BMW, VW, Porsche ...

So wird in China weiter dreist kopiert

Motor
22.04.2015 14:15
Beim Rundgang über die größte Automesse Asiens schwankt die Stimmung mancher deutscher Automanager zwischen Anerkennung, Ärger und Belustigung. Denn viele chinesische Hersteller haben sich auch in diesem Jahr wieder allzu sehr von Design Made in Germany inspirieren lassen.
(Bild: kmm)

Da steht ein Tiguan – und da auch. Und am nächsten Stand noch einer. Nur VW steht auf keinem der drei SUVs. Auf den ersten flüchtigen Blick muss Volkswagen-Vorstand Heinz-Jakob Neußer auf den Gedanken kommen, seine Assistenten würden ihn auf der Automesse in Schanghai in einem Irrweg immer wieder zu den gleichen kreativen Nachempfindungen "Made in China" führen.

Das auch im Reich der Mitte sehr beliebte SUV hat es den Produktdesignern aber einfach nur besonders angetan. Zumindest von außen findet sich die Silhouette des Tiguan mehr oder minder gelungen bei hierzulande eher unbekannten Marken wie Zotye oder Chery – zu Preisen, teils deutlich unter 10.000 Euro.

Meist haben die Kopien aber mit dem Original außer der Form wenig gemein. Aber das reicht vielen Chinesen als Statussymbol offenbar schon. Im Zubehörhandel sind schließlich Kühlermasken und Markenzeichen deutscher Hersteller ein Renner – die sich passgenau für so ziemlich jeden Pkw oder SUV eines chinesischen Herstellers ordern lassen.

Kopie vom eigenen Partner
Noch einfacher ist es aber natürlich, wenn der Kunde gleich einen täuschend deutsch aussehenden Wagen wählen kann. Auf dem Stand von BAIC etwa kann Mercedes-Lenker Dieter Zetsche einen optisch durchaus gelungenen Ableger seines CLA sehen. Direkt davor steht auf dem gleichen Stand ein Original-GLK der Stuttgarter. BAIC ist schließlich ein industrieller Partner von Mercedes. Und da kann man sich eben manches abschauen.

Für heimische Besucher der Messe sieht es übrigens eher so aus, als sei Mercedes ein Ableger des chinesischen Konzerns: Meterhoch prangt über dem Stand die Botschaft: BAIC Group - und darunter zwischen Foton, Hyundai und Suzuki auch der Mercedes-Stern. Sehr selbstbewusst; manche mögen es auch als Täuschung empfinden.

So wie der Innenraum im kleinsten BAIC-Modell 020. Der ist beinahe eins zu eins eine Wiederkehr der früheren A-Klasse-Gestaltung. Jeder Knopf, die zentrale Bedientafel in der Mitte, Lenkrad-Tasten - alles wohlbekannt. Überhaupt ist dies ein Trend bei den Kopier-Bemühungen der Chinesen: Immer öfter finden die deutschen Besucher auch die Innenraumgestaltung ihrer eigenen Marken mehr oder minder gelungen abgepaust.

Besonders gut ist das dem SUV-Spezialisten Haval gelungen. Dessen Stand steht direkt gegenüber von Mercedes – im Inneren wird sich aber eher Audi-Technikvorstand Ulrich Hackenberg zu Hause fühlen. Der H7 etwa sieht für die Insassen schon sehr nach einem Mix von BMW und Audi-Bedienlogik aus – Leder, Holz und Kunststoffe fasst sich auch fast premium an, alugeränderte Regler klacken à la Ingolstadt beim Drehen. Der H2 wiederum ist von außen dem Mazda CX-5 nachempfunden.

9.000 Euro für ein Siebensitzer-SUV
Meist nehmen es die Produktgestalter von Chery, Geely oder Lipan da aber nicht mehr so genau: Viele chinesische Autos stinken im Inneren immer noch penetrant nach Billig-Kunststoff, fassen sich auch so an und glänzen im Speckschwarten-Look schwarzen Hartplastiks. Dafür kosten diese Fahrzeuge aber auch nur einen Bruchteil des Originals. Changxu Gao, After-Sales-Manager bei Kenbo, berichtet etwa, dass sein SUV-Siebensitzer in Südamerika für weniger als 9.000 Euro angeboten wird. Der sieht übrigens von außen auch nach Tiguan aus.

Dass der Volkswagen so oft dem Pauspapier zum Opfer fällt, liegt sicher an seiner langjährigen Verbreitung. Es gibt aber auch BMW-X1-Verschnitte, ein bisschen S-Klasse vom Hersteller Rote Fahne und sogar der brandneue Smart steht als E30 nachempfunden von Fotye schon auf der Messe – im Inneren übrigens mit dem Armaturenbrett eines Bonsai-Tesla. Sehr kreativ.

1:1-Kopie des Range Rover Evoque
Der größte Copy-Shop der Welt ist eben ziemlich schnell, und manchmal auch akribisch genau: Besonders augenfällig ist das bei Land-Ro … Verzeihung: Land-Wind. Die Chinesen haben auf ihrem Stand gleich drei Modelle ihres X7 stehen, die dem Range Rover Evoque von Land-Rover von allen Seiten wie aus dem Gesicht geschnitten scheinen. Sogar der Namenszug ist ähnlich gehalten.

Den großen Krieg mit den Kopierern allerdings wird in den kommenden Jahren wohl kein deutscher Hersteller vom Zaun brechen. Erstens sind einige chinesische Hersteller ja auch Partner in Gemeinschaftsunternehmen, wie sie der dortige Staat vorschreibt. Zweitens gehören viele Marken staats- oder parteinahen Industriebetrieben – und mit der Einheitspartei legt man sich besser nicht an. Und drittens können Kopien ja auch einen ganz angenehmen Effekt haben: Chinesen, die mit dem billigen Tiguan-Verschnitt ernüchternde Erfahrungen gemacht haben, greifen beim nächsten Mal lieber zum Original. Wenn sie es sich leisten können.

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(Bild: kmm)



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