Kant-Charakter

Mercedes GLK 320 CDI: Spritzen für die Galerie

Motor
30.04.2009 16:23
Die Optik des Mercedes GLK ist gewöhnungsbedürftig. Er ist ein moderner SUV, der in das Kantenkleid der G-Klasse, die seit 30 Jahren im Prinzip unverändert in Graz gebaut wird, geschlüpft ist. Vielleicht macht ihn das hierzulande besonders beliebt. Das Fremdeln hört jedenfalls spätestens dann auf, wenn man im GLK Platz nimmt.
(Bild: kmm)

In dieser SUV-Klasse, zu der auch Audi Q5 oder BMW X3 zählen, spricht man immer wieder von „sozial verträglich“, weil es sich hier nicht um Schiffe wie Q7, ML oder Touareg handelt. Ich will aber nicht verschweigen, dass ich für den Testwagen (einen GLK 320 CDI mit einem gerüttelt Maß an Extras) knappe 70.000 Euro auf den Tisch legen müsste, wenn ich ihn behalten will. Dass ich das nicht tue, liegt nicht am Auto.

Kantiger Charaktertyp
Das ist sein Geld nämlich wert – wenn man das Preisniveau heutiger Autos mal als gegeben nimmt. Die Kanten machen den GLK zum Charaktertypen, seine Karosserie zum Allrounder, sein Preis zum direkten Konkurrenten des C-Klasse-T-Modells. Ansonsten hat er zwar Konkurrenten, die sind aber vom Charakter her so anders, dass man sie als solche kaum bezeichnen kann. Wer würde ernsthaft die raue Sportlichkeit eines BMW X3 mit der leicht gehärteten Sanftheit des GLK vergleichen? Ein Mercedes-Fahrer würde die Giftigkeit der X3-Lenkung als stressig empfinden, dem BMW-Lenker würden Feedback und Direktheit in den Händen fehlen. So kantig der GLK aussieht, so geschmeidig wirkt er beim Fahren. Hier sind Ecken immer ein wenig runder als in einem Münchner.

Und damit sind wir beim endenden Fremdeln. Im GLK fühlt man sich genauso wohl wie in anderen Mercedessen auch. Alles ist am rechten Fleck, der Blinker-Scheibenwischer-Kombi-Lenkstockhebel wie immer etwas zu tief, die Lüftung leider per Druck-Knopferl statt Drehknopf zu regulieren, das Comand-APS-Bediensystem intuitiv leicht zu bedienen. Nur die stylisch-kantige Metalleiste in der Fahrertür beleidigt ständig mein Knie – ausgerechnet an der Stelle, an der auch noch die Jeans-Naht liegt.

GLK gibt sich die Kante - verbrauchsmäßig
Den 3-Liter-V6-Turbodiesel mit 224 PS und absolut satten 540 Nm bei 1.600 bis 2.400/min. kenne ich. Und mag ich. Nur dass er hier im Schnitt einen Liter mehr braucht als etwa in der C-Klasse, mithin also prinzipiell mal über 10 Liter (Normverbrauch 7,9 l/100 km). Er läuft nicht so ruhig wie in einem BMW, ist aber grenzenlos souverän. Mit dem rechten Fuß am Bodenblech und nach einem Gedenkmoment der geschmeidigen (serienmäßigen) 7-Gang-Automatik stehen nach 7,5 Sekunden 100 km/h am Tacho, was für einen Geländekasten mit knappen 1,9 Tonnen nicht schlecht ist.

Spritzen für die Galerie
Gelände ist so eine Sache. Allrad ist serienmäßig, aber mit einer Bodenfreiheit von 18,7 cm und einer Wattiefe von 30 cm kommt man halt nicht bis ans Ende der Welt, darf sich aber schon mal ins Grünzeug wagen und auch ein bisserl mit Wasser spritzen. Optionale Gelände-Goodies helfen auf dem Abweg, etwa elektronische Eingriffe in ABS, Gaspedalkennlinie und Motorregelung sowie die Stufe „M“ für die Automatik, wobei mit Schaltpaddles am Lenkrad geschaltet wird und die Fahrstufe auch bei hohen Drehzahlen beibehalten wird. Eine Bergabfahrhilfe (4 bis 18 km/h) ist ebenso verfügbar wie ein Unterfahr- und Unterbodenschutz. Eine spezielle Offroad-Karosserievariante wie beim VW Tiguan baut Mercedes nicht.

Im Testwagen sind (neben serienmäßigem Luxus wie Tempomat, Agility-Control-Fahrwerk und crashaktiven Kopfstützen) eher komfortable Extras eingebaut wie Leder, Navi, Sportpaket mit 19-Zoll-Alus und 255er/235er Reifen und eine elektrisch bedienbare Heckklappe. Hinter der befindet sich ein anständiger Kofferraum, in den 450 bis 1.550 Liter hineinpassen (C-Klasse 485 bis 1.500 Liter). Die Ladekante liegt auf einer Höhe von 71 Zentimetern.

An die Kanten des GLK hab ich mich inzwischen so gewöhnt, dass ich sie als Charakterlinien bezeichnen möchte. Hier hat auch das Licht schön was zu spielen. Auf der hohen Kante herrscht zu wenig Überfluss, als dass ich den Testwagen behalten könnte. Hätte mir aber gefallen, denn Punch, Komfort, genügend Platz und die kantige Optik sind eine gute Kombination.

Stephan Schätzl

Warum?

  • Weil er nicht mehr kostet als eine C-Klasse, aber mehr hermacht.

Warum nicht?

  • Weil das SUV-Dasein einen Liter/100km extra kostet.

Oder vielleicht …

  • … eine C-Klasse?
  • … doch einen anderen Premium-SUV?
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(Bild: kmm)



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