Widerstand regt sich

Bedeutet neues EU-Gesetz Ende der Netzneutralität?

Web
28.03.2014 10:15
Im Netz formiert sich Widerstand gegen einen Vorschlag der EU zur Regulierung des Telekommunikationsbinnenmarkts, der die Abschaffung des neutralen Internets zur Folge haben könnte und Providern die Möglichkeit einräumen würde, nach eigenem Ermessen Dienste zu bevorzugen, zu sperren, zu drosseln oder extra zu verrechnen. Am 3. April soll in Brüssel darüber abgestimmt werden. Wütende Netzaktivisten laufen Sturm gegen die befürchtete Zweiklassengesellschaft im Internet.

Hauptkritikpunkt der Gegner der EU-Verordnung für einen europäischen Binnenmarkt für Telekommunikation ist der europaweiten Protestplattform savetheinternet.org zufolge ein Abschnitt, in dem der Gesetzgeber vorsieht, Providern die Möglichkeit einzuräumen, "spezialisierte Services" anzubieten. Das hätte zur Folge, dass Provider nicht mehr jedes über das Internet verschickte Datenpaket gleich behandeln müssen, sondern unterschiedlich zu behandeln.

Premium-Dienste könnten Provider reich machen
Damit hätten die Provider die Möglichkeit, einzelne Dienste extra zu vermarkten. Denkbar wäre dadurch beispielsweise, dass Internetkunden für bestimmte Videoseiten künftig extra zahlen müssen und der Provider die damit in Zusammenhang stehenden Datenpakete bevorzugt behandelt und schneller transportiert. Denkbar wäre auch, Spieler zur Kassa zu bitten, damit ihre Datenpakete – Latenzzeiten sind Online-Gamern wichtig – möglichst schnell von A nach B zu kommen.

Nachteile für "normale" Internetnutzer befürchtet
Kritiker der Regelung warnen deshalb vor einem Zweiklasseninternet, bei dem ein "normaler" Internetanschluss von den Providern gegenüber extra zahlenden Kunden hintenangestellt wird. Zudem erlaube die kommende EU-Regelung Providern auch, auf eigene Faust Dienste zu sperren oder zu bevorzugen. Für besonders problematisch halten Gegner des EU-Vorschlags auch eine Passage, in der Internetprovidern die Möglichkeit eingeräumt wird, ohne richterlichen Beschluss bestimmte Dienste zu sperren.

Provider bekämen umfangreiche Zensurmöglichkeit
Die Gegner sprechen in diesem Zusammenhang schon von Internetzensur. Es sei nicht auszuschließen, dass die Provider – sobald sie dieses Recht einmal haben – auf eigene Faust entscheiden, welche Onlinedienste sie zulassen und welche nicht. Sie könnten zudem auch auf Zuruf aus der Wirtschaft oder Politik willkürlich Websites sperren. Käme dieser Teil des EU-Vertrags zur Binnentelekommunikation zustande, wären Provider nicht länger Dienstleister für den Datenverkehr, sondern könnten gleichzeitig entscheiden, welche Daten sie transportieren – und welche nicht.

Vorschlag der EU-Kommission online einsehbar
Die umstrittenen Punkte sind Teil eines online einsehbaren Vorschlags für die Verordnung eines europäischen Binnenmarkts, der von EU-Telekommunikationskommissarin Neelie Kroes stammt. Der enthält Passagen, die dem Internetnutzer künftig dienlich sein könnten, aber auch kritische Passagen. Hauptkritikpunkt der Initiatoren von savetheinternet.org: Zwar hat die Kommissarin angekündigt, die Netzneutralität – also die Gleichbehandlung jedes Datenpakets im Netz – zu schützen, einzelne Bestandteile des Vorschlags geben Providern jedoch die rechtlichen Mittel, sich über die Netzneutralität hinwegzusetzen. Über den Vorschlag wird bereits in einer Woche abgestimmt.

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