Lasziver Hintern

VW Scirocco: Die Muse ist befriedigt

Motor
09.06.2009 11:05
„Aufregend“ ist eine Vokabel, die ich bisher im Zusammenhang mit einem Volkswagen eher selten in den Mund genommen habe. Na ja, und dann kam der Scirocco. Schon die Optik ein Hammer. Hat den wirklich kein Italiener gezeichnet (der ur-originale stammt ja aus Giugiaros Feder)? Die Augenbrauen zusammengezogen (eigentlich Alfa-Domäne), dazu ein Knackarsch, wie er im Buche steht. Und das Beste ist: Die durchaus aggressiv gestylte Optik verspricht nicht zu viel…
(Bild: kmm)

Vom Ur-Scirocco hat der neue natürlich nur noch den Namen und die Verwandtschaft zum Golf. Diesen schnellen Wolfsburger kauft man nicht, weil er Retro ist (wer käme z. B. auf die Idee, einen New Beetle wegen objektiver Qualitäten zu kaufen), nein, den kann sich sogar jemand erlauben, dem Retro peinlich ist, er hat Qualitäten, die über das Versprechen aus den 70ern weit hinausgehen.

Klar gibt es den Scirocco auch mit beinahe sozialverträglichen 122 PS, aber bitteschön: Wer es finanziell irgendwie darstellen kann, der greife zum 2-Liter-TSI mit 200 PS. Der geht ab wie Schmidt’s Katze, und ist dabei ähnlich leise. Kein Bellen, kein proletoides Röhren. Die 280 Nm Drehmoment strömen schon ab 1.700/min. Richtung Straße, die Vorderräder drücken sie erstaunlich gut dort hinein, will sagen: Die Traktion ist mit 200 PS besser als bei anderen, deutlich schwächeren Fahrzeugen. Die nicht übertriebene Werksangabe von 7,1 s von 0 auf 100 km/h ist nicht zuletzt deshalb drin, weil hier nur gut 1,3 Tonnen zu bewegen sind. Ein Alfa Brera hat mindestens 150 kg mehr und braucht schon den 260-PS-V6, um an die Wolfsburger Fahrleistungen hinzuschnuppern.

Er liegt, dass es nur so eine Freude ist, lenkt, als würde er mit Gedanken gesteuert, bremst feinfühlig, wie der perfekte Mann mit einer extrem emotionalen Frau umgeht, vermittelt aber bei allem Sportsgeist so sanft zwischen Kreuz und Straße, als hätte er etwas gegen Shiatsu-Therapeuten.

Effektivität bestimmt das Fahren
Mit diesem Charakter in perfekter Harmonie und Ergänzung befindet sich das optionale Doppelkupplungsgetriebe (DSG). Überlässt man es sich selbst, kriegt man kaum mit, dass es arbeitet, man spürt und weiß jedoch, dass man immer im idealen Drehzahlbereich ist. Das bedeutet: beste Beschleunigung und geringstmöglicher Verbrauch, was wiederum super fürs Gewissen ist. Normverbrauch 7,6 l/100km, wobei einem im realen Fahrbetrieb auch nicht die Haare zu Berge stehen. Ungewöhnlich: Das ist ein Sportwagen, bei dem es Spaß macht, sparsam zu fahren!

Wer der Automatik die Arbeit abnehmen möchte oder ganz einfach selber schalten will, für den gibt’s perfekt platzierte Schaltpaddles. In jedem Fall macht das automatische Zwischengas beim Runterschalten Laune.

Die Muse ist befriedigt
So bewegend das Äußere ist, so nüchtern wirkt der Innenraum. Hier wird klar, wie nahe der Scirocco mit dem Golf verwandt ist. Beim Karosseriedesign wurden die Designer noch heftigst von der Muse geküsst, beim Innenraum war sie dann wohl schon müde. Oder befriedigt. Diese Geschoss hätte sich edlere Materialien verdient, und ein bisschen Emotion. Aber: Es ist alles am richtigen Platz, ideal zu bedienen, nichts lenkt ab. Die Sportsitze können als Vorbild für dreimal so teure Sportwagen herhalten, erinnern aber dennoch an die Recaros aus dem Ur-GTI. Einziges echtes Manko sind die hinteren Kopfstützen, die aus allen Blickrichtungen stören. Als ob VW absichtlich einen Pferdefuß in die Perfektion eingebaut hätte.

Mit Extras wie Parkpilot (wichtig!), Multifunktionslederlenkrad (liegt so gut in der Hand, dass es mich gar nicht stört, dass es unten abgeflacht ist), Metallic und so kommt der Testwagen mit DSG auf rund 35.000 Euro. Ein Haufen Holz. Aber auch jede Menge Zunder!

Stephan Schätzl

Warum?

  • Er hält, was der laszive Hintern verspricht.

Warum nicht?

  • Die hinteren Kopfstützen sind schon recht penetrant.

Oder vielleicht …

  • Golf GTI und, na ja, der Alfa Brera.
Loading...
00:00 / 00:00
play_arrow
close
expand_more
Loading...
replay_10
skip_previous
play_arrow
skip_next
forward_10
00:00
00:00
1.0x Geschwindigkeit
explore
Neue "Stories" entdecken
Beta
Loading
Kommentare

Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.

Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.

Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.

(Bild: kmm)



Kostenlose Spiele