Dynamik oder Sport?

Mercedes C 350 Coupé: Der feine Unterschied

Motor
02.11.2011 09:28
Die Geschichte der kleinen Coupés bei Mercedes ist keine ausschließlich ruhmreiche. Doch das aktuelle Coupé der C-Klasse ist so cool und elegant geraten, dass ich geneigt bin, die gedankliche Karteikarte des CLC (vormals Sport-Coupé) aus meinem Archiv zu nehmen. Der C 350 Coupé mit seinen 306 PS und 370 Nm ist mir ein ebenso optischer wie dynamischer Quell der Freude, allerdings kein sportlicher.
(Bild: kmm)

Dynamisch, aber nicht sportlich? Bei 306 PS? Der Mercedes C 350 Coupé zieht da eine feine Grenze. Ja, er drückt mit seinem 3,5-Liter-V6-Direkteinspritzer voll an, wuchtet sich mit seinen 1,6 Tonnen in 6,0 Sekunden von 0 auf 100 km/h und lässt sich bei 250 km/h nur ungern von der Elektronik einbremsen. Das alles wird dem Fahrer aber so komfortabel vermittelt, dass er nicht zum Rasen und Räubern verführt wird, sondern zum zügigen Gleiten. Zum sehr zügigen Gleiten allerdings. Dafür finde ich den Testverbrauch von 9,6 l/100 km sehr in Ordnung.

Adaptives Fahrwerk serienmäßig
Das 15 mm tiefergelegte Sportfahrwerk lässt vieles zu, ohne dabei den typischen Mercedes-Komfort zu vernachlässigen. Nichts ist schwammig, die zielgenaue Lenkung bringt um die Mittellage allerdings Ruhe ins Fahren. Die Dämpfer reagieren serienmäßig adaptiv, d.h. weich, wenn's zum Gleiten ist, und härter, wenn sie gefordert werden. Das Fahrverhalten lässt sich wohl auch blind einem Mercedes zuordnen.

Die serienmäßige Siebengangautomatik schaltet ebenso weich wie schnell, auch die Stopp-Start-Automatik ist Serie. Das Zusammenspiel der beiden funktioniert in beeindruckender Perfektion: keinerlei Verzögerung beim Ampelstart. Sobald man den Fuß von der Bremse nimmt und aufs Gas steigt, ist voller Vortrieb da. Man muss weder auf das Starten des Motors noch auf einen eventuellen Gedenkmoment der Automatik warten. Auf Wunsch lassen sich die Gänge auch per Schaltpaddles schalten.

Frage auf Facebook: Wie sportlich fährt es sich?
Zu echter Sportlichkeit fehlt ein Stück Härte im Fahrwerk, auch mehr Direktheit in der Lenkung – und das ESP müsste ganz abschaltbar sein, doch das ist nur bei AMG-Modellen vorgesehen (das AMG-Sportpaket um 2.800 Euro reicht da nicht). Wenn man sie im Menü sucht, findet man zwar eine ESP-Abschaltfunktion, sie wirkt aber im Wesentlichen auf die Antriebsschlupfregelung (etwa für das Anfahren auf Schnee und Eis). So lässt sich, wenn einen der Hafer sticht, zwar ein Donut drehen, aber man landet doch im ESP. Am Rande bemerkt: Mit „abgeschaltetem“ ESP lässt sich der Abstandstempomat nicht aktivieren.

Die Illusion des Fahrens
Das passt natürlich zur generellen Ausrichtung von Mercedes, wo Komfort und Sicherheit die Maximen sind. Elektronische Assistenten unterstützen – teilweise sogar serienmäßig - den Fahrer an allen Ecken und Enden, vom Totwinkelassistenten über den aktiven Spurhalteassistenten (mit einseitigem Bremseingriff bis zu Abstandsradartempomat und Auffahrwarner. Einen gerne unaufmerksamen Fahrer kann die elektronische Rundumüberwachung dazu verleiten, während der Fahrt seine E-Mails am iPhone zu checken. Schließlich hält „Distronic plus“ ja den Abstand und passt auf, könnte man meinen. Doch das kann ins Auge gehen: So folgt das System etwa vorausfahrenden Fahrzeugen und bremst auch entsprechend ab, will aber selbst dann auf die voreingestellte Geschwindigkeit beschleunigen, wenn ein stehendes Hindernis auftaucht – obwohl schon lange ein rotes Dreieck im Display blinkt. Da kann es schnell eng werden.

Für einen aufmerksamen Fahrer piepst es entschieden zu oft, nicht zuletzt weil eher zu oft als zu selten gewarnt wird. Das Meiste lässt sich auch deaktivieren, der Radarteil der Distronic plus leider nicht.

My Car Is My Castle
Man fühlt sich im C-Coupé also rundum gut aufgehoben oder sogar gepampert. Neun Airbags sind Serie. Die Umwelt samt ihren Gefahren kommt leicht gefiltert zu den Insassen, das Auto passt auf mich auf, während ich im D-Zug-Tempo über die Landstraße rausche. Ich sitze höchst bequem, dabei recht tief neben der Tür, sodass mein Ellbogen hoch auf ihr liegt. Hat was von einer Trutzburg. Auf den beiden Plätzen hinter mir geht es coupétypisch eng zu, aber das C-Coupé muss sich auch nicht als Taxi durchsetzen. Der Kofferraum fasst unter seiner selbstständig aufschwingenden Klappe 450 Liter und lässt sich durch Umklappen der Rücksitzlehnen erweitern.

Der Mercedes C 350 Coupé macht auch nach dem (auf Wunsch automatischen) Parken noch viel Freude, nämlich beim Blick zurück. Die dynamische, geduckt fließende Linie, das langgestreckte Dach mit dem schwarzen Panorama-Glas-Einsatz wecken die Freude auf die nächste Fahrt.

Der Einstieg ins C-Coupé ist ab 35.490 Euro (C 180 mit 156 PS) möglich, der C 350 fängt bei 53.800 Euro an, wobei der Testwagen mit einer Reihe Extras (vom AMG-Sportpaket bis zur automatischen Parkführung) auf 20.000 Euro mehr kommt. Viel Geld, aber im Vergleich mit der Konkurrenz weniger arg als erwartet.

Stephan Schätzl

Warum?

  • Sehr souveräne Art der Fortbewegung.
  • Sehr frische Optik.
  • Hochklassige Fahrassistenzsysteme.

Warum nicht?

  • Hang zur Überbehütung.

Oder vielleicht …

  • ... E-Klasse-Coupé, BMW 335i Coupé, auch Volvo C70

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(Bild: kmm)



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