschwiegenheitsklausel Einsicht nehmen durften".

Unterzeichnung durch Österreich "grob fahrlässig"
Martin Ehrenhauser will sich indes in den kommenden Monaten "massiv" für eine Mehrheit im Europäischen Parlament gegen das Abkommen einsetzen, damit ACTA "noch verhindert werden kann". Die Unterzeichnung von ACTA durch Österreich sei als "grob fahrlässig zu bezeichnen", so der frühere Abgeordnete der Liste Martin in einer Aussendung. Für ihn ist ACTA "von Beginn an völlig schief gelaufen". Das Abkommen müsse aufgegeben werden.

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