Nach Machtkampf

VW-Patriarch Ferdinand Piech legt sein Amt nieder

Wirtschaft
25.04.2015 19:12
Volkswagen-Aufsichtsratschef Ferdinand Piech hat den Machtkampf um die Spitze bei Europas größtem Autobauer verloren. Der 78-Jährige legte am Samstag mit sofortiger Wirkung sein Amt als Chefkontrolleur nieder, wie die Volkswagen AG in einer Pflichtmitteilung an die Finanzwelt bekannt gab. Auch Piechs Ehefrau Ursula gibt demnach ihr Mandat in dem Kontrollgremium ab.

Das VW-Präsidium erklärte zu dem Rücktritt, die Mitglieder hätten "einvernehmlich festgestellt, dass vor dem Hintergrund der vergangenen Wochen das für eine erfolgreiche Zusammenarbeit notwendige wechselseitige Vertrauen nicht mehr gegeben ist". Piechs Stellvertreter im Aufsichtsrat, Berthold Huber, werde bis zur Wahl eines neuen Vorsitzenden kommissarisch die Leitung des Gremiums übernehmen, wie der Konzern weiter mitteilte.

14-tägiger Machtkampf beendet
Damit endet ein rund 14 Tage langer Machtkampf in der VW-Spitze. Vor gut zwei Wochen hatte Piech dem "Spiegel" gesagt, er sei "auf Distanz" zu Volkswagen-Chef Martin Winterkorn. Zudem hatte er mit wenigen Sätzen eine Skizze entworfen, wie er sich die Zukunft von Volkswagen vorstellte: "Ich strebe an, dass an die Spitze des Aufsichtsrats und des Vorstands die Richtigen kommen", sagte er. Beide Spitzenpositionen sollten von einem Techniker besetzt werden - die namentlich von ihm nicht genannten Kandidaten seien bereits im Unternehmen. Es seien aber keine Familienmitglieder - auch nicht seine Frau Ursula als künftige Aufsichtsratschefin, wie vielfach spekuliert wurde. Auch sie erklärte am Samstag ihren Rücktritt aus dem Gremium.

Piech hatte seine Pläne mit der Selbstverständlichkeit des Patriarchen erläutert, dem sich alle unterwerfen. Dass er plötzlich seinen langjährigen Vertrauten Winterkorn nicht mehr zu den Richtigen zählte, sorgte für große Aufregung. Vor allem sein Satz "Ich bin auf Distanz zu Winterkorn" saß. Damit sei Winterkorn quasi gestürzt, mutmaßten in der Branche viele. Auch Winterkorns Vorgänger Bernd Pischetsrieder hatte Piech mit wenigen, zielsicheren Sätzen 2006 demontiert.

Winterkorn ließ sich nicht aus dem Weg räumen
Allerdings wollte sich Winterkorn nicht aus dem Weg räumen lassen, und auch im Konzern hatte Winterkorn Unterstützung. Dagegen wurde die Luft um Piech dünn. Die niedersächsische Landesregierung, die in dem mehrheitlich im Besitz der Familien Piech und Porsche liegenden Konzern als Großaktionär ein entscheidendes Wort mitredet, hatte sich in Person von Ministerpräsident Stephan Weil und Wirtschaftsminister Olaf Lies (beide SPD) unmissverständlich auf Winterkorns Seite geschlagen. Auch die Familie Porsche schloss sich nicht dem Angriff auf den Vorstandschef an.

Derweil herrschte Rätselraten darüber, was den am 17. April 1937 in Wien geborenen Österreicher geritten hatte. Ging es trotz der unter Winterkorn deutlich von 6,2 Millionen auf über 10 Millionen Fahrzeuge gesteigerten Verkaufszahlen und dem auf 202 Milliarden Euro in der Winterkorn-Zeit fast verdoppelten Umsatz ums Geschäft? Piechs jüngerer Bruder Hans Michel, der ebenfalls im Aufsichtsrat sitzt, klagte im "Spiegel" über die anhaltenden Probleme im US-Geschäft, eine zu geringe Rendite der Marke VW und der fehlenden Entscheidung über den Einstieg ins Billigsegment.

VW zum Multimarken-Konzern geformt
Oder ging es doch um eine Machtfrage der Alphatiere - hier der alternde Patriarch, dort der selbstbewusste Konzernchef? In der Vergangenheit hatte Piech stets mit eigenen Erfolgen seine Autorität gesichert. Er war es, der in seiner Zeit als Vorstandschef bis 2002 VW zum Multimarken-Konzern formte. Unter dem Dach von Volkswagen sind Marken wie VW, Audi, Seat, Bugatti, Lamborghini und Porsche vereint, dazu kommen MAN oder Scania.

Piech weiß aus eigener Erfahrung, wie schnell es im Autogeschäft auf- und wieder abwärtsgehen kann. Nach Erfolgen bei Audi kam er 1993 in der schwersten Krise von VW als Retter nach Wolfsburg, seit 2002 führte er den Aufsichtsrat. Lange war er selbst wegen seiner Meriten unumstritten. Als vor eineinhalb Jahren über seinen vorzeitigen Abgang aus gesundheitlichen Gründen spekuliert wurde, spottete er: "Totgesagte leben länger". Diesen Satz kann nun Winterkorn für sich verbuchen.

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