"Kritik berechtigt"

Auch Slowakei setzt ACTA-Ratifizierung vorerst aus

Web
07.02.2012 15:49
Nach Polen und Tschechien hat nun auch die Slowakei den Ratifizierungsprozess des umstrittenen ACTA-Abkommens gestoppt. Wie Wirtschaftsminister Juraj Miskov von der liberalen Partei Freiheit und Solidarität (SaS) gegenüber Medien am Dienstag einräumte, erlaube ACTA zu viele Interpretationen "und die Kritik der Aktivisten gegen ACTA ist in vielen Dingen berechtigt".

Miskov zufolge will die slowakische Regierung ihre genaue Position zu ACTA nun noch vor der vorgezogenen Parlamentswahl am 10. März formulieren. Ex-Premier Robert Fico, der Chef der linksgerichteten Oppositionspartei Smer (Richtung) erklärte: "Für uns ist ACTA in dieser Form nicht akzeptabel." Gegen die Überführung von ACTA in slowakisches Recht hatten sich auch mehrere Abgeordnete der Mitte-Rechts-Parteien ausgesprochen.

Tschechien setzt Ratifizierung ebenfalls aus
Am Montag hatte bereits Tschechien die Ratifizierung des umstrittenen Urheberschutz-Abkommens vorerst ausgesetzt. Das Kabinett von Ministerpräsident Petr Necas müsse den Pakt zunächst näher analysieren, bestätigte Regierungssprecher Jan Osuch der Nachrichtenagentur dpa. "Wir dürfen auf keinen Fall zulassen, dass die bürgerlichen Freiheiten und der freie Zugang zu Informationen in irgendeiner Weise bedroht sind", erklärte Necas.

Vor der überraschenden Ankündigung des Regierungschefs hatten die Proteste gegen das Abkommen in Tschechien einen neuen Höhepunkt erreicht. Hacker der Gruppe Anonymous entwendeten eine Liste mit privaten Informationen zu allen Mitgliedern der Regierungspartei ODS und spielten sie am Montag tschechischen Zeitungen zu.

Auch in Slowenien war es am Wochenende zu massiven Protesten gegen das Abkommen gekommen. In Ljubljana gingen über 3.000 Menschen auf die Straße, das Hacker-Netzwerk Anonymous legte die Internetapplikation der größten Bank Nova Ljubljanska banka lahm und kündigte Angriffe auf Regierungsseiten an. Die slowenische Botschafterin in Japan, Helena Drnovsek Zorko, distanzierte sich zudem öffentlich von ihrer im Auftrag der Regierung geleisteten Unterschrift unter ACTA.

Mehrheit in EU-Parlament äußerst fraglich
Die Slowakei, Tschechien und 20 weitere EU-Mitgliedsstaaten - darunter auch Österreich - hatten das Handelsabkommen zum Kampf gegen Fälschungen im Jänner unterzeichnet. Damit das Abkommen in Kraft treten kann, muss es noch vom EU-Parlament abgesegnet werden. Eine Mehrheit für das Vertragswerk scheint mittlerweile jedoch äußerst fraglich.

In Österreich äußerten sich SPÖ, BZÖ, Grüne und der EU-Abgeordnete Martin Ehrenhauser kritisch zum Pakt. Der Grüne Bundesrat Marco Schreuder forderte am Dienstag in einer Aussendung erneut, das ACTA-Abkommen in Österreich zu stoppen. "Ein Vertrag, der geheim verhandelt wurde, und an der nur eine Seite - nämlich die Content-Industrie - mitwirken durfte, hat keinen demokratischen Wert".

Protestkundgebung am Samstag in Wien
Schreuder kritisiert die mangelnde Einbindung von Internet-Usern, Datenschützern und Technologieexperten bei den Verhandlungen. "Ohne transparente Verhandlungen darf es keine rechtsgültigen Verträge geben." Einer für Samstag geplanten Protestdemonstration gegen ACTA in Wien sprach der Grüne seine Unterstützung aus.

Angst vor Internetzensur
Das ACTA-Abkommen verpflichtet zur Kooperation und Schaffung neuer Gesetze, die die Durchsetzung von Urheberrechten, vor allem im Kampf gegen gefälschte Arzneimittel und Datendiebstahl, erleichtern soll. Es sieht unter anderem vor, dass Internetanbieter für Urheberrechtsverletzungen von Kunden haftbar gemacht werden können. Datenschützer und andere Kritiker befürchten, dass es zur Überwachung von Internetnutzern und zur Zensur im Netz missbraucht werden könnte.

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