Ohne Chichi

Subaru WRX STI: Mit Sperren Grenzen überschreiten

Motor
25.02.2015 11:00
Subaru ist in Österreich besonders konsequent: Der riesige Heckflügel des neuen Subaru WRX STI ist hierzulande nicht abbestellbar, sondern ziert den Heckdeckel auf jeden Fall. Schade, dass er auf Bodenunebenheiten klappert. Aber das gehört ja bekannt- und sprichwörtlich zum Handwerk.
(Bild: kmm)

Und das ist ein ideales Sprichwort für den Subaru WRX STI. Fahren heißt hier nicht gleiten und den Rest die Assistenzsysteme machen lassen, sondern richtig Hand anlegen. Diesen ewigen Rallye-Ableger mit dem 300 PS starken 2,5-Liter-Vierzylinder-Boxer und Allradantrieb will man über die Straßen und durch den Dreck prügeln, statt ihn elegant durch Kurven zu zirkeln.

Der WRX weckt einiges in mir. Den Nostalgiker, weil er nicht retro ist, sondern seinen Auftritt wohlig-prollig ernst meint. Erinnerungen an meinen Großvater, weil er im Innenraum riecht wie dessen Datsun Laurel vor 35 Jahren. Und das Kind im Manne, das gern mit echter Technik statt mit dem iPhone spielt.

Ein Tritt auf Gaspedal und ich fühle mich auf einer Sonderprüfung, dazu trägt die Geräuschkulisse einiges bei, der Wind, der Boxermotor, das im Vergleich zum Vorgänger verhärtete Upside-Down-Fahrwerk. Der WRX ist nicht leise, nicht sanft, nicht schwiegermuttertauglich, sogar die Ehefrau und Beifahrerin rümpft die Nase. Aber sie muss ja nicht alles verstehen.

Das Sperren-Paradies
Das Mitteldifferenzial des Allradantriebs lässt sich in sechs Stufen verstellen. Wenn man es automatisch seinen Dienst verrichten lassen will, kann man eine von drei Stufen vorwählen. Differenzialsperren auch vorne (Helical) und hinten (Torsen), zusätzlich optimiert Torque Vectoring durch Bremseingriff den Kraftfluss an die Räder. Kupplung und vor allem Bremse wollen beherzt getreten werden – ganz anders als das Gaspedal: Ist als Fahrmodus "Sport Sharp" (S#) gewählt, reagiert der WRX-Motor extrem gierig auf jedes Prozent mehr Pedalneigung. Diese Zahl lässt sich übrigens sogar am Mitteldisplay ablesen.

Prügeln ohne Strafe
Weil öffentliche Straßen für diesen bestimmungsgemäßen Umgang nur bedingt geeignet sind, heize ich mit dem Subaru WRX STI über den Handlingkurs des Driving Camps Pachfurth. Da darf er gern mal querkommen und sich bedingungslos in die Kurven schmeißen. Das Fahrwerk wurde verbessert, u.a. mit größer dimensionierten Stabilisatoren und Unibal-Gelenken.

Wenn es drauf ankommt, ist das eigentlich knackige Getriebe ein etwas diffiziler Geselle. Beim Raufschalten vom 2. auf den 3. Gang bleibe ich öfter mal hängen, beim Runterschalten lande ich immer wieder im höheren Gang. Ich sehe es als Herausforderung, an der Exaktheit meiner Schaltarbeit zu arbeiten.

Die hydraulische Servolenkung (ja, so was gibt es noch) ist direkter als früher übersetzt, mit ihrem Feedback bin ich allerdings nicht hundertprozentig zufrieden. Einerseits wirkt sie etwas nervös und übersensibel, andererseits dürfte sie gerne etwas mehr Gefühl für die Straße vermitteln. Ganz schlau werde ich nicht aus ihr. Das Problem in Kurven ist aber nicht die Lenkung, sondern der schlechte Seitenhalt der Sportsitze.

Der Boxermotor ist ein Sportler vom alten Schlag: Bis 3.500 Touren passiert nicht sooo viel, dann geht's aber rund. Bei 4.000/min. liegt das maximale Drehmoment von 407 Nm an, die Maximalleistung dann bei 6.000/min., bevor 500 Umdrehungen später der Begrenzer eingreift. Da will viel (exakt) geschalten werden. Gelingt das reibungslos, sind in 5,2 Sekunden 100 km/h erreicht, bei 255 km/h wird abgeregelt. Der Verbrauch – nun ja – passt eher zum Auto als in die heutige Zeit: 14,2 l/100 km. Immerhin erfüllt der Boxer die Euro-6-Norm.

Sportlicher Zierrat im Innenraum
Auch im Innenraum sticht gleich ins Auge, worum es hier geht. Hier heißt es sportlich statt hochwertig, Carbon-Imitat statt edle Materialien, rote Nähte statt feine Linien. Von gestern sind das für diese Preisklasse lächerlich kleine Display, das eine Beleidigung für die meist verschmutzte Rückfahrkamera ist; die umständliche Navi-Bedienung passt ins Bild. Parksensoren gibt es nicht, der Heckflügel dient als Peilelement und die Übersichtlichkeit geht durchaus in Ordnung.

Entsprechende Gesinnung vorausgesetzt ist der WRX sogar was für die Familie: Auf der Rückbank ist dank 2,5 cm längerem Radstand mehr Platz als früher und mit 460 Liter Kofferraumvolumen lässt sich auch was anfangen. Für Unterhaltung auf brav gefahrenen Strecken sorgt das in der "Exclusive"-Ausstattung serienmäßige Harman-Kardon-Audiosystem.

Unterm Strich
Misst man den Subaru WRX STI am Pressetext des Herstellers, muss man enttäuscht sein: "Supersportler mit dem Komfort einer Limousine" heißt es da. Allerdings kann weder von Komfort noch von Supersportler die Rede sein. Heutzutage sorgen 300 PS in der Kompaktklasse nicht mehr für feuchte Hände(auf einer bewässerten Kreisbahn geht sich damit Driften sogar nur knapp aus), die hat der WRX schon seit Ewigkeiten. Insofern kann man mit ihm noch so viel überholen, es wird ihn immer die Zeit überholen. Bei aller Weiterentwicklung ist der Japaner stehen geblieben. Dass Subaru die neue Version um 6.000 Euro billiger als den Vorgänger anbietet, ist da nur konsequent, aber ein Einstiegspreis von 55.000 Euro ist noch immer kein Schnäppchen, wenn man sich in der Leistungsklasse umschaut.

Aber wenn, dann bestellt ihn bitte in diesem herrlichen, leuchtenden Blau statt in Fadgrau metallic. Spaß muss sein. Und der Flügel auch.

Warum?

  • Selten in Zeiten wie diesen: Spaßfahren wie früher
  • Die Rallye-Erfolge fahren im Geiste immer mit

Warum nicht?

  • Einfach nicht zeitgemäß

Oder vielleicht …

… VW Golf R, BMW 335i, Audi S3

Driving Camp Pachfurth
Testfahrten unter anderem auf abgesperrter Strecke im Driving Camp Pachfurth, einem der modernsten Fahrtechnikzentren Europas, das für Fahrzeugtests ideale Bedingungen bietet, ob on- oder offroad. Infos (auch zur Miete des Geländes für Veranstaltungen) auf drivingcamp.at.

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(Bild: kmm)



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